Die Muskeln in Damons Kiefer spannten sich an, als er seine Zähne aufeinanderbiss. Er schaute hinunter auf Alicias Kopf und fragte sich, was genau Titus damit gemeint hatte, dass sie ‚loslegen‘ wollten.
Alicia biss sich auf die Lippe, als ihr einfiel, dass sie Damon noch nicht von dem anderen Grund, weshalb sie kommen hatte sollen, erzählt hatte. In dem Versuch, Titus aufzuhalten, fragte sie schnell: „Darf ich sie sehen?“
Titus zuckte die Schultern. „Wieso nicht.“
Er führte Alicia und ihren stattlichen Partner durch die Tür, die zu den Zellen führte. Als sie zur Zelle kamen, zog Titus schnell die Schlüssel hervor und öffnete die Tür. Nachdem er die Tasche auf den Boden neben das Bett gelegt hatte, entfernte er sich schnell wieder.
„Sie ist hübsch“, flüsterte Alicia, der sie leidtat. „Es sieht so aus, als wäre sie seit Wochen in ihrer Wolfsgestalt… das ist gefährlich, nicht wahr?“
„Ja, ich hoffe, dass sie sich hier sicher genug fühlt, um sich wieder zurückzuverwandeln, wenn sie aufwacht“, antwortete Titus.
„Sie ist noch kaum erwachsen“, bemerkte Damon, dann legte er einen Arm um Alicia, als er ihr Mitgefühl spürte.
„Boris schätzte sie ungefähr zwanzig“, entgegnete Titus.
„Arme Frau“, sagte Alicia leise und plötzlich hatte sie sehr viel Lust dazu, den Mann ihrer Gedankenkontrolle zu unterwerfen. Wenn er hierfür verantwortlich war… ihre Augen wurden ein wenig schmäler, als sie sich überlegte, wie man ein solches Verbrechen bestrafen konnte.
Micah hatte perfektes Timing, kam gerade aus dem Beobachtungsraum, als sie wieder zurückkamen. Er riss sogar seine Augen ein wenig auf, um Überraschung vorzutäuschen, als hätte er nicht gewusst, dass sie schon angekommen war.
„Da ist ja meine verlorene Schwester“, sagte er freudig und wurde mit einer festen Umarmung begrüßt. Zu Micahs Enttäuschung ließ Alicia ihn gleich wieder los, aber er nahm an, dass Damon eifersüchtig werden würde, wenn sie einander zu lange umarmten.
„Wie geht es dir?“, fragte Micah, während er eine blonde Strähne aus ihren Augen strich.
„Gut“, antwortete Alicia und zwinkerte dann Damon zu, in der Hoffnung, ihn positiv zu stimmen, bevor sie die Bombe platzen ließen und er den anderen Grund, weshalb sie gekommen war, erfuhr. „Es tut mir leid, dass du mich so selten siehst, aber mein Partner hat die Angewohnheit, mich tagelang zu einer willigen Gefangenen zu machen.“
Damon grinste über Alicias Wortwahl, dann schaute er über Micahs Schulter, als er einen anderen Mann sah, der aus demselben Zimmer kam, in dem Micah gewesen war. Seine Stirn legte sich in leichte Falten über die merkwürdige Aura des Mannes. Obwohl er Seelen nicht sehen konnte, so wie Gefallene Engel es konnten, konnte er die Aura um Menschen meistens lesen, wenn er sich anstrengte. Bei diesem Mann hier brauchte er sich nicht anzustrengen… er leuchtete von innen fluoreszierend blau.
„Das ist Tasuki, einer der menschlichen Polizisten“, stellte Micah ihn vor. „Trevor hat zufällig herausgefunden, dass Tasuki von der Existenz der Paranormalen wusste, also wurde er in unsere Abteilung versetzt.“
Menschlich? Damon grinste über ihre Unwissenheit. Dieser Mann war so viel mehr als ein einfacher Mensch.
„Du musst Alicia sein“, sagte Tasuki mit einem offenen Lächeln und streckte dann Damon seine Hand hin, nachdem er aus Micahs Beschwerden schon genug über Damons Temperament erfahren hatte. „Es freut mich, euch beide kennenzulernen.“
Damon starrte einen Moment auf die Hand, ehe er sie ergriff. Dieser Mann stellte keine Gefahr für Alicia dar, also würde er ihn nicht auffliegen lassen.
„Also, wo ist der Werwolf, den ich meiner Gedankenkontrolle unterwerfen soll?“, fragte Alicia. „Ich nehme an, er ist einer der Typen, die die Frau entführt haben?“
Damon schaute wieder hinunter auf den Kopf seiner Partnerin, diesmal wütend. „Du hast nichts davon gesagt, dass du einen Werwolf deiner Gedankenkontrolle unterwerfen sollst.“
„Du hast mir auch nicht wirklich die Gelegenheit dafür gegeben“, sagte Alicia trotzig. „Übrigens, du schuldest mir was.“
„Ich habe die Wette nicht angenommen“, sagte Damon mit einem teuflischen Grinsen.“
„Zu dumm“, sagte Alicia mitleidig und lachte fast, als sie sah, wie Damons Augen schmal wurden, als er sie ansah. Schnell richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Aufgabe, die vor ihr lag, ehe Damon einen Weg finden konnte, um sie aufzuhalten. „Ich werde diesen Mistkerl dazu bringen, dass er alles ausplaudert, bis zu seinen kleinen Sünden in der Schule, wenn du mich zu ihm bringst.“
Tasuki trat zur Seite und zeigte mit der Hand auf den Beobachtungsraum. „Dein Opfer ist hier drinnen.“
Alicia betrat das kleine Zimmer, Damon und Micah ihr dicht auf den Fersen.
Tasuki schenkte Titus ein wissendes Grinsen über deren beschützerisches Verhalten, ehe er sich zu ihnen gesellte.
Titus grinste nur kopfschüttelnd. Diese beiden würden sich wohl nie ändern, aber zumindest war es unterhaltsam, ihnen zuzusehen.
Alle fünf schauten durch das verspiegelte Fenster auf den Werwolf im Befragungsraum auf der anderen Seite der Glasscheibe. Der verdammte Idiot versuchte immer noch, sich aus dem Stuhl zu befreien. Beide Handgelenke und seine Füße waren angekettet. Mittlerweile hatte er es geschafft, die Schrauben, die den Stuhl im Boden verankert hatten, zu lockern und schaukelte nun vor und zurück, um den Stuhl zum Sturz zu bringen.
„Fünf Dollar darauf, dass er umfällt und sich den Kopf verletzt“, sagte Tasuki plötzlich.
Damon grinste über den Versuch des ‚Menschen‘ lustig zu sein.
„Zehn Dollar, dass er einfach umfällt und versucht, sich zur Tür zu bewegen“, nahm Micah die Wette an und die beiden Männer setzten sich, um zuzusehen.
Damons Grinsen wurde breiter, als er beschloss… ein wenig nachzuhelfen. Als der Wolf den Stuhl wieder bewegte, fiel er um und der Mann traf mit dem Kopf am Boden auf… so fest, dass er bewusstlos wurde.
Tasuki unterdrückte halb ein Lachen und streckte seine Hand aus, um Micah zu signalisieren, dass er ihm Geld schuldete.
„Ja,ja, Anfängerglück“, sagte Micah gutmütig, zog seine Brieftasche heraus gab Tasuki einen Zehner.
„Es war schön, mit dir Geschäfte zu machen“, sagte Tasuki und steckte die Banknote ein. „Wollen wir wetten, wie lange er außer Gefecht ist?“
Alicia hatte den Werwolf ruhig beobachtet. Sie hatte gedacht, dass sie zumindest ein wenig nervös sein würde, aber erstaunlicher Weise kam das Gefühl gar nicht auf. Sie fühlte sich mutig und holte tief Luft, wusste, dass es Damon nicht gefallen würde, was sie zu sagen hatte.
„Lasst mich ein paar Minuten mit ihm alleine“, sagte Alicia.
„Das glaube ich nicht“, knurrte Damon überhaupt nicht begeistert.
Alicia zeigte ihm einen Schmollmund. „Und wie erwartest du, dass ich irgendetwas lernen soll, wenn du immer da bist, um mir zu helfen?“
„Ich werde immer da sein, um dir zu helfen“, korrigierte Damon.
„Ach ja?“. Alicia stemmte ihre Hände in ihre Hüften, als sie beschloss, dass sie mit einem umwerfenden Augenaufschlag diesmal nicht weit kommen würde, also probierte sie es mit der Wahrheit. „Was ist, wenn wir irgendwie getrennt werden, und ich muss eine gefährliche Situation… alleine bewältigen?“
„Du wirst nicht alleine in das Zimmer gehen“, beharrte Damon und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Weißt du, es wäre schön, wenn du mir genug vertrauen würdest, dass ich auch einmal was alleine machen kann, statt immer ein verdammtes Kindermädchen zu haben.“ Sie kehrte ihm den Rücken zu. „Du bist schlimmer als meine Brüder.“
Damon zog seine Augenbrauen zusammen, als er Alicias Rücken betrachtete, während Micahs Gesichtsausdruck verletzt erschien.
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