Gagin erwiederte nichts; sie aber kletterte, mit dem Glase in der Hand, die Ruine hinan, machte von Zeit zu Zeit Halt, und sich niederbeugend, ließ sie. mit ergötzlicher Wichtigthuerei, einige Tropfen Wasser herabfallen, die hell an der Sonne glitzerten. Ihre Bewegungen waren sehr anmuthig, mich aber ärgerte sie wie zuvor, obgleich ich unwillkürlich ihre Leichtigkeit und Gewandtheit bewunderte. An einer gefährlichen Stelle that sie absichtlich einen Schrei und lachte dann laut . . . das brachte mich noch mehr auf.
– Die klettert ja wie eine Geis. brummte die Alte vor sich hin und hielt für einen Augenblick mit Stricken inne.
Inzwischen hatte Assja das Glas geleert und war, schelmisch sich hin und her wiegend, zu uns zurückgekehrt. Ein eigenthümliches Lächeln umspielte kaum merklich ihre Brauen, die Nasenflügel und Lippen; halb dreist, halb heiter blinzten die dunklen Augen.
– Sie finden mein Betragen anstößig, schien ihr Gesicht zu sagen; – gleichviel: ich weiß doch, daß Sie mich bewundern.
– Sehr gewandt, Assja, sehr gewandt! sagte Gagin halblaut.
Es war, als fühlte sie plötzlich Scham; sie senkte die langen Wimpern und setzte sich, wie schuldbewußt, bescheiden zu uns. Jetzt zum ersten Male betrachtete ich mir genau ihr Gesicht, das veränderlichste Gesicht, das ich jemals gesehen habe. Einige Augenblicke darauf wurde es ganz bleich und nahm einen gesammelten, fast wehmüthigen Ausdruck an; ihre Züge kamen mir jetzt sogar breiter, strenger und einfacher vor. Sie war ganz still geworden. Wir machten einen Gang um die Ruine herum (Assja folgte uns) und ergötzten uns an den Fernsichten. Unterdessen rückte die Mittagsstunde heran. Gagin bezahlte die Alte, forderte noch eine Kanne Bier und rief, zu mir gewandt, mit verschlagenem Blick:
– Auf das Wohl der Dame Ihres Herzens!
– Hat er denn, – haben Sie denn eine solche Dame? fragte auf einmal Assja.
– Wer denn hätte keines erwiederte Gagin.
Assja wurde plötzlich nachdenkend; ihr Gesicht bekam wieder einen andern Ausdruck, das herausfordernde, fast dreiste Lächeln war zurückgekehrt.
Auf dem Heimwege lachte und tollte sie noch ärger. Sie brach sich einen langen Zweig ab, lehnte ihn an ihre Schulter wie eine Flinte und band sich die Schärpe um den Kopf. Ich erinnere mich, es begegnete uns eine zahlreiche Gesellschaft blondhaariger, gezierter Engländer: wie auf gegebenes Commando ließen Alle in kaltem Erstaunen Assja an ihren glasichten Augen vorbei, während diese, ihnen zum Possen, lauten Gesang anstimmte. Zu Hause angekommen, begab sie sich sogleich auf ihr Zimmer und zeigte sich erst kurz vor dem Essen, in ihr bestes Kleid gekleidet, mit sorgfältig geordneten Haaren und in Handschuhen. An der Tafel hielt sie sich sehr sittsam, beinahe steif, berührte kaum die Speisen und trank Wasser aus einem Weinglase. Offenbar lag ihr daran, sich mir in einer neuen Rolle vorzustellen, – in der Rolle eines anständigen und wohlgesitteten Fräuleins. Gagin ließ sie gewähren; man sah sehr wohl, daß es ihm bereits zur Gewohnheit geworden war, ihr in Allem den Willen zu lassen. Zuweilen sah er mich gutherzig an und zuckte leicht mit den Achseln, als wollte er sagen: » Sie ist ein Kind; seien Sie nachsichtig.« Als die Tafel zu Ende war, erhob sich Assja, machte uns einen Knicks und fragte, den Hut aufsetzend, Gagin, ob sie zur Frau Luise gehen dürfe?
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