Die Männer nickten.
»Folgende Situation«, fuhr Kasim fort. »Wir können nicht per Flugzeug in Saudi-Arabien einreisen. Das Risiko, abgefangen zu werden, ist einfach zu groß. Von hier in Katar bis nach Mekka sind es knapp dreizehnhundert Kilometer durch die Wüste — ohne Tankstellen oder andere Versorgungsstationen. Daher haben wir uns Folgendes ausgedacht: Der Emir stellt eine Frachtmaschine bereit, die uns nach Al-Hidhaya im Jemen bringt. Von dort aus sind es weniger als achthundert Kilometer bis nach Jeddah in Saudi-Arabien, und zwar über eine befestigte Straße, die am Roten Meer entlangführt. Der Emir hat die zuständigen jemenitischen Behörden entsprechend geschmiert und hier in Katar für uns einen Motorradladen ausgeräumt. Die Motorräder haben einige Vorteile — der erste ist, dass wir damit die Grenze fern von jeder offiziellen Grenzstation unbemerkt überschreiten können, indem wir ein Stück durch die Wüste fahren und wieder auf die Straße zurückkehren, sobald wir in Saudi-Arabien sind. Der zweite Vorteil ist die Reichweite — es gibt mehrere Städte und Ortschaften an der Straße, wo getankt werden kann, aber sie liegen weit auseinander — mit den Motorrädern schafft man es von Stadt zu Stadt. Der dritte Vorteil ist der wichtigste. Jeder sitzt allein auf einem Motorrad — falls also einer von uns aus irgendeinem Grund von den Behörden aufgehalten wird, gerät nicht gleich die gesamte Mission in Gefahr.«
Kasim musterte die Männer.
»Hat jemand damit ein Problem?«
Niemand meldete sich.
»Gut«, sagte Kasim, »dann sollten die Männer, die ein wenig Praxis brauchen, Captain Skutter nach draußen folgen. Dort stehen Motorräder und Fahrlehrer bereit. Die anderen sollten sich jetzt ausruhen, wir brechen um zehn Uhr heute Abend auf.«
Vanderwald tupfte sich ein wenig Eau de Cologne unter die Nase. Die erste Etappe seiner Heimreise führte von Kairo nach Nairobi, Kenia. Die Maschine war bis auf den letzten Platz besetzt. In der Kabine stank es nach verschwitzten Leibern und dem Hammelfleisch, das zum Abendessen serviert worden war.
Zur gleichen Zeit, als Vanderwald in seinem Sessel einschlief, näherten sich zwei Männer seinem Haus in einem Vorort von Johannesburg. Sie schlichen zur Hinterfront, legten die komplizierte Alarmanlage lahm, öffneten die Hintertür und drangen in das Haus ein. Dann durchsuchten sie es langsam und gründlich.
Zwei Stunden später waren sie fertig.
»Ich rufe mal an und hänge sein Telefon in den Zentralcomputer«, sagte einer der Männer, »damit sie seine Anrufe überprüfen können.«
Nachdem der Mann eine Nummer in Langley, Virginia, gewählt hatte, gab er einen Zahlencode ein und wartete auf einen Piepton. Ein CIA-Computer speicherte die Nummer und durchsuchte den Zentralcomputer der südafrikanischen Telefongesellschaft nach sämtlichen Anrufen, die im vergangenen Monat mit oder von dieser Nummer geführt worden waren. Das Ergebnis der Suche würde in ein paar Stunden vorliegen.
»Was nun?«, fragte der andere Mann.
»Wir können uns beim Schlafen abwechseln, während wir warten.«
»Was meinst du, wie lange müssen wir hier bleiben?«
»Bis er zurückkommt«, antwortete der erste Mann und öffnete den Kühlschrank, »oder jemand anders nimmt sich noch vor uns seiner an.«
Die indischen Söldner erreichten die Luke, die zu den Kühlschlangen unter der Moschee des Propheten in Medina führte. Sie befand sich auf freiem Gelände in der Nähe eines Apartmenthauses am Rand eines Lehmplatzes, der bei Bedarf als zusätzlicher Parkplatz benutzt wurde.
Dieser Platz war fast leer, bis auf ungefähr ein Dutzend Wagen, die nicht weit vom Wohnhaus parkten.
Der Anführer der Hindus setzte den Lastwagen einfach rückwärts vor die Luke, knackte das Vorhängeschloss mit einem Bolzenschneider und führte den Trupp dann in den Tunnel hinunter. Sobald alle in dem Schacht verschwunden waren, setzten der Fahrer und ein anderer Mann, der zurückgeblieben war, den Lkw über die Luke und warteten.
Der Betontunnel hatte einen Durchmesser von zwei Metern und enthielt eine ganze Reihe von Rohrleitungen, deren Aufschriften in arabischer Sprache jeweils ihren Zweck verrieten. Die Rohre ruhten auf Stützen, die vom Tunnelboden aufragten. Entlang einer Tunnelwand verlief ein schmaler Laufgang für Inspektionsarbeiten. Im Tunnel selbst war es dunkel und kühl, die Luft roch nach nassem Beton und Schimmel. Der Anführer knipste seine Taschenlampe an, und die anderen Männer folgten seinem Beispiel.
Dann setzten sie sich hintereinander in Richtung Moschee in Bewegung.
Sie hatten gut anderthalb Kilometer unterirdisch zurückgelegt, als sie zur ersten Gabelung kamen. Der Anführer warf einen Blick auf sein tragbares GPS. Das Signal war wegen der dicken Betonschicht über ihm zu schwach, daher holte er den Tunnelplan hervor, den Hickman geliefert hatte, und beriet sich im Flüsterton mit seinen Männern.
»Ihr fünf geht in diese Richtung«, sagte er und deutete erst auf die angesprochenen Männer und dann auf den Tunnel.
»Der Tunnel schwenkt nach einiger Zeit herum und bildet am Ende ein Rechteck. Deponiert den Sprengstoff auf eurem Weg in Abständen, so wie wir es besprochen haben. Anschließend treffen wir auf der anderen Seite wieder zusammen.«
Die eine Gruppe verschwand im rechten Tunnel, der Anführer und seine Männer im linken.
Eine gute Dreiviertelstunde später trafen sie sich auf der anderen Seite.
»Und jetzt wechseln wir die Seiten«, entschied der Anführer. »Ihr geht durch den anderen Tunnel und überprüft unsere Sprengladungen. Wir gehen durch euren Tunnel und tun das Gleiche mit euren Bomben.«
Die Männer setzten sich in entgegengesetzten Richtungen in Marsch und folgten den tanzenden Lichtkegeln ihrer Taschenlampen.
An jeweils sechs Punkten in beiden Tunneln wurden etwa dreißig Zentimeter dicke Bündel aus C-6-Sprengstoff und Dynamitstangen mit Klebeband an den Leitungsrohren befestigt. Und an jedes Bündel wurde ein Digitalwecker angeschlossen, der die Stunden herunterzählte.
Die Zeitangabe des ersten Weckers lautete: 107 Std: 46 min. Die Sprengladungen sollten am Mittag des zehnten hochgehen, wenn sich etwa eine Million Pilger in der Moschee drängte. Die Sprengstoffmenge, die die Hindus verteilt hatten, würde die Moschee in einen Trümmerhaufen verwandeln. Die größte Ladung, mit der doppelten Menge C-6 und Dynamit, befand sich genau unter dem Punkt, der auf dem Lageplan das Grab Mohammeds kennzeichnete.
Wenn die Ladungen in weniger als fünf Tagen explodierten, würden einige Jahrhunderte Geschichte ausgelöscht sein.
Sie kehrten durch den Tunnel zur Klappe zurück, die auf den Parkplatz führte. Der Anführer kletterte unter dem Lastwagen heraus und rollte sich seitlich unter dem Fahrzeug hervor. Dann klopfte er an die Fahrertür. Der Fahrer drehte das Seitenfenster herunter.
»Fahr ein Stück vorwärts«, befahl der Anführer.
Sobald die Männer wieder im Lastwagen saßen, holte der Anführer ein Vorhängeschloss hervor, das er für diesen Zweck mitgebracht hatte, und verschloss damit die Klappe.
Keine fünf Minuten später waren sie beim Licht einer dünnen Mondsichel wieder auf dem Rückweg nach Rabigh.
Um sechs Uhr am selben Morgen trommelte Max Hanley die Mitglieder der Corporation im Konferenzraum der Oregon zusammen. Das Schiff lag vor Tel Aviv im Mittelmeer und fuhr mit halber Kraft im Kreis. Hanley beobachtete einen Fernsehschirm, der den Robinson beim Anflug auf den Schiffsbug zeigte.
»Dort kommt Juan«, sagte er und deutete auf den Bildschirm. »Er leitet diese Einsatzbesprechung. Bis er hier unten ist, könnt ihr ja noch einmal eure Notizen durchgehen. Kaffee und Gebäck findet ihr auf dem Tisch an der Seite. Falls ihr Hunger habt, dann nutzt die Gelegenheit. Wenn Juan angefangen hat, werdet ihr keine Zeit mehr dazu haben.«
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