Einführung des Frauenwahlrechts in Europa * Einführung des Frauenwahlrechts in Europa * * Die Einführung des Frauenwahlrechts ist in den meisten europäischen Ländern ein Prozess über viele Jahrzehnte gewesen. Die hier angegebenen Jahreszahlen markieren die (parlamentarischen) Beschlüsse zur Einführung des Frauenwahlrechts ohne Einschränkungen (wie Bildungsstand oder Alter). Die ersten Wahlen mit Frauenbeteiligung können daher durchaus in anderen Jahren stattgefunden haben. Zudem sind diese Daten nicht absolut zu setzen, es ist möglich, dass sich in den nationalen Geschichten auf andere Daten bezogen wird. (Anm. der Herausgeberinnen)
* Einführung des Frauenwahlrechts in Europa * * Die Einführung des Frauenwahlrechts ist in den meisten europäischen Ländern ein Prozess über viele Jahrzehnte gewesen. Die hier angegebenen Jahreszahlen markieren die (parlamentarischen) Beschlüsse zur Einführung des Frauenwahlrechts ohne Einschränkungen (wie Bildungsstand oder Alter). Die ersten Wahlen mit Frauenbeteiligung können daher durchaus in anderen Jahren stattgefunden haben. Zudem sind diese Daten nicht absolut zu setzen, es ist möglich, dass sich in den nationalen Geschichten auf andere Daten bezogen wird. (Anm. der Herausgeberinnen)
Die Einführung des Frauenwahlrechts ist in den meisten europäischen Ländern ein Prozess über viele Jahrzehnte gewesen. Die hier angegebenen Jahreszahlen markieren die (parlamentarischen) Beschlüsse zur Einführung des Frauenwahlrechts ohne Einschränkungen (wie Bildungsstand oder Alter). Die ersten Wahlen mit Frauenbeteiligung können daher durchaus in anderen Jahren stattgefunden haben. Zudem sind diese Daten nicht absolut zu setzen, es ist möglich, dass sich in den nationalen Geschichten auf andere Daten bezogen wird. (Anm. der Herausgeberinnen)
Hedwig Richter | Kerstin Wolff (Hg.)
Demokratisierung der Demokratie in Deutschland und Europa
Hamburger Edition HIS Verlagsges. mbH
Verlag des Hamburger Instituts für Sozialforschung
Mittelweg 36
20148 Hamburg
www.hamburger-edition.de
© der E-Book-Ausgabe 2018 by Hamburger Edition
ISBN 978-3-86854-939-3
© 2018 by Hamburger Edition
ISBN 978-3-86854-323-0
Karte: Peter Palm, Berlin
Umschlaggestaltung: Wilfried Gandras, unter Verwendung eines Bildausschnittes von der Tagung des Weltbundes für Frauenstimmrecht und staatsbürgerliche Frauenarbeit in Berlin im Juni 1929
© ullsteinbild – ullsteinbild
Hedwig Richter | Kerstin Wolff
Demokratiegeschichte als Frauengeschichte
Raum – Körper – Sprechen
Kerstin Wolff
Noch einmal von vorn und neu erzählt. Die Geschichte des Kampfes um das Frauenwahlrecht in Deutschland
Barbara von Hindenburg
Politische Räume vor 1918 von späteren Parlamentarierinnen des Preußischen Landtags
Birgitta Bader-Zaar
Politische Rechte für Frauen vor der parlamentarischen Demokratisierung. Das kommunale und regionale Wahlrecht in Deutschland und Österreich im langen 19. Jahrhundert
Marion Röwekamp
»The double bind« . Von den Interdependenzen des Frauenwahlrechts und des Familienrechts vor und nach 1918
Raum – Körper – Sprechen
Tobias Kaiser
Die Suffragetten als »Eroberinnen« des politischen Raumes. Zur Bedeutung von Straße und Parlament als Orte der Politik in der Frauenwahlrechtsbewegung um 1900
Hedwig Richter
Reformerische Globalisierung. Neuordnungen vor dem Ersten Weltkrieg
Malte König
Frauenwahlrecht und Prostitution. Über die Notwendigkeit politischer Selbstvertretung
Raum – Körper – Sprechen
Susanne Schötz
Politische Partizipation und Frauenwahlrecht bei Louise Otto-Peters
Birte Förster
Den Staat mitgestalten. Wege zur Partizipation von Frauen im Großherzogtum und Volksstaat Hessen 1904–1921
Lutz Vogel
Weitgehend chancenlos. Landtagskandidatinnen in Sachsen 1919–1933
Harm Kaal
Die Stimmen der Frauen für sich gewinnen. Auswirkungen des Frauenwahlrechts auf die niederländische Wahlkultur 1922–1970
Über die Autorinnen und Autoren
Zu den Herausgeberinnen
Hedwig Richter | Kerstin Wolff
Demokratiegeschichte als Frauengeschichte
Die Geschichte der Demokratie gibt sich gerne triumphal: mit wehenden Fahnen und geballten Fäusten, über Barrikaden stiebend und Mauern einreißend. Demokratische Staaten feiern Revolutionen als ein geradezu heiliges Erbe. Der Kampf – so die Erzählung – liege der Demokratie zugrunde, weil Menschen sich nach Partizipation sehnen und mit Macht und Gewalt um ihr Mitbestimmungsrecht kämpfen. Der zentrale Topos eines globalen Demokratienarrativs lautet: Demokratiegeschichte ist ein revolutionärer Kampf von unten gegen oben, und es liegt auf der Hand, dass diese Geschichte in aller Regel eine Männergeschichte ist. 1Entsprechend gestaltet sich die demokratische Ikonografie. Von den europäischen Barrikaden, über die philippinischen Freiheitskämpfer, von den bewaffneten Rebellen in Kenia bis zu George Washingtons Armee – die Geschichte der Ursprünge von Demokratie präsentiert sich der Welt als eine Geschichte von Männern in Waffen und im Aufruhr. Das Gesicht des bärtigen, bewaffneten Che Guevara wird in reichen und stabilen Demokratien gerne von jungen Männern als Konterfei auf dem T-Shirt getragen: Der für bestimmte Ziele gewaltausübende Mann ist die zur Popikone komprimierte Sehnsucht nach Freiheit und Demokratie. Der Fall Kuba zeigt einen weiteren Erzählstrang: Paradoxerweise sind diese fast überall anzutreffenden Demokratie- und Freiheitsgeschichten spezifisch nationale Erzählungen.
Es ist also folgerichtig, wenn die politische Ermächtigung der Hälfte der Menschheit durch das Frauenwahlrecht in vielen Demokratiegeschichten kaum der Erwähnung wert erscheint. Der Stoff passt nicht in die Erzählanordnung, nicht in das »emplotment«, um mit Hayden White zu sprechen. 2Allenfalls die gewalttätigen Suffragetten in Großbritannien erhalten in der globalen demokratiehistorischen Hall of Fame ein Denkmal, und sie sind es, derer in Spielfilmen mit Starbesetzungen gedacht wird. Das Bedürfnis, Demokratiegeschichte als Geschichte des gewalttätigen Kampfes zu erzählen, verleitet also dazu, ausgerechnet eine kleine Minderheit unter den Frauenrechtlerinnen in den Fokus der Geschichte des Frauenwahlrechts zu rücken. Für Deutschland wird häufig behauptet, es sei die spezifische Revolution am Ende des Ersten Weltkriegs gewesen, die das Wahlrecht hervorgebracht habe, und immer noch findet sich die Meinung, der Krieg sei der Vater des Frauenwahlrechts – womit die Bedeutung der sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts formierenden Frauenbewegung ebenso missachtet wird wie die Komplexität des ganzen Prozesses überhaupt. Die Geschichte des Frauenwahlrechts wird also, wenn sie denn Erwähnung findet, in das nationale Erzählmuster von Revolution und Krieg gepresst.
Die Beiträge in diesem Band erzählen andere Geschichten, denn die Einführung des Frauenwahlrechts zwingt dazu, alte Narrative zu überdenken und den Blick zu weiten. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes zeigen dies quellengesättigt und an konkreten Beispielen. Dieser Band weitet das Feld in drei Richtungen, wobei er oft neuere Forschungsansätze aufnehmen kann: Erstens wird ein weiter Begriff von Politik und citizenship genutzt. 3Zweitens verstehen wir wie in der historischen Demokratieforschung länger schon gefordert und in der Frauengeschichte vielfach eingelöst Demokratiegeschichte transnational, 4und drittens legen wir einen Schwerpunkt darauf, wie Demokratie geschlechtlich praktiziert und erzählt wird – eine Erweiterung, über die in der politikwissenschaftlichen Forschung viel nachgedacht wird, weniger jedoch in der demokratiehistorischen. 5
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