Epstein managte die Fab Four bis zu seinem Tod am 27. August 1967 und ebnete ihnen den Weg an die Weltspitze des Pop – aber was war sein Geheimnis? Wie gelang es ihm, vier Teddyboys aus Liverpool derartig berühmt zu machen? Das alles schildert Brian Epstein in diesem Buch. Dabei spricht er auch ganz offen über seine Schwächen und seine Fehler – schließlich war er kein ausgebuffter Profi, sondern zu Anfang in erster Linie ein begeisterter Fan, der alles daransetzte, die Musik, die er selbst liebte, einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Und als dann die Beatlemania ausbrach, war niemand näher dran als Epstein.
Leider endet diese Autobiografie im Oktober 1964, über die letzten drei Jahre im Leben von Brian Epstein haben wir von ihm selbst leider keinen Bericht. Es müssen sehr schwierige Jahre gewesen sein, Depressionen, Medikamente, auch eine gewisse Einsamkeit auf dem Gipfel des Ruhms. Hier sind wir auf Berichte anderer angewiesen. Hunter Davies, Kolumnist der Sunday Times, schloss 1966 einen Exklusiv-Vertrag mit den Beatles. Er arbeitete in der Folge achtzehn Monate lang mit ihnen gemeinsam an dieser einzigen von ihnen selbst autorisierten Biografie, die weltweit zum Bestseller wurde. Das Buch von Hunter Davies bleibt die einzige offizielle Version und zeichnet bis ins kleinste Detail die Welt nach, in der sich die Beatles damals bewegten(„The Beatles. Die einzige autorisierte Biografie“, Hannibal Verlag, 2011).
Immer wieder gab es Gerüchte über die angebliche Homosexualität von Brian Epstein. Es gab aber nie ein wirkliches Outing. Am ehesten deutet noch der Song „You’ve Got To Hide Your Love Away“ von John Lennon in diese Richtung. Lennon hat aber stets bestritten, mit Epstein ein Verhältnis gehabt zu haben.
Als Brian Epstein am 27. August 1967 in London an einer Überdosis Schlaftabletten starb, waren die Beatles gerade in Bangor (Wales), wohin sie Maharishi Mahesh Yogi gefolgt waren. Filmaufnahmen zeigen, wie fassungslos die Beatles die traurige Nachricht aufnahmen. Ohne Brian Epstein verloren sie nun den Halt, stürzten sich in wirtschaftliche Abenteuer und zerstritten sich darüber, wer nun das Management übernehmen solle. Es war ein Wendepunkt in der Geschichte der Beatles, der Anfang vom Ende.
Brian Epstein hatte die Beatles mit Beharrlichkeit und Ausdauer zum Gipfel geführt. Eine Erfolgsgeschichte ohne Beispiel. Dann aber wurde Epstein zu einer tragischen Figur.
Aber genug der Vorrede: Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre, verfasst von einem Zeitzeugen, der so nah dran war an der Beatlemania wie sonst niemand!
Eckhard Schwettmann, im September 2014
Beim Durchsehen der Druckfahnen wurde mir bewusst, dass man mich sicherlich fragen würde, wieso ich mir in meinem viel beschäftigten Leben die Zeit nahm, mit nicht einmal dreißig Jahren meine Autobiografie zu schreiben, anstatt mich um die Geschicke meiner Künstler zu kümmern, die ich unter Vertrag genommen habe. Wie bei jeder Frage dieser Art gibt es auch darauf nicht nur eine, sondern viele Antworten. Aber der Hauptgrund ist schlicht und einfach der, dass ich möglichst früh dokumentieren möchte, wie ich den Aufstieg der Beatles und anderer Künstler aus meinem Blickwinkel erlebte. Es wurde so viel übertrieben, ungenau oder überzogen dargestellt, und ich glaube, dass eine detaillierte Schilderung aus erster Hand durchaus hilfreich sein und zudem auf beträchtliches öffentliches Interesse stoßen könnte.
So oder so, mir hat das Schreiben Spaß gemacht, und manchmal denke ich: Genau das ist die Quelle eines jeden schöpferischen Prozesses, sei es nun ein Buch, eine Schallplatte oder ein Konzert.
Gestern Nacht kehrte ich von einem hektischen Zweiundsiebzig-Stunden-Trip aus New York zurück. Anschließend kümmerte ich mich um die letzten Details der anstehenden US-Tournee der Beatles und arrangierte für Gerry And The Pacemakers und Billy J. Kramer und seine Dakotas eine weitere für den Herbst. Und ich beschäftigte mich mit einem Unterfangen, das vielleicht zum bisher aufregendsten Schwerpunkt meiner Management-Karriere werden könnte, den Cabaret-Auftritten von Cilla Black in Washington und New York.
Natürlich kann es durchaus sein, dass mich jetzt, nachdem ich in diesem Buch so stolz von den vielen Erfolgen der Vergangenheit berichtet habe, mein Glück verlassen wird. Falls ja, dann wird es eben so sein. Dann würde ich trotzdem meine ganze Kraft darauf verwenden, dass die Karriere meiner Künstler weitergeht, solange sie möchten, dass ich für sie tätig bin.
An dieser Stelle möchte ich gern noch darauf hinweisen, dass dieses Buch nicht hätte geschrieben werden können ohne die Unterstützung der folgenden Menschen, bei denen ich mich hiermit herzlich bedanken möchte:
- meine Mutter, mein Vater und mein Bruder
- alle Künstler, die ich als Manager vertrete
- die jungen Menschen von der Merseyside.
Und zu guter Letzt gilt mein Dank Derek Taylor, dessen professionelle Erfahrung und Hilfe bei der Vorbereitung dieses Buches für mich unschätzbar wertvoll waren.
Brian Epstein,
Belgravia, London, im August 1964
Am 28. Oktober 1961, gegen drei Uhr nachmittags, betrat der achtzehnjährige Raymond Jones in Jeans und mit schwarzer Lederjacke einen Plattenladen am Whitechapel, einer Straße in Liverpool, und sagte: „Ich hätte gern eine Platte – sie heißt ‚My Bonnie‘ und wurde in Deutschland aufgenommen. Haben Sie die?“
Hinter dem Tresen stand Brian Epstein, 27, der Leiter der Filiale. Er schüttelte den Kopf.
„Von wem ist denn diese Platte?“, fragte er.
„Von denen haben Sie bestimmt noch nie was gehört“, sagte Jones. „Die Gruppe nennt sich The Beatles …“
Am 7. Februar 1964 eroberte eine Gruppe junger Musiker, die Noten weder lesen noch schreiben konnten, die Vereinigten Staaten von Amerika. Und da das Herz der Popmusik nun einmal in den USA schlägt, regierten die Beatles ab sofort die Welt des Pop.
Jetzt, im Mai dieses Jahres, haben sie sich zu einem weltweiten Phänomen entwickelt, wie man es noch nie erlebt hat und wohl auch nie wieder erleben wird. Wenn es je einen Wendepunkt in ihrer Karriere gab, ein besonderes Datum, das für ihre Entwicklung und ihre Zukunft von entscheidender Bedeutung war, dann war es ganz sicher jener Tag, an dem ihr Pan-American-Clipper am John F. Kennedy Airport von New York aufsetzte und ihnen ein Empfang zuteil wurde, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hatte.
Welche Aufregung und Dramatik sich an diesem Tag abspielte und wie groß das Interesse an der Ankunft dieser vier langhaarigen Jungs auf amerikanischem Boden war, hatte niemand vorausahnen können – ich zumindest nicht, obwohl ich stets mit unerschütterlichem Optimismus an die Band geglaubt hatte.
Angefangen hatte der ganze Irrsinn an einem Abend Anfang Februar in Paris, als uns ein Telegramm aus New York erreichte, das die schlichte Nachricht übermittelte: „Beatles mit ‚I Want To Hold Your Hand‘ Nummer 1 der Cashbox Record Charts, New York“. Wir konnten es gar nicht glauben. Jahrelang hatten die Beatles wie alle anderen britischen Künstler mit einem leichten Anflug von Neid aus der Ferne auf die amerikanischen Charts geschielt. Die dortigen Hitlisten stellten etwas Unerreichbares dar. Nur Musiker aus dem eigenen Land fanden in den USA Berücksichtigung. Allerdings war mir damals schon klar: Wenn es je eine Platte geben würde, die sich in den USA verkaufen und den Beatles den Weg zum Erfolg ebnen konnte, dann war das „I Want To Hold Your Hand“.
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