Christina Hansen - Mind the Gap

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Der Holocaust prägt die europäische und israelische Gesellschaft bis heute. Der Lernort Schule stellt dabei eine zentrale Sozialisationsinstanz hinsichtlich der Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und Holocaust dar, an dem Schüler*innen zu vergangenheits- und verantwortungsbewussten Menschen erzogen werden sollen. Jenseits dieser normativen Setzung und erinnerungspolitischen Erwartungen an den Unterricht stellt sich die voraussetzungsreiche Frage für die Lehrer*innen-Bildung: Wie werden angehende Lehrkräfte auf diese Aufgabe vorbereitet und was verstehen sie in diesem Zusammenhang unter gelungenem Unterricht?
Der Band wendet sich Konzepten einer zeitgenössischen «Holocaust Education» zu, die auf einer Tagung am Klinikum und der Gedenkstätte Mainkofen diskutiert worden sind: Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen reflektierten dabei über Zieldimensionen, mediale Repräsentationen sowie Wandel und Herausforderungen in der Lehrer*innenbildung zu den Themenfeldern Holocaust und NS-"Euthanasie". Dabei wird im Werk ein vielperspektivischer und auf die Gegenwart bezogener Diskurs entfaltet, der von Fragen der pädagogischen Haltung von Lehrkräften über die Zeugenschaft in Gedenkstätten bis zur daraus resultierenden didaktischen Konsequenz für (hoch)schulische Bildung reicht.

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Impressum

© 2020 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck

E-Mail: order@studienverlag.at

Internet: www.studienverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7065-6106-8

Satz: Da-TeX Gerd Blumenstein, Leipzig

Umschlag: Maria Strobl – www.gestro.at

Umschlagabbildung: © Fotoarchiv Bezirksklinikum Mainkofen

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at.

Inhaltsverzeichnis

Cover

Impressum Impressum © 2020 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck E-Mail: order@studienverlag.at Internet: www.studienverlag.at Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen. ISBN 978-3-7065-6106-8 Satz: Da-TeX Gerd Blumenstein, Leipzig Umschlag: Maria Strobl – www.gestro.at Umschlagabbildung: © Fotoarchiv Bezirksklinikum Mainkofen Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at .

Titel Christina Hansen, Kathrin Eveline Plank (Hrsg.) Mind the Gap: Holocaust Education in der Lehrer*innen-Bildung

Aus der Geschichte lernen – eine Handlungsanleitung als Vorwort

Gedenken heißt Vergessen? Oder: Warum Lehrkräfte den Weg vom „Gedächtnistheater“ zu kritischer Erinnerungsarbeit betreten sollten

Kathrin Eveline Plank und Christina Hansen

Das Entsetzen in den Augen Bedrohter wahrnehmen!

Peter Steinbach

„Das war absolutes Tabuthema“ – Gerhard Schneider, Krankenhausdirektor des Bezirksklinikum Mainkofen, im Interview zu Idee, Entwicklung und Zukunft der Gedenkstätte in Mainkofen

Christina Hansen

Pädagogische Grundlinien im Umgang mit dem Thema Shoah in Yad Vashem, Israel

Noa Mkayton

1. Der Kampf um das Überleben der Wahrheit – Geschichtsschreibung aus der Sicht der Opfer als Gegengeschichte

2. Yad Vashem als autonome jüdische Gedenkstätte, die die Stimme der Opfer zugänglich macht

3. Pädagogische Grundlinien im Umgang mit der Shoah

3.1 Identität der Opfer: Periodisches Ausholen und transnationales Geschichtsverständnis

3.2 Menschen als Akteure: Analyse von Entscheidungen, Dilemmata und Wendepunkten

4. Lernen aus der Geschichte? Relevanz der Geschichte des Holocaust für Lernende heute

„Wir brauchen nicht nur die Dokumente von Eichmann und Co., wir müssen auch verstehen, was es bedeutet, in diesen Wägen zu sein, die Eichmann delegiert hat.“ – Noa Mkayton im Interview zu Holocaust Education aus jüdischer Perspektive

Christina Hansen und Kathrin Eveline Plank

„Wozu müssen wir uns denn damit auseinandersetzen? Wir wollen ja Lehrer werden.“ Eine qualitative Studie zur Einstellung von Lehramtsstudierenden zur Holocaust Education

Christina Hansen und Anna Heiden

1. Die Verantwortung pädagogischer Akteur*innen

2. Holocaust Education? (K)Ein Thema in der Lehrer*innen-Bildung

3. „Quod latet, ignotum est: ignoti nulla cupido” Oder: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß

4. Was heißt das nun für die Lehrer*innen-Bildung?

5. Zielsetzung der Studie

5.1 Fragestellung der Studie

5.2 Design der Studie

5.3 Methode

5.4 Deduktive Kategorienbildung

5.5 Datenauswertung

6. Ergebnisdarstellung

6.1 Typologisierung

7. Fazit zur Studie

8. Empfehlungen für die Lehrer*innen-Bildung

„Was verdrängt wird, kehrt mit Macht zurück.“ Holocaust Education in der Lehrer*innen-Bildung

Kathrin Eveline Plank

Mangelnde Verankerung, fehlende Konzepte: Ausgangslage und Desiderat

Vor dem Wie das Wieso: Zentrale Frage- und Zielstellungen des Lehrformats

Erziehung nach oder über Auschwitz? Konzeptbeschreibung

Adressat*innen:

Phasen:

A) Projektphase Grundlegung: Historische und sozialwissenschaftliche Analysen und didaktische Zugänge

B) Projektphase Profigrafische Reflexion – „Was hat der Holocaust mit mir als Person und als pädagogischer Fachkraft zu tun?“

C) Projektphase Pädagogischer Transfer – „Was hat der Holocaust mit Gesellschaft und Bildung der Gegenwart zu tun?“

D) Projektphase Follow-up – Präsentation und Weiterarbeit

Evaluation

Fazit

Die Steine des Anstoßes. Pädagogische Arbeit am Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

Irene Zauner-Leitner

Zur Chronologie des Ortes

Umsetzung vor Ort: zur Gestaltung der Ausstellung und der Gedenkstätte 2003–2019

Impressionen zur Ausstellung „Wert des Lebens“ 2003–2019

Herausforderungen, Konzept und Ziele der Vermittlung

Was kann an einem Ort wie Hartheim gelernt werden?

Umsetzung vor Ort: das pädagogische Angebot

Schnittstelle: Lehrer*innen-Bildung

Zertifikatskurs „Lehren und Lernen an Gedenkstätten“

Michael Bossle und Angelika Stadler

Wozu Gedenkstätten(pädagogik)?

„Lehren und Lernen an Gedenkstätten“: Zieldimensionen, Adressat*innen und Aufbau

Adressat*innen

Zieldimensionen

Aufbau

Fazit und Ausblick

Christina Hansen,

Kathrin Eveline Plank (Hrsg.)

Mind the Gap: Holocaust Education in der Lehrer*innen-Bildung

Aus der Geschichte lernen – eine Handlungsanleitung als Vorwort

Yitskhok Rudashevski, 1927 in Vilnius geboren, begann nach der deutschen Besetzung im Juni 1941 ein Tagebuch zu schreiben, das er auch nach der Deportation ins Ghetto weiterführte. Noch keine 16 Jahre alt, wurde er im Oktober 1943 von den Nazis ermordet. Sein Tagebuch ist zum einen ein sehr persönliches Dokument, in dem er seinen Stimmungen, seinen Gefühlen und Gedanken Ausdruck gibt, zugleich ist es aber auch eine Chronik der Lebensbedingungen, der Verhältnisse und Entwicklungen im Ghetto, in welche Beobachtungen und Befragungen Eingang fanden. Auf Vorwürfe, eine solche Dokumentation zu erstellen, sei angesichts der Bedingungen des Ghettolebens unangemessen, formulierte er in seinem Tagebuch:

„[…] ich habe nicht unrecht, denn ich denke, dass alles erfragt und aufgeschrieben werden sollte, sogar das Blutrünstigste, denn alles wird berücksichtigt werden.“ (Eintrag vom 5. November 1942)

Was meint Rudashevski, wenn er schreibt, dass alles berücksichtigt werden wird? Zum einen steht hinter dieser Aussage sicher seine Überzeugung, dass Herrschaft und Terror der Nazis nicht andauern werden und dass nach ihrem Ende das Recht wiederhergestellt und das Unrecht bestraft werden wird. Und in der Tat, im Oktober 1943 verabschiedeten die drei Alliierten eine Deklaration, in der sie die justizielle Verfolgung und Ahndung der nationalsozialistischen Verbrechen beschlossen.

Aber die Aussage „Alles wird berücksichtigt werden“ zielt weiter, wir dürfen sie auch verstehen als Auftrag und Forderung an die Nachwelt, Auftrag an uns, in unserem Handeln zu berücksichtigen, was geschehen ist. Dieser Auftrag gilt für alle, aber er gilt insbesondere für jene, die im Bereich der Erziehung und Bildung, der schulischen wie der außerschulischen, tätig sind. Berücksichtigen, was geschehen ist, das bedeutet zu lehren und zu lernen, was geschah, wie es geschah und warum es geschah – warum es geschehen konnte. Das bedeutet ferner, neben den historischen Ursachen auch die sozialpsychologischen Gründe des Holocaust zu thematisieren. Es meint das, was mit dem Begriff Holocaust Education zu umfassen versucht wird: Holocaust Education analysiert die konkreten politischen, gesellschaftlichen Entwicklungen, die zum Nationalsozialismus und zum Holocaust führten, untersucht darüber hinaus, wie und warum Menschen so handeln, wie sie handeln. Indem sie über die historische Analyse der Shoa hinausgeht, grundsätzliche Fragen menschlichen und gesellschaftlichen Verhaltens ins Auge fasst, thematisiert Holocaust Education, ausgehend von der universellen Bedeutung des Holocaust, auch andere Genozide und formuliert grundlegende Überlegungen zur Genozidprävention.

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