Man sieht, was mit dem Tode am Kreuz zu Ende war: ein neuer, ein durchaus ursprünglicher Ansatz zu einer buddhistischen Friedensbewegung, zu einem thatsächlichen, nicht bloss verheissenen Glück auf Erden. Denn dies bleibt — ich hob es schon hervor — der Grundunterschied zwischen den beiden décadence-Religionen: der Buddhismus verspricht nicht, sondern hält, das Christenthum verspricht Alles, aber hält Nichts. — Der» frohen Botschaft «folgte auf dem Fuss die allerschlimmste: die des Paulus. In Paulus verkörpert sich der Gegensatz-Typus zum» frohen Botschafter«, das Genie im Hass, in der Vision des Hasses, in der unerbittlichen Logik des Hasses. Was hat dieser Dysangelist Alles dem Hasse zum Opfer gebracht! Vor allem den Erlöser: er schlug ihn ans ein Kreuz. Das Leben, das Beispiel, die Lehre, der Tod, der Sinn und das Recht des ganzen Evangeliums — Nichts war mehr vorhanden, als dieser Falschmünzer aus Hass begriff, was allein er brauchen konnte. Nicht die Realität, nicht die historische Wahrheit!… Und noch einmal verübte der Priester-Instinkt des Juden das gleiche grosse Verbrechen an der Historie, — er strich das Gestern, das Vorgestern des Christenthums einfach durch, er erfand sich eine Geschichte des ersten Christenthums. Mehr noch: er fälschte die Geschichte Israels nochmals um, um als Vorgeschichte für seine That zu erscheinen: alle Propheten haben von seinem» Erlöser «geredet… Die Kirche fälschte später sogar die Geschichte der Menschheit zur Vorgeschichte des Christenthums… Der Typus des Erlösers, die Lehre, die Praktik, der Tod, der Sinn des Todes, selbst das Nachher des Todes — Nichts blieb unangetastet, Nichts blieb auch nur ähnlich der Wirklichkeit. Paulus verlegte einfach das Schwergewicht jenes ganzen Daseins hinter dies Dasein, — in die Lüge vom» wiederauferstandenen «Jesus. Er konnte im Grunde das Leben des Erlösers überhaupt nicht brauchen, — er hatte den Tod am Kreuz nöthig und etwas mehr noch… Einen Paulus, der seine Heimath an dem Hauptsitz der stoischen Aufklärung hatte, für ehrlich halten, wenn er sich aus einer Hallucination den Beweis vom Noch — Leben des Erlösers zurecht macht, oder auch nur seiner Erzählung, dass er diese Hallucination gehabt hat, Glauben schenken, wäre eine wahre niaiserie seitens eines Psychologen: Paulus wollte den Zweck, folglich wollte er auch die Mittel… Was er selbst nicht glaubte, die Idioten, unter die er seine Lehre warf, glaubten es. — Sein Bedürfniss war die Macht; mit Paulus wollte nochmals der Priester zur Macht, — er konnte nur Begriffe, Lehren, Symbole brauchen, mit denen man Massen tyrannisirt, Heerden bildet. — Was allein entlehnte später Muhamed dem Christenthum? Die Erfindung des Paulus, sein Mittel zur Priester-Tyrannei, zur Heerden-Bildung den Unsterblichkeits-Glauben — das heisst die Lehre vom» Gericht"
Wenn man das Schwergewicht des Lebens nicht in's Leben, sondern in's» Jenseits «verlegt — in's Nichts — , so hat man dem Leben überhaupt das Schwergewicht genommen. Die grosse Lüge von der Personal-Unsterblichkeit zerstört jede Vernunft, jede Natur im Instinkte, — Alles, was wohlthätig, was lebenfördernd, was zukunftverbürgend in den Instinkten ist, erregt nunmehr Misstrauen. So zu leben, dass es keinen Sinn mehr hat, zu leben, das wird jetzt zum» Sinn «des Lebens… Wozu Gemeinsinn, wozu Dankbarkeit noch für Herkunft und Vorfahren, wozu mitarbeiten, zutrauen, irgend ein Gesammt-Wohl fördern und im Auge haben?… Ebensoviele» Versuchungen«, ebensoviele Ablenkungen vom» rechten Weg«—»Eins ist noth«. Dass Jeder als» unsterbliche Seele «mit jedem gleichen Rang hat, dass in der Gesammtheit aller Wesen das» Heil «jedes Einzelnen eine ewige Wichtigkeit in Anspruch nehmen darf, dass kleine Mucker und Dreiviertels-Verrückte sich einbilden dürfen, dass um ihretwillen die Gesetze der Natur beständig durchbrochen werden — eine solche Steigerung jeder Art Selbstsucht ins Unendliche, ins Unverschämte kann man nicht mit genug Verachtung brandmarken. Und doch verdankt das Christenthum dieser erbarmungswürdigen Schmeichelei vor der Personal-Eitelkeit seinen Sieg, — gerade alles Missrathene, Aufständisch-Gesinnte, Schlechtweggekommene, den ganzen Auswurf und Abhub der Menschheit hat es damit zu sich überredet. Das» Heil der Seele«— auf deutsch:»die Welt dreht sich um mich«… Das Gift der Lehre» gleiche Rechte für Alle«— das Christenthum hat es am grundsätzlichsten ausgesät; das Christenthum hat jedem Ehrfurchts- und Distanz-Gefühl zwischen Mensch und Mensch, das heisst der Voraussetzung zu jeder Erhöhung, zu jedem Wachsthum der Cultur einen Todkrieg aus den heimlichsten Winkeln schlechter Instinkte gemacht, — es hat aus dem Ressentiment der Massen sich seine Hauptwaffe geschmiedet gegen uns, gegen alles Vornehme, Frohe, Hochherzige auf Erden, gegen unser Glück auf Erden… Die» Unsterblichkeit «jedem Petrus und Paulus zugestanden war bisher das grösste, das bösartigste Attentat auf die vornehme Menschlichkeit. — Und unterschätzen wir das Verhängniss nicht, das vom Christenthum aus sich bis in die Politik eingeschlichen hat! Niemand hat heute mehr den Muth zu Sonderrechten, zu Herrschafts-Rechten, zu einem Ehrfurchts-Gefühl vor sich und seines Gleichen, — zu einem Pathos der Distanz… Unsre Politik ist krank an diesem Mangel an Muth! — Der Aristokratismus der Gesinnung wurde durch die Seelen-Gleichheits-Lüge am unterirdischsten untergraben; und wenn der Glaube an das» Vorrecht der Meisten «Revolutionen macht und machen wird, das Christenthum ist es, man zweifle nicht daran, christliche Werthurtheile sind es, welche jede Revolution bloss in Blut und Verbrechen übersetzt! Das Christenthum ist ein Aufstand alles Am-Boden-Kriechenden gegen das, was Höhe hat: das Evangelium der» Niedrigen «macht niedrig…
— Die Evangelien sind unschätzbar als Zeugniss für die bereits unaufhaltsame Corruption innerhalb der ersten Gemeinde. Was Paulus später mit dem Logiker-Cynismus eines Rabbiners zu Ende führte, war trotzdem bloss der Verfalls-Prozess, der mit dem Tode des Erlösers begann. — Diese Evangelien kann man nicht behutsam genug lesen; sie haben ihre Schwierigkeiten hinter jedem Wort. Ich bekenne, man wird es mir zu Gute halten, dass sie eben damit für einen Psychologen ein Vergnügen ersten Ranges sind, — als Gegensatz aller naiven Verderbniss, als das Raffinement par excellence, als Künstlerschaft in der psychologischen Verderbniss. Die Evangelien stehn für sich. Die Bibel überhaupt verträgt keinen Vergleich. Man ist unter Juden: erster Gesichtspunkt, um hier nicht völlig den Faden zu verlieren. Die hier geradezu Genie werdende Selbstverstellung ins» Heilige«, unter Büchern und Menschen nie annähernd sonst erreicht, diese Wort- und Gebärden-Falschmünzerei als Kunst ist nicht der Zufall irgend welcher Einzel-Begabung, irgend welcher Ausnahme-Natur. Hierzu gehört Rasse. Im Christenthum, als der Kunst, heilig zu lügen, kommt das ganze Judenthum, eine mehrhundertjährige jüdische allerernsthafteste Vorübung und Technik zur letzten Meisterschaft. Der Christ, diese ultima ratio der Lüge, ist der Jude noch einmal — drei Mal selbst… — Der grundsätzliche Wille, nur Begriffe, Symbole, Attitüden anzuwenden, welche aus der Praxis des Priesters bewiesen sind, die Instinkt-Ablehnung jeder andren Praxis, jeder andren Art Werth- und Nützlichkeits-Perspektive — das ist nicht nur Tradition, das ist Erbschaft: nur als Erbschaft wirkt es wie Natur. Die ganze Menschheit, die besten Köpfe der besten Zeiten sogar (Einen ausgenommen, der vielleicht bloss ein Unmensch ist hat sich täuschen lassen. Man hat das Evangelium als Buch der Unschuld gelesen…: kein kleiner Fingerzeig dafür, mit welcher Meisterschaft hier geschauspielert worden ist. — Freilich: würden wir sie sehen, auch nur im Vorübergehn, alle diese wunderlichen Mucker und Kunst-Heiligen, so wäre es am Ende, — und genau deshalb, weil ich keine Worte lese ohne Gebärden zu sehn, mache ich mit ihnen ein Ende… Ich halte eine gewisse Art, die Augen aufzuschlagen, an ihnen nicht aus. — Zum Glück sind Bücher für die Allermeisten bloss Litteratur — Man muss sich nicht irreführen lassen:»richtet nicht!«sagen sie, aber sie schicken Alles in die Hölle, was ihnen im Wege steht. Indem sie Gott richten lassen, richten sie selber; indem sie Gott verherrlichen, verherrlichen sie sich selber; indem sie die Tugenden fordern, deren sie gerade fähig sind — mehr noch, die sie nöthig haben, um überhaupt oben zu bleiben — , geben sie sich den grossen Anschein eines Ringens um die Tugend, eines Kampfes um die Herrschaft der Tugend.»Wir leben, wir sterben, wir opfern uns für das Gute«(— die» Wahrheit«,»das Licht«, das» Reich Gottes«): in Wahrheit thun sie, was sie nicht lassen können. Indem sie nach Art von Duckmäusern sich durchdrücken, im Winkel sitzen, im Schatten schattenhaft dahinleben, machen sie sich eine Pflicht daraus: als Pflicht erscheint ihr Leben als Demuth, als Demuth ist es ein Beweis mehr für Frömmigkeit… Ah diese demüthige, keusche, barmherzige Art von Verlogenheit!» Für uns soll die Tugend selbst Zeugniss ablegen«… Man lese die Evangelien als Bücher der Verführung mit Moral: die Moral wird von diesen kleinen Leuten mit Beschlag belegt, — sie wissen, was es auf sich hat mit der Moral! Die Menschheit wird am besten genasführt mit der Moral! — Die Realität ist, dass hier der bewussteste Auserwählten-Dünkel die Bescheidenheit spielt: man hat sich, die» Gemeinde«, die» Guten und Gerechten «ein für alle Mal auf die Eine Seite gestellt, auf die» der Wahrheit«— und den Rest,»die Welt«, auf die andre… Das war die verhängnissvollste Art Grössenwahn, die bisher auf Erden dagewesen ist: kleine Missgeburten von Muckern und Lügnern fiengen an, die Begriffe» Gott«»Wahrheit«»Licht«»Geist«»Liebe«»Weisheit «Leben «für sich in Anspruch zu nehmen, gleichsam als Synonyma von sich, um damit die» Welt «gegen sich abzugrenzen, kleine Superlativ-Juden, reif für jede Art Irrenhaus, drehten die Werthe überhaupt nach sich um, wie als ob erst der Christ der Sinn, das Salz, das Maass, auch das letzte Gericht vom ganzen Rest wäre… Das ganze Verhängniss wurde dadurch allein ermöglicht, dass schon eine verwandte, rassenverwandte Art von Grössenwahn in der Welt war, der jüdische: sobald einmal die Kluft: zwischen Juden und Juden-Christen sich aufriss, blieb letzteren gar keine Wahl, als dieselben Prozeduren der Selbsterhaltung, die der jüdische Instinkt anrieth, gegen die Juden selber anzuwenden, während die Juden sie bisher bloss gegen alles Nicht-jüdische angewendet hatten. Der Christ ist nur ein Jude» freieren «Bekenntnisses. -
Читать дальше