»Mach dir keine Sorgen, Langston«, versuchte Hanley, ihn zu beruhigen, »wir sind stets daran interessiert, qualifizierte Bewerber in unser Team aufzunehmen.«
»Du bist ein richtiger Scherzbold, Max«, sagte Overholt sarkastisch und unterbrach die Verbindung.
Hanley legte das Telefon hin und wandte sich an Eric Stone.
»Wie läuft es?«
»Richard steht mal wieder an vorderster Front«, antwortete Stone. »Er ist seit dem frühen Morgen aktiv und hat für die Leute, die wir nach London schicken, englische Kleidung und Regenmäntel besorgt. Außerdem hat er einen Reisebus gechartert, der sie hier abholt. Als ich das letzte Mal mit ihm sprach, war er gerade mit dem Bus hierher unterwegs.«
»Dick ist wirklich eine Klasse für sich«, sagte Hanley anerkennend. »Was ist mit Kevin?«
»Er hat die Ausrüstung fertig und führt im Moment die letzten Tests durch.«
»Michael Halpert?«, fragte Hanley als Nächstes.
»Als ich das letzte Mal bei ihm war, arbeitete er unter Hochdruck. Er meint, er verfolge noch eine andere Spur und müsse in ein paar Stunden mit weiteren Informationen aufwarten können.«
»Dann gib mir mal durch, wie unsere übrigen Leute verteilt sind«, bat Hanley.
»Vier von unserer Truppe sind bereits in London«, zählte Eric Stone auf und zog eine ausgedruckte Liste zurate, »und zwar Cabrillo, Seng, Meadows und Truitt. Die sechs, die in Kürze dorthin gebracht werden, sind Huxley, Jones, Lincoln, Kasim, Murphy und Ross.«
»Damit sind wir mit zehn Akteuren in London vertreten«, stellte Hanley fest.
»Richtig«, bestätigte Stone. »Als Unterstützung aus der Luft stehen in Heathrow George Adams mit dem Robinson sowie Tiny Gunderson und Tracy Pilston mit der Gulfstream bereit. Judy Michaels hat soeben ihren Urlaub abgebrochen und übernimmt das Wasserflugzeug.«
»Wer bleibt auf der Oregon ?« , fragte Hanley.
»Das Schiff ist mit Carl Gannon, Rick Barrett, Cliff Hornsby, Gunther Reinholt und Tom Reyes besetzt.«
»Wer bleibt übrig?«
»Du, ich, Kevin Nixon im Zauberladen, Monica Crabtree in der Logistik und Larry King«, zählte Stone auf.
»Larry habe ich ganz vergessen«, sagte Hanley. »Wir brauchen ihn dort als weitere Unterstützung.«
»Soll ich ihn zu Dicks Team schicken?«
Hanley überlegte kurz. »Nein«, entschied er. »George soll ihn mit dem Helikopter abholen. Sie sollen so nah wie möglich am Ort des Geschehens warten und bereit sein, jeden Moment starten zu können. George und Larry können wenn nötig aus der Luft eingreifen.«
»Ich kümmere mich darum«, versprach Stone.
»Hervorragend.«
»Richard hat heute früh das Haus unseres Hauptdarstellers ausgekundschaftet«, sagte Cabrillo.
Juan Cabrillo, Eddie Seng und Bob Meadows frühstückten in Cabrillos Suite.
»Er ist unterwegs zum Hafen, wo die Oregon angelegt hat, um das restliche Team abzuholen.«
»Dann vermute ich mal, dass er keinerlei Spuren von der Bombe gefunden hat«, sagte Seng, »sonst wären wir nämlich längst im Einsatz.«
»Richtig«, sagte Cabrillo.
»Müssen wir also warten, bis die Gegenseite aktiv wird?«, fragte Meadows.
»Wenn sich die Bombe in London befindet«, sagte Cabrillo, »und die Hauptpersonen bemerken, dass ihnen jemand im Nacken sitzt, können sie sie jederzeit hochgehen lassen. Möglicherweise sind sie noch nicht an ihrem vorgesehenen Zielort angelangt, bei einem atomaren Sprengkopf allerdings — auch wenn es nur ein kleiner wie dieser ist — wäre der Grad der Vernichtung grauenvoll.«
»Sollen wir denn dann versuchen, sie aufzuscheuchen«, fragte Seng, »die Bombe zu schnappen und zu entschärfen?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob das im Sinne des MI5 wäre«, sagte Cabrillo, »aber genau diese Vorgehensweise würde ich empfehlen.«
»Wann triffst du dich mit ihnen?«, wollte Bob Meadows wissen.
Cabrillo wischte sich den Mund mit der Leinenserviette ab und schaute auf seine Armbanduhr. »In fünf Minuten«, antwortete er. »Im Foyer.«
»Was sollen wir in der Zwischenzeit tun?«, fragte Seng.
»Schaut euch die Umgebung des Apartments an, und macht euch mit der Gegend vertraut.«
Edward Gibb war nicht glücklich. Am Silvestertag geweckt und zur Arbeit abkommandiert zu werden, entsprach in keiner Weise seinen Vorstellungen von einem gemütlichen Feiertag. Ein Rechtsanwalt hatte am Morgen dieses Tages angerufen und gefragt, ob er sich mit dem neuen Eigentümer der Fabrik treffen und die Türen aufschließen könne. Gibb hätte beinahe schon abgelehnt — er hatte sich entschlossen, sich zur Ruhe zu setzen, und hatte die Absicht, dies dem Human Resources Department mitzuteilen, sobald sie alle wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt wären. Doch der Gedanke, den geheimnisvollen Käufer der Maidenhead Mills kennen zu lernen, reizte ihn.
Nachdem er geduscht, sich angezogen und ein schnelles Frühstück aus Tee und Toast genommen hatte, fuhr er zur Fabrik rüber. Eine Limousine, aus deren Auspuff weiße Rauchwolken in die kalte Luft aufstiegen, stand vor dem Tor. Gibb näherte sich ihr und klopfte gegen des hintere Fenster. Es fuhr nach unten, und ein Mann lächelte ihn an.
»Mr. Gibb?«, fragte er.
Gibb nickte.
»Halifax Hickman«, stellte sich der Mann vor, stieg aus dem Wagen und blieb vor dem Fabriktor stehen. »Zuerst möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen, dass ich Sie an einem Feiertag von Ihrer Familie weggeholt habe.«
Die Männer schüttelten sich die Hand.
»Kein Problem, Sir«, wehrte Gibb ab und trat zum Tor. »Ich kann gut verstehen, dass Sie so bald wie möglich sehen wollen, wofür Sie Ihr Geld ausgegeben haben.«
»Ich war unterwegs nach Europa«, log Hickman, »und meine Zeit ist ziemlich knapp bemessen.«
»Ich verstehe, Sir.« Gibb griff in die Tasche, holte einen Satz Schlüssel hervor und entriegelte die Tür.
»Vielen Dank«, sagte Hickman, während Gibb das Tor öffnete und zur Seite trat.
»Nehmen Sie sie«, sagte Gibb und reichte Hickman die Schlüssel. »Ich habe noch einen zweiten Satz.«
Hickman ließ sie in seine Tasche gleiten. Gibb ging durch eine Art Vorhalle und durch eine Doppeltür in eine weitläufige Fabrikhalle, wo die Maschinen standen und der Stoff gelagert wurde. Er streckte die Hand nach einem Haupttrennschalter an der Wand aus und legte ihn um. Die Beleuchtung strahlte. Gibb sah Hickman an. Der Mann betrachtete die verschiedenen Maschinen.
»Dies ist die Scher- und Absaugstation«, erklärte er und deutete auf eine Maschine, die aussah wie die zu groß geratene Version eines Brat- und Grillofens, wie er in den Burger-King-Restaurants benutzt wurde. »Das Material wird über ein Förderband in das Gerät transportiert, wo es bearbeitet wird, und am Ende kommt es auf diesen Rollen wieder heraus.«
Der Metallrahmen, in dem sich die Rollen befanden, war etwa tischhoch und führte zu einer Verpackungsstation. Dort bildeten mehrere Rahmen einen Halbkreis, an dessen Ende sich eine Laderampe befand. Stoffballen konnten auf den Rollen weitergeschoben werden, bis sie entweder in Kartons gestapelt oder in Plastikfolie eingeschweißt wurden. Danach landeten sie zum Transport in Lastwagen.
Hickmans Blick wanderte weiter. »Sind das dort die Gebetsteppiche für Saudi-Arabien?«, fragte er und deutete auf drei große stählerne Frachtcontainer in der Nähe der Spinnmaschine und unweit des Tors zu den Laderampen. »Darf ich sie mal sehen?«
»Natürlich, Sir«, sagte Gibb, schloss jeden der Container auf und öffnete die Türen, »und sie hätten schon längst geliefert werden müssen.«
Hickman warf einen Blick hinein. Jeder der Container war so groß wie der Aufleger eines Sattelschleppers. Ihre Größe war so bemessen, dass sie in den Laderaum einer 747 Frachtmaschine passten. Die Teppiche hingen, an Spannern befestigt, von der Decke der Container herab, so weit das Auge reichte. Jeder Container musste mehrere tausend Stück enthalten.
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