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© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-96688-082-4
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Fred McMason
Fünf Arwenacks auf eine Kriegsgaleone gepreßt
Juli 1599, Bombay – Westküste Indiens .
Selten hatten die Arwenacks ihren Kapitän Philip Hasard Killigrew so verlegen gesehen wie heute .
Um diese Verlegenheit zu überspielen, räusperte sich Hasard ein paarmal die Kehle frei. Sein Blick war aber nach wie vor auf das gerichtet, was sich in dem Magazin stapelte – ein Geschenk des Ischwar Singh, des Maharadschas von Bombay .
Es war eine Schiffsladung voll erlesener Kostbarkeiten von ungeheurem Wert, die da auf Abruf bereitlag. Dabei handelte es sich um etliche Tonnen Elfenbein, Seide, Silber, Muskat, Pfeffer, Ingwer, Kardamom und andere Pretiosen, deren Wert sich nicht mal annähernd abschätzen ließ. Und das alles gehörte jetzt ihnen. Es war unglaublich …
Die Hauptpersonen des Romans:
Ischwar Singh– der Maharadscha von Bombay hat eine Mission für die Seewölfe, denen er vertraut, aber es ist ein heikler Auftrag.
Edwin Carberry– ist als die Reinkarnation des Gottes Schiwa der Held des Tages und sonnt sich in seinem Ruhm.
Mac Pellew– hat dem Profos ein Duftwässerchen verehrt, was allgemeines Naserümpfen hervorruft.
Sir Thomas Carnavon– ist zwar Kommandant eines Dreideckers, aber seine Offiziere tanzen ihm auf der Nase herum.
Philip Hasard Killigrew– wird ganz übel gelinkt, weil ihm fünf seiner Arwenacks abgepreßt werden.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Genaugenommen hatten sie diese Kostbarkeiten dem Profos Edwin Carberry zu verdanken, jenem Profos, der erneut bewiesen hatte, daß er doch das Salz der Erde war, ohne das nun mal gar nichts lief.
Die Arwenacks sahen die Szene noch deutlich vor sich.
Da hockte ein kleines, elf Jahre altes Bürschchen auf Bombay-Reede in einer Jolle und angelte unverdrossen Haie. Eins dieser Exemplare – etwa von Mannsgröße – hing bereits am Haken und drohte, das übereifrige Bürschchen ins Wasser zu ziehen.
Der Profos rief dem Bengel eine Warnung zu, doch die wurde nicht verstanden. Da sprang der Profos kurzentschlossen über Bord, und noch, bevor er die Jolle erreichte, kenterte sie, und ein zweiter Hai tauchte auf.
Dem Profos gelang es, den Hai zu erledigen und das nasse Bürschchen aus dem Wasser zu ziehen, während die anderen Arwenacks eine weitere Jolle abfierten und sich um den zweiten Hai kümmerten.
Normalerweise hätte kein Mensch weiter von dieser Angelegenheit Notiz genommen, denn kleine Jungen angelten tagtäglich auf der Welt, ohne daß es jemanden interessierte.
Bei diesem Bürschchen handelte es sich um Tuti Ischwar, den Sohn des Ischwar Singh, und das war das Besondere an der Sache.
Tuti Ischwar war wieder mal heimlich aus dem Palast ausgebüxt, um seiner Leidenschaft zu frönen. Während die Bediensteten aufgeregt nach ihm suchten, angelte Tuti in aller Ruhe und begab sich dabei in Lebensgefahr.
Ohne den Profos Edwin Carberry wäre der Junge, zweifellos von den wütenden Haien zerrissen worden.
Von da an änderte sich alles schlagartig. Die Seewölfe, die in Surat – was die Handelskonzessionen betraf – eine herbe Niederlage erlitten hatten, wurden jetzt plötzlich mit offenen Armen empfangen.
Carberry aber war der Held des Tages und wurde als Reinkarnation des Gottes Schiwa mit allen Ehren und einem rauschenden Fest gefeiert.
Hasard dachte an die rauschende Feier mit einem Augenzwinkern zurück. Der gute Ed war nun wirklich in den Augen vieler Inder zu einem frommen Pilger ganz besonderer Art geworden, und Big Old Shane erwog bereits den Gedanken, Carberry einen Heiligenschein zu schmieden, damit er ihn immer mit sich herumtragen konnte.
Nur der Kutscher hatte lächelnd vor einer Hybris gewarnt, damit der Profos nicht in einen frevelhaften Übermut verfalle.
Da Carberry in seiner Verkörperung als Schiwa auch den Fruchtbarkeitsgott darstellte, hatte man ihm willige Mädchen geschickt. Der ahnungslose Profos lehnte sie jedoch aus gewissen Gründen ab.
Daraufhin erwartete ihn anschließend zum Lobe des Gottes eine körperliche Tortur, an die er nur noch mit sehr gemischten Gefühlen zurückdachte. Als Reinkarnation einer Gottheit hatte man es wirklich nicht leicht.
„Unglaublich“, sagte Hasard leise zu den Männern, die ihn umstanden. „Anfangs gab es derart viele Mißverständnisse und Unannehmlichkeiten, daß wir fast aufgegeben hätten. Und jetzt fällt uns alles buchstäblich in den Schoß. Es ist mir peinlich, dieses Geschenk so einfach anzunehmen.“
Zwei Hofbeamte begleiteten die Arwenacks, die jetzt schweigend neben ihnen in dem großen Magazin standen, wo die kostbaren Geschenke gelagert waren.
„Es ist eine Menge“, sagte Dan O’Flynn, der gerade einen riesigen Elfenbeinzahn betrachtete. „Das Geschenk können wir aber nicht ablehnen oder zurückweisen, Sir. Für den Maharadscha wäre das eine tödliche Beleidigung.“
„Ja, ich weiß. Dennoch fühle ich mich zu einer Gegenleistung verpflichtet. Aber wie?“
„Die Gegenleistung, oder besser, Vorleistung, hat Ed ja bereits erbracht“, sagte Ben. „Der Maharadscha hat sich dafür in dieser Form revanchiert oder bedankt. Es dürfte jetzt nicht mehr schwerfallen, um Handelskonzessionen nachzusuchen?“
„Bist du verrückt“, sagte Hasard leise. „Erst werden wir großzügig beschenkt, und dann soll ich noch um Handelsbeziehungen nachfragen. Das erscheint mir reichlich unverschämt.“
Der Kutscher, der dem Dialog gelauscht hatte, lächelte fein.
„Das ist doch keine Bittstellerei, Sir. Es ist nichts weiter als ein Geschäft auf Gegenseitigkeit, von dem beide Teile profitieren. Du bist manchmal wirklich zu bescheiden, Sir. Später werden andere hier aufkreuzen und mit der größten Selbstverständlichkeit Handelsbeziehungen anknüpfen. Man soll das Eisen schmieden, solange es heiß ist, und dazu haben wir augenblicklich die besten Aussichten. Auch der Maharadscha lebt nach dem Motto: Manus manum lavat, was soviel bedeutet, als daß eine Hand die andere wäscht. Wir haben schließlich eine königliche Aufgabe zu erfüllen.“
Hasard nickte langsam und nachdenklich. Einer der beiden Hofbeamten öffnete ein kleines Fäßchen und deutete auf den Inhalt. Er hielt das Fäßchen dem Seewolf dicht unter die Nase.
Darin befanden sich kleine, grünliche Schoten, die einen unglaublichen exotischen Duft verströmten. Von diesen Gewürzfäßchen gab es noch eine ganze Menge.
Alle Wohlgerüche des Orients vereinigten sich in den Schoten. Hasard konnte sie nicht klassifizieren, denn der Geruch war eigentümlich, aber äußerst aromatisch. Er glaubte, Zitrone und Ingwer herauszuriechen.
„Was ist das?“ fragte er gespannt.
Der Kutscher, dieser Schlauberger, wußte es natürlich wieder mal. Hasard fragte sich insgeheim, woher dieser schmalbrüstige Mensch nur seine Informationen bezog.
„Kardamom“, erklärte er mit der größten Selbstverständlichkeit. „Es wächst im Süden Indiens und findet als hervorragendes Gewürz Verwendung für Currygerichte und Reis. Man kann aber auch herrliche Fruchtsalate damit anrichten oder es zu anderen Speisen verwenden. So was ist selbst bei Hofe eine Rarität und wird sehr geschätzt. Deshalb, Sir, sollten wir das Revier selbst beackern, ehe wir es einem Bauernlümmel wie Ruthland überlassen.“
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