Kálmán Mikszáth von Kiscsoltó - Die Maskerade des jungen Königs

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Dieser burleske Roman spielt im Ungarn des 15. Jahrhunderts zur Zeit der Türkenkriege. König Michael Szilági empfängt eine Gruppe von Frauen aus dem Dorf Szelistye, die eine ungewöhnliche Bitte an ihn haben: Da der König ihnen ihre Männer genommen habe, die im Kampf gegen die Türken gefallen sind, soll er ihnen gefälligst neue geben. Amüsiert verspricht er es ihnen. Bald darauf wird er von seinem Neffen Matthias gefangen genommen und abgesetzt. Doch der junge König will das Versprechen seines Onkels einlösen. Aber woher die Männer für die nicht gerade hübschen und schon etwas älteren Frauen hernehmen? Als es darum geht, die Frauen in Empfang zu nehmen, beschließt der König, die Welt für einen Tag auf den Kopf zu stellen; der Hofnarr wird König, der König wird Diener. Eine turbulente und höchst vergnüglich zu lesende Kette von Ereignissen setzt ein.-

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Alexander von Sacher-Masoch

Die Maskerade des jungen Königs

Roman

Saga

I

Herr Szilágyi in Fogaras

Über Szelistye steht im Ortsverzeichnis des früheren Ungarn zu lesen: „Szelistye, im Komitat Szeben, Gemeinde Szelistye, 3750 Seelen, 1964 Häuser, Gerichtsbarkeit Grossvardein, Eisenbahn, Telegraph, Bienenzucht, Post.“

Vor fünfeinhalb Jahrhunderten, unter der Regierung des Gouverneurs, Sr. Gnaden, Herrn Michael Szilágyi, hätte man über Szelistye noch nicht soviel vermerken können. Damals war die Einwohnerzahl geringer, es gab keine Eisenbahn, keinen Telegraphen, keine Bienenkörbe und keine Post. Unter allen diesen aufgezählten Gütern jedoch ist keines vermerkt, das damals fehlte, und das Ortsverzeichnis unterrichtet uns nicht über das Wertvollste, das die Ortschaft besitzt.

Zu jener Zeit war der alte Michael Doczi Oberhaupt des Komitates Szeben, ein früherer Getreuer Johann Hunyadys, des großen Türkenbezwingers. Er war sein Gewährsmann und Burgkapitän, der auch als Burggraf von Szeben stets für seinen Lehnsherrn sorgte, indem er für seine Armee Soldaten warb. Er sandte ihm Männer, die er in der Umgebung gesammelt oder aus seinen eigenen Besitzungen gedungen hatte, wo es kräftige, gutgebaute Walachenburschen gab. Johann Hunyady brauchte nur einen Boten zu senden: „Noch tausend Mann, Michael!“, und er stellte die tausend. Denn der Papst benötigte damals viel Blut. Seine Heiligkeit unterstützte nämlich jene Kriege, und um ein Faß Türkenblut zu vergießen, brauchte es ein halbes Faß an Christenblut. Der Papst war der Meinung, dies sei ein gutes Geschäft für Gott. Was Gott von diesem Geschäft hielt, weiß ich nicht.

Es ist jedoch gewiß, daß dieses viele vergossene Blut nichts Positives für die Welt ergab, es sei denn das eine, daß seither in allen christlichen Kirchen der Welt um 12 Uhr mittags die Glocken geläutet werden, so wie es der Papst damals zur Erinnerung an den Sieg über die Türken bei Nándorfejérvár verordnete.

Fürwahr, es muß gesagt sein, daß aus diesen Kämpfen und Kriegen nicht viel Gutes entstand. Von den unsichtbaren Gütern kann ich freilich keine Rechenschaft ablegen, denn die sind Geheimnisse Gottes. Es ist ja so, daß, um ein Beispiel zu geben, auch die Geschichte, die ich hier erzählen will, sich ohne jene Kriege nicht hätte ereignen können.

Es begann damit, daß der Regent Michael Szilágyi, der Onkel des späteren Königs von Ungarn, Matthias Rex, im Herbst 1458 mit seinem großen und glänzenden Gefolge als Gast des Vojvoden in Fogaras Aufenthalt nahm.

Es war nämlich üblich, Fogaras als Bannerschaft den Vojvoden Südostungarns zum Lehen zu geben, und Ungarns Könige taten dies mit der Bedingung bewaffneter Hilfe gegen die Türken. Im allgemeinen war der Staat früher anders. Damals zeigte er seine Macht, indem er anderen soviel als möglich gab, während er heute seinen Wert dadurch zu beweisen trachtet, anderen soviel als möglich zu nehmen. Es ist schwer zu entscheiden, welches die bessere Methode ist. Denn auch damals schimpften alle über den Staat wie heute.

Szilágyi befand sich in jenem Frühherbst, wie erwähnt, in der Burg von Fogaras, und ihm zu Ehren gab es tüchtige Gemsjagden im Gebirge, über die der Schreiber Balthasar blumenreiche Berichte in lateinischer Sprache verfaßte. Es war eine herrliche wild- und forellenreiche Gegend. Die Wildschweine kamen damals in Rudeln aus dem Gebirge und verwüsteten die Äcker der Bauern, die Gemsen allerdings hielten sich in den Latschen der Grate, und wer sie erreichen wollte, mußte hinauf bis zur Teufelsschlucht der Nordwand des Nego-Gebirges.

An manchen Tagen verstummten die Jagdhörner, und das Wild ruhte in seinen Schlupfwinkeln aus. An diesen Tagen veranstaltete der Vojvode zur Abwechslung rauschende Feste zu Ehren des Regenten Szilágyi. Sie galten ihm als Oheim des jungen Königs, dem er die Krone verschafft hatte, als auch seiner Eigenschaft als Despot, der alle Macht in seiner Hand vereinigte.

Er kümmerte sich nicht allzuviel um die Gerechtigkeit, aber im Grunde war er ein guter Mensch, weichherzig, wenn auch nicht ohne Jähzorn. Die Art und Weise seiner Regentschaft spiegelte seinen trotzigen, gewalttätigen Charakter, eine gewisse Eitelkeit und Großmannssucht, aber auch viel Staatsklugheit.

Auch während der Festlichkeiten vergaß er die Regierungspflichten nicht, ging am frühen Morgen zur Messe, empfing Bittsteller und Deputationen, hörte sich die Nachrichten der Kuriere aus Ofen an und übermittelte ihnen seine Befehle. Damals bestanden die Regierungsgeschäfte noch nicht nur daraus, ständig seinen Namenszug unter Akten zu setzen; die Tätigkeit eines Regenten wurde oft durch heitere Episoden unterbrochen.

So meldete eines Tages der Haushofmeister, Benedikt Sandor, daß sich noch eine Deputation von Frauen im Vorraum befinde.

„Was sind es für Frauen?“ fragte der Regent.

„Sie kommen aus Szelistye“, erwiderte der Haushofmeister.

„Wo liegt dieses Szelistye?“

„Auf meinen Gütern“, bemerkte der junge Georg Dóczy, der erst vor kurzem zum Obergespan von Szeben ernannt worden war. Der junge Magnat war schwarz gekleidet, weil er seinen zu Pfingsten verstorbenen Vater betrauerte. Er nahm mit mehreren Edelleuten an diesem Empfang teil.

„Lassen Sie sie eintreten“, bemerkte der Regent. „Wir wollen sie schon darum gerne anhören, weil sie Leibeigene unseres Vetters Dóczy sind.“

In der Türe tauchten etwa zehn walachische Frauen auf, knochige, breithüftige Gestalten, festlich gekleidet, in reichgestickten Hemden, mit bunten Stirnbinden und Schürzen geschmückt. Sie waren weder sehr hübsch noch sehr jung, sondern, wie Paul Bánffy bemerkte, „besser als gar nichts in Zeiten der Not“.

Die eine, vermutlich die Älteste, namens Marjunka, trat vor den Regenten hin, ließ sich auf die Knie nieder, und dann sprudelten die Worte nur so hervor, freilich walachisch.

Der Regent hörte mit verschränkten Armen geduldig zu; schließlich wurde es ihm doch zuviel, und er befahl dem Haushofmeister:

„Machen Sie, daß sie endlich schweigt, und sagen Sie mir, was sie will und was sie gebracht hat?“

Damals war es üblich, daß Deputationen auch etwas brachten. Freilich, wenn es sich um einen so großen Herrn handelte, mußte es etwas nicht Alltägliches sein: ein Lamm mit zwei Köpfen, oder eine antike Vase, die man beim Pflügen im Acker entdeckt hatte, ein riesengroßer Maiskolben, mit einem Wort, irgend etwas Besonderes.

„Steh auf, unvernünftiges Weibsbild! Und kein Wort mehr!“ knurrte der Haushofmeister Marjunka an, dann wandte er sich an den Regenten.

„Die Frauen haben nichts gebracht; sie wollen etwas.“

„Was?“

„Sie bitten Euer Gnaden, ihnen Männer zu geben.“

„Ja, sind sie verrückt geworden?“ ereiferte sich der Regent.

„Sie sagen, solange sie welche hatten, seien sie dem König gegenüber nicht geizig gewesen, wenn er immer wieder um neue Soldaten bat, und es gebe in Szelistye nicht einmal mehr mannbare Jünglinge. Das Dorf sei nur noch von Frauen bewohnt. Die letzten Männer seien der Pope und der Glöckner, aber auch diese beiden stünden bereits mit einem Fuß im Grabe. Sie sagen, sie hätten ihre Männer dem König nur geliehen, und nun sollen Euer Gnaden sie ihnen zurückgeben. Falls es sie nicht mehr gebe und sie auf den Schlachtfeldern geblieben seien, dann wollten sie eben Ersatz, denn eine Hand wasche die andere, und wenn der König auch weiterhin Soldaten aus Szelistye brauche, dann müßten diese erst einmal geboren werden, und aus diesem Grunde ...“

Laut lachend unterbrach Szilágyi diesen Erguß.

„Aber nein! Ja, was denn nicht noch alles! Nun freilich ... (Und er lachte wieder, daß ihm die Tränen kamen.) Männer brauchen sie. Das ist lustig! Und das sind alles deine Frauen, Georg? Wo bist du denn?! Du wirst dich doch nicht verstecken? Melde dich, Dóczy!“

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