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Melinda Abonji: Tauben flieggen auf

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Zuhause ist die Familie Kocsis also in der Schweiz, aber es ist ein schwieriges Zuhause, von Heimat gar nicht zu reden, obwohl sie doch die Cafeteria betreiben und obwohl die Kinder dort aufgewachsen sind. Die Eltern haben es immerhin geschafft, aber die Schweiz schafft manchmal die Töchter, Ildiko vor allem, sie sind zwar dort angekommen, aber nicht immer angenommen. Es genügt schon, den Streitigkeiten ihrer Angestellten aus den verschiedenen ehemals jugoslawischen Republiken zuzuhören, um sich nicht mehr zu wundern über ein seltsames Europa, das einander nicht wahrnehmen will. Bleiben da wirklich nur die Liebe und der Rückzug ins angeblich private Leben?

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Alles wegen mir, sagt Mutter nach einer kurzen Pause, sie ist wütend auf mich, und ich, die einen Schluck schwarzen Kaffee nimmt, bin überrascht, dass Mutter genau weiss, worum es geht; los, Ildi, erzähl schon, darauf willst du doch hinaus, oder? Erzähl du, antworte ich, und mir fällt auf, wie still es heute ist im Mondial, die Vitrine, die nicht surrt, die Lüftung, die nicht in Betrieb ist, und ich sehe meine Zukunft vor mir, in einem imaginären Kaffeesatz, eine winzige Wohnung in der Stadt, in einem schiefen, grünen Haus, das Namensschild, das ich nicht überklebe mit meinem Namen, und wenn, dann erst viel später, I. Kocsis, Ildikö Kocsis oder nur Kocsis auf ein Stückchen Papier schreiben möchte, und ich werde mich wochenlang nicht aus meiner Wohnung bewegen, in der Küche sitzen, die Küche mit Speisekammer, Schützstein, mit einem schönen Fenster, ich werde da sitzen und zuschauen, wie das Licht durch das schöne Fenster fällt.

Gestern hat jemand, wie soll ich sagen, im Klo eine Schweinerei hinterlassen, und Mutter deutet mit ihrer Hand Richtung Toilette, Ildi, willst du dich nicht wieder zu uns setzen? Nein, und Vater dreht an seinem Schnauzhaar, was für eine Schweinerei? Irgendjemand hat daneben gemacht, sagt Mutter — irgendjemand hat nicht nur daneben gemacht, sondern seine verkackte Unterhose ausgezogen und fein säuberlich neben die Toilette gelegt, vor allem hat dieser Jemand die Wände mit Scheisse verschmiert, sage ich und platziere ein Wort neben das andere; das habe ich allerdings nicht gesehen, sagt Mutter, hast du nicht, antworte ich gereizt, weil ich die Wand schon geputzt hatte, als du reingekommen bist. Ach, so Mutter und ich: Morgen werde ich nicht die Tafel schreiben, sondern eine Anzeige erstatten, gegen unbekannt.

Ich erwarte alles andere, nur nicht das, was jetzt passiert. Vater, der weiter an seinem Schnauzhaar dreht, nicht flucht, sich keine Zigarette anzündet, er sitzt auf seinem Stuhl am Personaltisch und schaut mich an, mich oder die Theke oder die Gläser hinter mir, ich weiss es nicht, und er steht auf, langsam, stützt sich an der Stuhllehne ab, fährt sich mit den Fingern durch das dichte Haar, und er macht ein paar Schritte Richtung Theke, bleibt dann stehen, und einen winzigen Moment lang sieht es so aus, als würde er taumeln, vornüber fallen, aber Vater fällt nicht, sondern geht weiter, schaut mich kurz an, bevor er in die Küche geht, keine Flüche, keine Verwünschungen, keine Fragen, wahrscheinlich auch keine Erinnerung an früher, wo Vater als Feind des Systems galt, mein konterrevolutionärer Vater, so habe ich ihn insgeheim manchmal genannt, nicht ohne Stolz, denke ich, und jetzt? Vater, der im Tiefkühler wühlt, nach dem geeigneten Fleisch für den Montag sucht, Vater, der sogar das Küchenradio anstellt, während er anfängt, den Heissluftdämpfer zu putzen, ich, die fassungslos in der Küchentür steht, schaue meinem Vater zu, wie sein Kopf im Dämpfer verschwindet.

Setz dich, sagt Mutter, ich muss dir etwas sagen, Mutter, immer noch am Personaltisch sitzend, und ich, die stehen bleibt, in der Küchentür, klebe am Türrahmen, mit allem aufhören, mit dem Studium, meinem Russischkurs, den Samstagabenden im Wohlgroth, vor allem aber aufhören mit der Arbeit hier, im Mondial, verschwinden aus dieser Gemeinde, das nette Fräulein endlich abschütteln (vielen Dank und auf Wiedersehen!), nicht immer ähnlicher werden der Tapete, dem Teppich, der Wanduhr, der Vitrine, und das Essen, es schmeckt nicht mehr nach uns, nein, ich, die sich nicht setzt, will keine Wildkarte schreiben — Ildi, die so schön und korrekt schreibt —, will verschwinden aus diesem halbierten Leben, diesem Alltag, in dem der Dienstleistungsbetrieb zum Schicksal wird, "mundtot" geht mir durch den Kopf, ich werde mundtot gemacht mit Sätzen wie: Ihr sollt es einmal besser haben als wir, wir arbeiten nur für euch; setz dich, sagt Mutter, mit einem versöhnlichen Ton, sie, die mich anschaut mit diesem Blick, den ich so gut kenne, Augen, hinter denen sich etwas auftut, ein endloser Gang, in dem Schritte hallen, alptraumhafte Gestalten, deren fordernde Körper vorwärts drängen, immer näher kommen, knallende Schritte, die die Schläfen verletzen, Mutter, die krampfhaft verhindern will, dass die gold-grün-braune Tapete Risse bekommt, meine Gedanken, die sich nicht mehr in den gewohnten Laufbahnen bewegen — und wenn ich es gar nicht besser haben will? wenn ich in einem alten, schiefen Haus leben möchte mit Gasherd, Boiler, Schützstein? Einbauschränke? nein, die habe ich nicht, weil sie so praktisch und hässlich sind; Mutter und Vater, die in meiner kargen Wohnung stehen werden, so haben wir gelebt vor fünfundzwanzig Jahren, als wir in die Schweiz gekommen sind, wie kannst du nur? seht mal, das Fenster, ist es nicht schön, wie das Licht durch dieses Fenster fällt? (das Einzige, was ich will, ein schönes Fenster), Mutter, die mir zuwinkt, Ildi, hast du nicht gehört? und Vater, der die beiden Küchenfenster öffnet, damit die giftigen Dämpfe des Reinigungsmittels entweichen können, wenn wir uns jetzt nicht wehren, wenigstens versuchen, irgendwas zu tun, dann sind wir niemand mehr, sage ich, zu Vater, zu Mutter, der Türrahmen, der meinen Rücken stärkt (man darf sich nicht umdrehen, wenn man weggeht, seine Heimat verlässt, entschlossen vorwärtsgehen, bereit sein, alles, was kommt, auf sich zu nehmen; wer hat das gesagt?), Vater, der den Spritzschlauch in die Hand nimmt, in den Dämpfer hineinzielt, sein Hinterkopf, der mir vielleicht etwas erzählt, aber was? ich bitte um eine Antwort, sage ich, könnt ihr mir bitte in die Augen schauen? Mutter, die aufsteht, die paar Schritte tut, zu mir hin, du willst eine Antwort, gut, du kannst sie haben! Vater, der den Spritz schlauch abstellt, mit einem Spezialschwamm anfängt, das Spülbecken zu scheuern, eine leichte Melodie, die das Radio dazu spielt, und die kalte Herbstluft macht mich frösteln, Mutter, die sich auf den Hocker setzt, der neben der Abwaschmaschine steht, was kommt jetzt? und ich, die stehen bleibt, beim Türrahmen.

Und dann gehe ich in den Gastraum, bleibe kurz an der Theke stehen, als wollte ich etwas bestellen, ich gehe weiter, an den Tischen vorbei, verabschiede mich von den Tischen, zwei, fünf, zehn, elf, fünfzehn, drücke Frau Köchli und Frau Freuler die Hand, und Frau Hungerbühler, meine liebsten Gäste, und den Bauarbeitern, deren Namen ich nicht kenne, ihnen nicke ich zu, im Vorbeigehen, meine Schritte, die lautlos sind auf dem Teppich, die grün lackierte Eingangstür, die offen steht, die mich einlädt zum Weggehen, ich nehme die drei Stufen, bleibe auf dem Bürgersteig stehen, einen kurzen Moment, gehe dann zum Kastanienbaum, ein paar Blätter, die bereits auf dem Asphalt liegen, vom Kastanienbaum aus schaue ich ins Mondial, ich kann fast nichts erkennen, weil die Fenster spiegeln, und ich, die ein Lied singen möchte, aber es fällt mir keines ein, bücke mich nach einem Blatt, wäre es anders, wenn dieses Blatt nicht hier wäre? und ich gehe mit raschen Schritten zur Unterführung, das trockene Geräusch meiner Turnschuhe, ob ich mir denn schon einmal vorgestellt hätte, wie es wäre, wenn wir jetzt in der Vojvodina leben würden, mitten im Krieg, wie denn unser Alltag aussehen würde, fragt mich Mutter, ihre Summe, die in der Unterführung hallt, feierlich und gross klingt, mein Kopf, der sich automatisch nach links und rechts dreht, zu Schaufenstern hin, ein paar Wollknäuel, Stricknadeln, ein mit "Handarbeit" angeschriebener Pullover, ein paar Spots, die diese kleine Szenerie ausleuchten, wir würden uns bestimmt nicht mit Kleinkram herumschlagen, es ginge täglich um Leben und Tod! Mutter, die sich bekreuzigt, ist das eine Kleinigkeit, wenn jemand seine eigene Scheisse in die Hand nimmt, um sie dann in einer öffentlichen Toilette an die Wand zu schmieren, frage ich das Schaufenster links von mir, in dem Schulhefte ausgestellt sind, Farbstifte, Zirkel in unterschiedlichen Grössen, die Frage, wie man Papier sinnvoll oder wirkungsvoll ausstellen kann, ein Tornister, der an einem Nagel hängt, zwei Katzenaugen, die hinter dem Glas orange leuchten, Kinder, die nicht mehr zur Schule gehen können, weil die Eltern kein Geld haben, fürs Busticket, und du, Ildi, du könntest deine Ausbildung ziemlich sicher nicht machen, sondern müsstest mithelfen im Schweinestall, Kühe melken, wahrscheinlich müsstest du sogar Männerarbeit machen, du weisst ja, was mit den Männern passiert; und ich, die weitergeht, lasse die Frage hinter mir, ob eine Unterführung ein geeigneter Ort ist für Schaufenster, Mutters Augen, die mich bitten, sie nicht falsch zu verstehen, wenn sie mich jetzt an den Krieg erinnere, aber sie tue das, weil ich den grösseren Zusammenhang zu verlieren drohe, sie müsse mir doch sagen, dass wir hier in Sicherheit lebten, immerhin ein Geschäft führten, und da sei es notwendig, nicht alles an sich herankommen zu lassen, sonst wären wir ja schon lange nicht mehr hier, sagt Mutter. Wie meinst du das? und ich steige die Stufen hoch, zwei Stufen auf ein Mal, überquere den Parkplatz, auf dem nur ein paar vereinzelte Autos stehen, Sonntag in einem Dorf, ein ausgestorbener Sonntagvormittag in einem Dorf, und ich, die eine Münze in eine Parkuhr wirft, um dieses angenehme Geräusch zu hören, wenn die Münze den roten Zeiger wieder auf Null stellt; was meinst du, wie oft haben wir doppelt so viel gearbeitet wie unsere Arbeitskollegen, für weniger Lohn, und das ginge ja noch, die lauwarme Kotze von Hündchen wegzuwischen, das gehörte zum Alltag deines Vaters, als er als Kellner gearbeitet hat, in einem noblen Restaurant, Miklós, das solltest du Ildi erzählen! Die einzige Chance ist, sich hochzuarbeiten, und das, glaub mir, gelingt dir nicht, wenn du dich nicht taub oder dumm stellst. Ich dürfe sie nicht falsch verstehen, wenn sie sage, dass ich es nicht gewohnt sei, Opfer zu bringen, Opfer? Ja, schweigen können, Sachen wegstecken, und wenn hinhören, dann eben nur mit halbem Ohr; hätten dein Vater und ich eine richtige Ausbildung, könnten wir vielleicht — dann hätten wir die Möglichkeit, den Mund aufzumachen, aber so? Weisst du eigentlich, wo wir angefangen haben? die gesichtslosen Tage, fast vier Jahre lang, als die Tage nur dazu da waren, um wie Automaten zu funktionieren, zu arbeiten, Vater als Metzger bei Herrn Fluri und als Metzger auf dem Schlachthof, ich als Kassiererin, Kindermädchen, und sonntags haben wir gemeinsam Banken geputzt. In dieser Zeit, Ildi, habe ich nie geträumt, nie, sonst wäre ich verloren gewesen, und ich gehe weiter, an der Apotheke vorbei, überquere eine Strasse, zu meiner Rechten das Einkaufszentrum, zu meiner Linken ein Kleidergeschäft, dann ein Kiosk, ein Strumpfgeschäft, ein Hotel, gibt es ein Opfer, das zu gross ist? und jemand winkt mir zu, von der anderen Strassenseite her, ich gehe weiter, ohne zurückzuwinken, am Schuhgeschäft vorbei, an einem Schaufenster, in dem Brillengestelle an durchsichtigen Fäden hängen. Als ihr, Nomi und du, so lange Zeit nicht bei uns wart, das war ein grosses Opfer — zu gross? und ich hebe meinen Kopf, schaue zur protestantischen Kirchturmuhr, die Zeiger, die goldgelb leuchten; Vater, der sich mit dem Schwamm in der Hand zu mir dreht, Wasser, das auf den Linoleumboden tropft, ihr wart in guten Händen, sagt Vater, ohne die Lippen zu bewegen, das Restaurant Löwen, das sonntags geschlossen ist, und ich, die vor dem kleinen Schaukasten stehen bleibt, studiere die Speisekarte, die Preise, die Auswahl, wie sieht wohl ein "Ross-Filet-Zauber" aus? und ich gehe weiter, schlage den Kragen meiner Jacke hoch, vor mir das Gemeindehaus, das Polizeirevier, die protestantische Kirche, stimmt, sage ich, wir waren in guten Händen! die beiden Tannen neben der Kirche, die den Turm überragen, immergrüne Pflanzen, denke ich, der Dorfplatz, auf dem früher wahrscheinlich die Bauern der umliegenden Region ihre Waren angeboten haben, auf dem sicher einmal ein Lindenbaum stand, der, wenn er im Juni blühte, allen strengen Ordnungshütern den Kopf verdrehte, und ich, die allein auf dem Dorfplatz steht, höre das gleichmässige Plätschern des Dorfbrunnens, vielleicht hätte das Opfer grösser sein müssen, vielleicht wäre es besser gewesen, ihr hättet noch ein paar Jahre länger auf uns gewartet, Vater, der mich mit sehenden Augen anschaut, Mutter, die von ihrem Hocker aufsteht, was willst du uns damit sagen? Nomi und ich haben uns nie entschieden, hierher zu kommen, nur das; und Mutter, die die Klammer aus ihrem Haar löst, sie an die Brusttasche ihrer Bluse klemmt, Vater, der den Schwamm hinter sich ins Spülbecken wirft, da haben wir es, sagt Vater, deine Mutter hat ganz Recht, wenn sie dich an den Krieg erinnert, stell dir mit deinem Dickschädel nur kurz vor, was das bedeuten würde, und ich, die sagt, dass es nicht darum gehe, ich will unsere Verschiedenheit verstehen, und mir fällt das ungarische Wort für "Verschiedenheit" nicht ein, aber die plötzliche Klarheit darüber, warum man, wenn jemand gestorben ist, sagt, er sei "verschieden", der schwere Stand der Verschiedenheit, denke ich, gehe auf den Polizeiposten zu, vergitterte Türen und Fenster, hallo, ist jemand da, rufe ich, unsinnigerweise, ich klopfe gegen das Schaufenster, wo ein paar Steckbriefe an Magnetknöpfen hängen und amtliche Hinweise der Gemeinde- und der Kantonspolizei, und ich, die sich vorstellt, dass sich Herr Bieri und Herr Brunner, die beiden Dorfpolizisten, die gleichzeitig für die Gesundheitsbehörde arbeiten, hinter den eisernen Vorhängen verschanzt haben, auf ihren gefederten Stühlen herumturnen, sich mit geröteten Wangen die schönsten Fahndungsbilder zeigen, in der sonntäglichen Ruhe ein paar Informationen über gewisse Personen ablegen, warum sagt man eigentlich "Anzeige erstatten"? Herr Bieri und Herr Brunner, die mir diese Frage sicher beantworten könnten, hallo! meine Stimme, die über den menschenleeren Platz hallt, meine Wut, die vor dem Polizeiposten wieder ein Gesicht bekommt, die Schärers oder der Tognoni oder jemand anders, höre ich Mutter sagen, bringt nichts, sich zu fragen, wer es gewesen sein könnte, ausserdem: Wir sind ein Familienbetrieb, wenn jemand einen Fehler macht, müssen alle den Kopf hinhalten, und: Du solltest die Gäste nicht vergessen, die uns mögen, uns unterstützen — ich habe niemanden vergessen! sage ich laut, und wir verkeilen uns ineinander, unser gegenseitiges Unverständnis, wir müssen uns anpassen, sagt Mutter mit diesem Blick, den ich nicht mehr sehen will, an die Scheisse? schreie ich, und wo fängt der Widerstand an? Dein Verstand hockt manchmal am falschen Ort, Ildi, schreit Vater zurück und macht plötzlich einen Schritt auf mich zu, packt meine Hand, zieht mich durch die Küche, am Buffet vorbei, seine ungarischen Flüche, die er in den Gastraum schleudert, nur damit du wieder klar siehst, ruft er, als er im Büro die Schranktür aufreisst, nach seiner Jacke langt, hier, lies! Vater, der mir einen Brief hinstreckt, ein schmales Kuvert, und seine Hände, die zittern, ein Brief von deiner Schwester! Ich schaue auf die Briefmarken, auf Vaters breite Finger, für die der Umschlag zu schwer zu sein scheint, was ist mit Janka, wie geht es ihr, frage ich Vater mit einer Stimme ohne Klang, und ich schaue ihn nicht an, nehme den Brief nicht entgegen. Wie es ihr geht? gut, es geht ihr ausgezeichnet, wie soll es einem Menschen gehen, der sein ganzes bisheriges Leben von einem Tag auf den anderen aufgeben muss? Sie ist mit ihrem Mann und ihrem Kind nach Ungarn geflüchtet, weil ihr Mann auch als Soldat vorgesehen war, bei der jugoslawischen Volksarmee! und weil ihre Arbeit beim Radio ständig zensuriert wurde! Vater, der den Brief wieder einsteckt, nein, ich müsse ihn gar nicht lesen, das Wichtigste sei ja jetzt gesagt und das Zweitwichtigste, Ildi: Nichts ist mehr so, wie es war, in Jugoslawien, die Männer werden eingezogen, wer sein Hirn noch beieinander und die Möglichkeit hat, der flüchtet, und was meinst du, wie es in der Stadt aussieht, wenn so viele Menschen nicht mehr da leben, wo sie hingehören? Jedes dritte Haus steht leer, weisst du, was das bedeutet, wenn nur noch der Friedhof wächst? — Und ich, die zum Brunnen geht, einen Schluck Wasser trinkt, sich das Gesicht wäscht, muss trotzdem etwas tun, ich mache ein paar Schritte, damit ich das Gefühl habe, mitten im Dorf zu stehen, ich schaue nochmals zu den Tannen, zum Kirchturm, greife in die Tasche, meine Hand auf der kalten Aluminiumflasche, ich zeichne mit dem Rahmbläser Grossbuchstaben auf den Dorfplatz, schöne, weisse, schmackhafte, fehlerfreie Buchstaben aus Vollrahm, mein harmloser Kinderscherz für uns, die Familie Kocsis, bevor ich endgültig verschwinde aus diesem Dorf.

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