“Meine Mistress ist drinnen”, sagte sie. “Sie hat mir befohlen, alles hier herzubringen, sobald sie mit dem Baden fertig ist oder es gibt Ärger.”
Er schaute sie von oben bis unten an. Wieder schienen die Pakete in Sophias Hände wie eine Eintrittskarte zu wirken. “Dann gehst du lieber rein, oder? Die Umkleiden sind links.”
Sophia ging hinein, legte ihre gestohlenen Preise in einen Raum, der voll von heißem Dampf von den Bädern war. Frauen kamen und gingen, sie trugen umwickelte Handtücher, die dazu dienten, sie zu trocknen. Keine von ihnen sah Sophia zweimal an.
Sie zog sich aus, schlang ein Handtuch um sich und lief zu den Bädern. Sie waren in dem Stil eingerichtet, dass sie auf der anderen Seite des Flusses bevorzugten, mit mehreren heißen, warmen und kalten Pools, Masseusen an der Seite und wartenden Dienern.
Sophia war sich ihrem Tattoo auf ihrem Fußknöchel nur allzu gut bewusst, das genau sagte, was sie war, aber es gab auch abhängige Diener hier mit ihren Mistressen, die sie mit duftendem Öl massierten oder mit Bürsten durch ihre Haare fuhren. Falls jemand das Tattoo bemerkte, nahmen sie wahrscheinlich an, dass Sophia aus diesem Grund hier war.
Dennoch nahm sie sich nicht die Zeit, die sie vielleicht hätte, um in den Bädern zu schwelgen. Sie wollte hier wieder raus sein, bevor irgendjemand Fragen stellte. Sie tauchte unter Wasser, schrubbte sich mit der Seife ab und versuchte den schlimmsten Dreck von sich zu waschen. Als sie aus dem Bad trat, versicherte sie sich, dass ihr Wickeltuch bis nach unten zu ihren Fußknöcheln ging.
Wieder in der Umkleide zog sie sich Schritt für Schritt zu ihrem neuen Ich an. Sie begann mit den Seidenstrümpfen und dem Unterrock, zog die Mieder an und die äußeren Röcke, Handschuhe und mehr.
“Braucht die Dame Hilfe mit ihrem Haar?”, fragte eine Frau und Sophia sah eine Frau ihr gegenüber, die sie beobachtete.
“Wenn es keine Umstände macht”, sagte Sophia und versuchte sich zu erinnern, wie die Adligen sprachen. Ihr fiel ein, dass es einfacher wäre, wenn niemand dachte, dass sie von hier kam, sie fügte also einen Hinweis auf einen Handelsstaatenakzent hinzu, den sie bei der Schneidern gehört hatte. Zu ihrer Überraschung ging das ganz einfach, ihre Stimme passte sich genauso schnell an, wie der Rest von ihr.
Das Mädchen trocknete und flocht ihre Haare in einen anspruchsvollen Dutt, dem Sophia kaum folgen konnte. Als es fertig war, setzte sie die Maske auf und ging hinaus, ging an den Kutschen vorbei, bis sie eine sah, die leer war.
“Sie da!”, rief sie, ihre neu erfundene Stimme hörte sich merkwürdig in ihren Ohren an. “Ja, Sie! Fahren Sie mich sofort zum Palast und halten Sie unterwegs nicht an. Ich bin in Eile. Und fragen Sie nicht nach einem Tarif. Sie können die Rechnung an Lord Dunham schicken und der kann sich glücklich schätzen, dass das alles ist, was ich ihn heute Abend koste.”
Sie wusste nicht einmal, ob es überhaupt einen Lord Dunham gab, aber der Name fühlte sich richtig an. Sie erwartete, dass der Kutschfahrer diskutieren würde oder zumindest über den Preis feilschen würde. Stattdessen verbeugte er sich einfach.
“Ja, meine Dame.”
Die Kutschfahrt durch die Stadt wahr bequemer, als Sophia sich vorgestellt hatte. Bequemer als das Gerüttel hinten auf dem Wagen und vor allem kürzer. In nur wenigen Minuten konnte sie die Tore sehen. Sophia fühlte, wie ihr Herz sich zusammenzog, denn es stand immer noch derselbe Diener am Tor. Konnte sie das schaffen? Würde er sie wiederkennen?
Die Kutsche wurde langsamer und Sophia zwang sich, sich herauszulehnen, hoffend, dass sie so aussah, wie sie sollte.
“Ist der Ball schon im Gang?”, fragte sie in ihrem neuen Akzent. “Bin ich richtig, um jetzt Eindruck zu machen? Noch wichtiger, wie sehe ich aus? Meine Bediensteten sagen mir, dass dies für Ihren Hof geeignet ist, aber ich fühle mich, als wenn ich wie eine Hafenhure aussehe.”
Sie konnte sich diesen kleinen Hieb nicht verkneifen. Der Bedienstete am Tor beugte sich tief.
“Meine Dame, Sie hätten zu keiner besseren Zeit kommen können”, versicherte er ihr, mit der Art von falscher Ehrlichkeit, von der Sophia annahm, dass sie den Adligen gefiel. “Und sie sehen absolut toll aus. Bitte gehen sie durch.”
Sophia schloss die Vorhänge, als die Kutsche weiterfuhr, aber nur, damit es ihre verblüffte Erleichterung verbarg. Das funktionierte. Es funktionierte wirklich.
Sie hoffte nur, dass die Dinge auch genauso gut für Kate funktionierten.
Kate genoss die Stadt alleine mehr als sie gedacht hatte. Der Verlust ihrer Schwester tat immer noch weh und sie wollte immer noch nach draußen aufs offene Land gehen, aber im Moment war Ashton ihr Spielplatz.
Sie lief durch die Straßen der Stadt und es gab etwas besonders Ansprechendes daran, sich in der Menge zu verlieren. Niemand sah sie an, ebenso wenig wie die anderen Gassenkinder oder Lehrlinge, jüngere Söhne oder potenzielle Kämpfer der Stadt. In ihrem Jungen Kostüm und mit den kurzen Stacheln ihrer Haare hätte Kate als einer von ihnen durchgehen können.
Es gab so viel zu sehen in der Stadt und nicht nur die Pferde, auf die Kate ein begehrliches Auge warf, jedes Mal, wenn sie an einem vorbeikam. Sie hielt gegenüber eines Verkäufers an, der Jagdwaffen aus einem Waggon verkaufte, die leichten Armbrüste und gelegentliche Musketen sahen unglaublich groß aus. Wenn Kate eine hätte stehlen können, hätte sie es getan, aber der Mann hatte ein wachsames Auge auf jeden, der näherkam.
Dennoch war nicht jeder so vorsichtig. Sie schaffte es eine dicke Scheibe Brot von einem Kaffeetisch zu stehlen, ein Messer, von dort, wo es jemand benutzt hatte, um ein religiöses Merkblatt aufzustecken. Ihr Talent war nicht perfekt, aber zu wissen, was die Gedanken der Menschen waren und worauf ihre Aufmerksamkeit lag, war ein großer Vorteil, wenn es um die Stadt ging.
Sie machte weiter, suchte nach einer Möglichkeit noch mehr zu bekommen, dass sie für ein Leben auf dem Land brauchen würde. Es war Frühling und das hieß an den meisten Tagen einfacher Regen anstelle von Schnee. Was würde sie brauchen? Kate begann, die Dinge an ihren Fingern abzuzählen. Eine Tasche, Zwirn, um die Fallen für die Tiere zu erstellen, eine Armbrust, wenn sie eine bekommen könnte, ein Öltuch, um den Regen von einem Pferd abzuhalten. Definitiv ein Pferd, trotz aller Risiken, die ein Pferdediebstahl mit sich bringen könnte.
Nicht, dass irgendetwas wirklich sicher war. Es gab Galgenhaken an eine der Ecken, die die Knochen von lange toten Kriminellen enthielt, die so aufbewahrt wurden, dass die Lehre anhalten würde. Über eines der ältesten Tore, die im letzten Krieg ruiniert worden waren, hingen drei Schädel auf Spikes, die anscheinend die des Verräterkanzlers und seiner Verschwörer waren. Kate fragte sich, wie das noch jemand wissen sollte.
Sie ersparte sich einen Blick auf den Palast in der Ferne, aber das war nur, weil sie hoffte, dass es Sophia gut ging. Diese Art von Ort war für die Fans der Königinwitwe und ihre Söhne, die Adligen und ihre Diener, die versuchten, die Probleme der echten Welt mit ihren Partys und ihrer Jagd auszuschließen, nicht die echten Leute.
“Hey, Junge, wenn du ein paar Münzen ausgeben kannst, dann zeige ich dir, was eine schöne Zeit ist”, rief eine Frau von den Stufen eines Hauses, während Kate die Geräusche von Menschen hören konnte, die sich selbst zu sehr genossen, obwohl es noch nicht ganz dunkel war.
“Ich bin kein Junge”, erwiderte sie schnippisch.
Die Frau zuckte die Schultern. “Ich bin nicht wählerisch. Oder komm rein und verdien dir ein paar Münzen. Die alten Lauscher mögen die Jüngeren.”
Kate ging weiter und würdigte das nicht einmal mit einer Antwort. Das war nicht das Leben, das sie für sich geplant hatte, noch war Stehlen, um etwas zu erhalten, das was sie wollte.
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