Tim James
Wie die Quantenphysik absolut alles erklärt
(AUSSER DIE SCHWERKRAFT)
Aus dem Englischen von Jürgen Schröder
Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw. Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.
Copyright © Tim James, 2019
Die englische Originalausgabe erschien 2019 in Großbritannien unter dem Titel Fundamental. How quantum and particle physics explain absolutely everything (except gravity) bei Robinson, einem Imprint von Little, Brown Book Group.
1. Auflage
© 2020 Ecowin Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Gesetzt aus der Graphik, Palatino
Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:
Red Bull Media House GmbH
Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15
5071 Wals bei Salzburg, Österreich
Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT
Illustrationen: Tim James
Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich
Umschlagmotiv: © gremlin / Getty Images
Autorenillustration © Claudia Meitert/carolineseidler.com
ISBN 978-3-7110-0252-5
eISBN 978-3-7110-5276-6
Den Schülern der Northgate High School gewidmet
EINLEITUNG Das Ende
EINS Vor Stolz glühen
ZWEI Kleine Stückchen
DREI Aristokraten, Bomben und Pollen
VIER Die Zähmung des Ungeheuers
FÜNF Die Sache wird – noch einmal – merkwürdiger
SECHS Die Kiste und die Miezekatze
SIEBEN Die Welt ist eine Täuschung
ACHT Die Quantenmechanik muss sterben
NEUN Teleportation, Zeitmaschinen und Wirbel
ZEHN Die Quantenmechanik beweist, dass ich Batman bin
ELF Weit draußen im Feld
ZWÖLF Geraden und Schlangenlinien
DREIZEHN Die Elementarteilchenphysik wird aufgebockt
VIERZEHN Wo ist mein Higgs, Liebling?
FÜNFZEHN Das Problem mit G
Chronologie der Quanten- und Elementarteilchenphysik
ANHANG I Eine genauere Betrachtung des Spins
ANHANG II Die Lösung von Schrödinger
ANHANG III Einsteins Fahrrad
ANHANG IV Die Zähmung der Unendlichkeit
ANHANG V Ein Anstrich mit allen Farben des Quarks
Danksagung
Anmerkungen
Register
Über den Autor
»Ganz gleich, wie sicher sich die Wissenschaftler zu sein meinen, die Natur überrascht sie doch.«
Nemesis von Isaac Asimov
Die Natur ist verrückt. Wenn man zu den Grundgesetzen der Physik gelangt, direkt ins Kellergeschoss, findet man sich in einem Reich des Wahnsinnes und des Chaos wieder, wo Erkenntnis und Einbildung ein und dasselbe werden.
Das sollte natürlich nicht überraschen – man muss die Vernünftigkeit eines Universums, das die Existenz von Seesternen erlaubt, einfach infrage stellen –, aber selbst wenn man auf den exzentrischen Charakter der Natur gefasst ist, wird man durch nichts auf die Quantenphysik vorbereitet.
Es begann am Ende des 19. Jahrhunderts, als jedermann mit sich selbst zufrieden war. Wir hatten die Sterne kartiert, die DNS isoliert und standen kurz vor der Atomspaltung. Unser Wissen war fast vollständig, und es sah so aus, als ob wir im Begriff wären, Zeugen des großen Finales aller Errungenschaften des Menschen zu werden: des Endes der Naturwissenschaft selbst.
Es gab zwar noch ein paar missliche naturwissenschaftliche Rätsel, die niemand ganz gelöst hatte, aber das waren unbedeutende Kuriositäten, die auf einer Seite herabbaumelten, wie Fransen von einem Wandteppich herabhängen. Erst wenn wir an diesen Fransen kräftig zogen, begann das ganze Bild, das wir jahrhundertelang gewebt hatten, sich aufzulösen, und wir standen Auge in Auge einem neuen Bild der Wirklichkeit gegenüber. Einem Quantenbild.
Der Nobelpreisträger Richard Feynman eröffnete einst eine Vorlesungsreihe über die Quantenphysik mit der Bemerkung: »Meine Physikstudenten verstehen sie nicht. Ich verstehe sie nicht. Niemand versteht sie.« 1Das sind ernüchternde Worte von wohl dem größten Quantenphysiker der Geschichte. Wenn schließlich nicht einmal jemand, der so brillant war wie Feynman, sein Gehirn um das Thema herumwickeln konnte, welche Chance haben dann wir übrigen Sterblichen?
Man sollte jedoch im Auge behalten, dass Feynman nicht sagte, dass die Quantenphysik zu kompliziert ist, um verstanden werden zu können. Er sagte, dass die Quantenphysik zu verflucht sonderbar ist.
Angenommen, jemand würde Ihnen sagen, dass Sie sich ein vierseitiges Dreieck vorstellen oder sich eine Zahl ausdenken sollten, die kleiner als zehn, aber größer als eine Milliarde ist. Diese Anweisungen sind zwar nicht kompliziert, aber sie könnten sie nicht leicht befolgen, weil sie unsinnig sind. Genau so wird unsere Reise in die Quantenphysik aussehen.
Es handelt sich um eine Welt vierseitiger Dreiecke und von Zahlen, die keinen gewöhnlichen Regeln folgen; um einen Ort, an dem parallele Universen und Paradoxien hinter jeder Ecke lauern und die Gegenstände nicht auf Raum oder Zeit achten müssen.
Leider ist unser Gehirn nicht dazu gemacht, um mit dieser Art von Wahnsinn umzugehen, und die Wörter, die uns zur Verfügung stehen, sind nicht verrückt genug, um die Natur so zu erfassen, wie sie wirklich ist. Darum sagte der Physiker Niels Bohr, dass, wenn es um die Quantenphysik geht, »die Sprache nur als Dichtkunst verwendet werden kann« 2.
Der Fehler, den viele Leute machen, besteht darin, die ganze Sache verwirrend zu finden und zu denken, dass sie nicht klug genug sind, um sie zu verstehen. Lassen Sie sich jedoch nicht abschrecken. Offen gestanden, wenn Sie dieses Thema skurril und beunruhigend finden, sind Sie in Gesellschaft der größten Geister der Geschichte.
KAPITEL EINS
VOR STOLZ GLÜHEN
Ein wenig Geschichte des Lichtes
Die Quantenphysik begann mit dem Versuch, das Licht zu verstehen, etwas, worüber wir mit unserem kollektiven Geist schon Jahrtausende rätselten. Der griechische Philosoph Empedokles war um das fünfte Jahrhundert v. Chr. der erste Mensch, der eine Theorie über das Wesen des Lichtes entwarf.
Er glaubte, dass das menschliche Auge einen magischen Feuerstein enthielte, der Strahlen von unserem Gesicht aussandte und all das erhellte, was wir anschauen wollten. 3Eine poetische Idee, die jedoch einen offensichtlichen Makel hatte: Wenn unsere Augen das Licht erzeugen, sollten wir immer in der Dunkelheit sehen können, weil unsere Augen selbst Fackeln sind.
Empedokles war auch derjenige, der uns die inzwischen widerlegte Vorstellung von vier elementaren Substanzen gab (Feuer, Wasser, Wind und Erde) und versuchte, die biologische Vielfalt als das Ergebnis davon zu erklären, dass Gliedmaßen ohne Körper in der Welt herumkrochen, bis sie sich zufällig miteinander vereinigten, um Lebewesen zu bilden.
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