Liv räumte ein, dass es eine sehr gespaltene Gesellschaft zwischen Menschen und Wandlern gab und beide zogen es derart vor. Wandler lebten in ihren isolierten Gemeinschaften und besaßen typischerweise die Geschäfte innerhalb. Solange sie ihre Steuern bezahlten und den Gesetzen und Vorschriften gehorchten, war jeder glücklich.
Es gab Gerüchte, dass Wandler extrem gewalttätig, sogar grausam waren. Der Mann auf dem Fußboden war aufgewühlt, knurrte die Wache an, die über ihm schwebte, und Liv fragte sich, ob sie kurz davor war deren Fähigkeiten aus erster Hand zu erfahren.
»Ich werde gehen, wenn ihr beide mit mir kommt. Ich kann nicht gehen, wenn ihr ihn weiterhin schlagt«, legte Liv dar, verschränkte ihre Arme über ihrer Brust. Jaah, sie konnte stur und trotzig sein und hatte das Gefühl, dass dieser Mann jetzt gerade einen Freund gebrauchen konnte.
»Aber, du kleine Schlampe, ich werde dir die Bedeutung von Bestrafung zeigen«, spie die Wache aus und machte sich zu Liv auf.
Mit Lichtgeschwindigkeit war der Wandler auf seinen Füßen und schnappte die Wache in einem Schwitzkasten. Bevor Liv reagieren konnte, schlang er eine Metallkette um seinen Hals und zog, brach das Genick des Mannes. Liv konnte sich die Stärke, die es benötigte, um so etwas zu tun, nur vorstellen. Sofort sackte der Mann wie eine Stoffpuppe zu Boden.
Livs durchdringender Schrei prallte von den Betonwänden ab, während David zur selben Zeit zum Wandler stürmte, ein Betäubungsgewehr in der Hand.
Lawson konnte seinen Zorn nicht kontrollieren. Sein Wolf war kurz davor zu übernehmen und er musste den Drang sich zu wandeln bekämpfen. An die Wand gekettet wären die Bewegungen seines Wolfs eingeschränkt. Er hatte in seiner menschlichen Form eine bessere Chance auf eine mögliche Flucht.
Dieses Stück Scheiße von Wache verdiente, was er bekommen hat. Er hatte diesen Mann bis heute noch nicht gesehen, aber sie waren alle gleich. Sie schlenderten herein, verlangten, dass er sich wandelte, und wenn Lawson nicht wie ein gut trainierter Welpe gehorchte, griffen sie darauf zurück ihn grün und blau zu schlagen.
Scheiß auf sie alle.
Er wusste, was sie zu tun versuchten. Na ja … was sie dachten, was sie zu erreichen versuchten, und er spielte das Spiel nicht mit.
Scheiß auf sie alle.
Die Frau kreischte und Lawson sah den anderen Mann auf ihn zurennen. Jaah, dieser Scheißkerl mit dem Betäubungsgewehr hatte keine Ahnung. Dieser Mann war viele Male in seinem Raum gewesen und stand immer wie ein Feigling am Rand, beobachtete mit einem selbstgefälligen Ausdruck auf seinem Gesicht, wie Lawson Prügel nach Prügel einsteckte. Er war kurz davor Lawsons Wut zu spüren und er würde es genießen zuzusehen, wie der Laborant sich einpisste.
Sobald der Mann in Reichweite war, ging Lawson in die Hocke und fegte sein rechtes Bein heraus. Der Mann schlug schnell auf dem Bodenbelag auf und Lawson ergriff seine Füße, zog ihn zu seinem Körper. Sekunden später schlangen sich seine Ketten um den Hals seines Geiselnehmers und er konnte spüren, wie das Leben den Körper des Mannes verließ, während er mit all seiner Kraft zudrückte. Als die Augen des Mannes zurückrollten, ließ Lawson den leblosen Körper los.
Ein weiterer Aufschrei der Frau ließ ihn sich umdrehen, um sie anzusehen. Entsetzte grüne Augen stachen tiefer als die unzähligen Nadeln, die sie in ihn gesteckt hatten. Er konnte ihre Furcht riechen, ganz abgesehen von ihrem Geschlecht. Seine sensiblen Nasenlöcher hatten seit einer langen Zeit kein Weibchen mehr gerochen. Es war überwältigend und sein Körper antwortete instinktiv.
Ursprüngliches Verlangen strömte durch seine Venen und ein tiefes Knurren entfloh seiner Kehle, als sein Wolf an die Oberfläche streunte und verlangte freigelassen zu werden.
»Raus!«, schrie er und riss an seinen Ketten. »Ich wandle mich nicht für dich oder irgendjemand anderen. Komm in meine Nähe und du wirst neben diesen beiden auf dem Fußboden sein!«, bellte er und kickte den toten Wachmann in ihre Richtung.
Sie trat auf ihn zu, ihre Arme kapitulierend ausgestreckt. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich wusste nichts von diesem Bereich des Gebäudes. Lassen Sie mich Ihnen helfen«, flehte sie.
Als sie näherkam, neckte und verlockte ihr süßes Parfüm seinen Körper. Sein Schwanz wurde hart, brauchte mehr eine Erlösung als er Luft zum Atmen brauchte. Er fühlte sich von Menschen nicht einmal angezogen, aber gerade jetzt war er bereit sie vollkommen auszuziehen, sie vorzubeugen und den Teufel aus ihr zu ficken.
Außerhalb seiner Kontrolle zitternd schwang er aus. Nicht, um sie zu treffen, sondern um ihr Angst zu machen. Wenn sie einen Meter näher in seine Richtung käme, hätte er die Frau in seinen Fängen und man konnte nicht sagen, was er ihr antun würde.
»Fick dich, Weib. Du willst helfen? Schließ die hier auf«, verlangte er und riss wieder an den Metallhandschellen.
Sie zögerte und Lawson war nicht sicher, aber sie schien seine Worte zu bedenken, als sie sich plötzlich umdrehte und aus dem Raum flüchtete. Ein Teil von ihm wollte sie zurückrufen und erklären, dass er kein kaltblütiger Mörder war. Lawson mochte den Schrecken nicht, den er repräsentierte, aber er sah keine andere Option. Er konnte unter solcher Erregung nicht in ihrer Gegenwart sein.
Lawson zog wieder an den Ketten, versuchte sich loszureißen. Nicht, dass er nicht jeden wachen Moment damit verbracht hatte zu versuchen zu flüchten, aber die Tür war angelehnt und dies mochte die einzige Chance sein, die er jemals bekommen würde. Er musste aus diesem Höllenloch herauskommen. Wenn er noch einmal mehr Prügel ertragen oder unwillentlich eine Unze mehr Blut geben musste, schnappte er vielleicht über.
Er hatte vor langer Zeit aufgehört die Tage zu zählen, die er in Gefangenschaft gewesen war. Nach seiner Schätzung musste er für mindestens zwei Jahre eingesperrt gewesen sein, vielleicht mehr. Er hatte die ganze Zeit lang keine anständige Mahlzeit, eine heiße Dusche oder ein warmes Bett gehabt. Er wurde einmal am Tag gefüttert, einmal in der Woche mit eiskaltem Wasser abgespritzt und schlief auf einer schmutzigen Matratze ohne auch nur ein Laken, um ihn warm zu halten.
Entschlossen, dass er nicht eine Nacht länger in dem Scheißloch verbrachte, stütze Lawson seinen Fuß gegen die Betonwand für einen besseren Hebel. Er holte tief Luft und zog an den schweren Ketten. Nichts. Er versuchte es noch einmal. Der an der Wand befestigte Verschluss gab nicht einmal leicht nach. Er platzierte beide Füße an der Wand und zog, bis seine Armmuskeln sich anfühlten, als ob sie durch die Spannung reißen würden.
Es kam ihm plötzlich in den Sinn, dass die Wache wahrscheinlich seine Zugangskarte bei sich hatte. Es gab ein kleines Tastenfeld am Fuß der Handschellen, das diese elektronisch verschloss. Alles an diesem verdammten Ort war durch das Sicherheitssystem verbunden.
Er wünschte sich, dass er die Wache nicht außer Reichweite getreten hätte, und ging so weit es die Ketten erlaubten. Er streckte sich und griff nach den Füßen des Mannes. Schließlich berührten seine Finger die Lederstiefel und er schnappte die Sohlen. Er zog so gut er konnte und hatte schließlich den Mann Zentimeter um Zentimeter genug bewegt, so dass er seine Knöchel ergreifen konnte.
Lawson riss ihn an seine Seite und durchsuchte rasch die Uniform des Mannes. Er könnte endlich fliehen, wenn er die verdammte Karte finden konnte. Ein Hochgefühl erfüllte sein Herz. Er musste dringend nach Hause gehen. Seine Mom, sein Dad, sein Bruder und seine Schwestern mussten krank vor Sorge sein. Hielten sie ihn für tot? Waren sie in Sicherheit? Er wusste, dass andere in Gefangenschaft gehalten wurden, weil er die Prügel in der Nähe hörte, aber er hatte keine Ahnung, wie viele es gab oder ob er sie kannte.
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