Lisz Hirn
Warum die konservative Wendefür Frauen gefährlich ist
STYRIA
BUCHVERLAGE
© 2019 by Molden Verlag
in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG
Wien – Graz
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN 978-3-990-40510-9
Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop www.styriabooks.at
Covergestaltung: Emanuel Mauthe
Coverabbildung: gettyimages/CSA-Printstock
Buchgestaltung und Satz: KettnerVogl – Grafik Design
Lektorat und Projektleitung: Elisabeth Wagner
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2019
FÜR THEO
COVER
TITLE Lisz Hirn Warum die konservative Wende für Frauen gefährlich ist
IMPRESSUM STYRIA BUCHVERLAGE © 2019 by Molden Verlag in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co KG Wien – Graz Alle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-990-40510-9 Bücher aus der Verlagsgruppe Styria gibt es in jeder Buchhandlung und im Online-Shop www.styriabooks.at Covergestaltung: Emanuel Mauthe Coverabbildung: gettyimages/CSA-Printstock Buchgestaltung und Satz: KettnerVogl – Grafik Design Lektorat und Projektleitung: Elisabeth Wagner E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2019
VORSPIEL: BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER
Alles beginnt scheinbar harmlos: Die »Biedermanns« holen sich aus falscher Höflichkeit die ungebetenen Gäste ins Haus, die sich wenig später als die Brandstifter herausstellen, die ihren Untergang besiegeln.
DIE KONSERVATIVE OFFENSIVE
Die Konservativen haben kein Interesse an emanzipierten Frauen oder Männern. Sie propagieren ein Familienideal der 1950er-Jahre. Am meisten verlieren die Frauen.
DAS UNGLEICHE GESCHLECHT
Männer und Frauen sind nicht gleich, aber angeblich gleichberechtigt. Wieso sind es dann die Frauen, die weniger verdienen, mehr kostenlose Arbeit verrichten und unter dem Risiko der Altersarmut leiden? Frau sein in Österreich heißt, aus Prinzip strukturell diskriminiert zu werden.
DIE QUAL DER WAHL
Die Generation der 30- bis 40-Jährigen hat nur auf dem Papier die freie Wahl. Die Realität sieht anders aus: Doppel- und Mehrfachbelastungen führen dazu, dass sich »die Generation der unendlichen Möglichkeiten« mit der Ungleichheit arrangiert hat und die »Rückkehr zur Natur« ersehnt.
DIE KONTROLLIERTE GEBÄRMUTTER
Unser konservatives Mutterbild verhindert beharrlich die Gleichheit der Geschlechter. Kein Wunder, dass sich an der niedrigen Gebärstatistik kaum etwas ändert. Verhütung und Abtreibung werden als moralische Angelegenheiten behandelt: Denn wer die Fortpflanzung kontrolliert, kontrolliert auch die Frauen.
BLUT, BURKA UND BEKENNTNIS
Nicht nur importierte Frauenbilder tabuisieren den weiblichen Körper und klassifizieren Frauen als defizitär. Auch längst überholt geglaubte Vorurteile aus Wissenschaft und Religion tragen dazu bei. Sowohl Linke als auch Rechte möchten Frauen befreien – indem sie ihnen ihre jeweilige Vorstellung von Freiheit aufzwingen.
DER BEFREITE MANN
Alle Emanzipationsbewegungen sind bisher gescheitert. Vor allem, weil sie es nicht geschafft haben, ein verbindliches Ethos der Geschlechter zu schaffen. Auch wenn es wehtut: Emanzipation kann nur nachhaltig gelingen, wenn sich mit den Frauen auch die Männer emanzipieren.
TESTEN SIE SICH
Für Männer: Sind Sie ein Biedermann? Für Frauen: Stecken Sie in der Retrofalle? Etwas Selbsterkenntnis zum Ausklang: garantiert wissenschaftlich nicht fundiert.
DANKSAGUNG
ANMERKUNGEN
QUELLEN
DIE AUTORIN
VORSPIEL: BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER
Der, um zu wissen, was droht, Zeitungen liest, Täglich zum Frühstück entrüstet Über ein fernes Ereignis, Täglich beliefert mit Deutung, Die ihm das eigene Sinnen erspart, Täglich erfahrend, was gestern geschah, Schwerlich durchschaut er, was eben geschieht Unter dem eigenen Dach.
MAX FRISCH,
Biedermann und die Brandstifter
AM ANFANGdieses Buches steht eine Geschichte, die wohl jeder aus dem Deutschunterricht kennt. Es ist die Geschichte von Herrn Biedermann, der mit seiner Frau in einem schönen Haus lebt. Er verdient so viel, dass sie nicht arbeiten gehen muss. Beide fühlen sich in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das Einzige, was das Paar beunruhigt, ist eine ungeklärte Brandserie, die in der Stadt wütet. Dann passiert etwas, womit sie nicht gerechnet haben: Die vermeintlichen Brandstifter klopfen auch an ihre Tür und – siehe da – werden auch eingelassen.
Statt sich gegen die offensichtlichen Brandstifter zu wenden, Behörden und Nachbarn zu alarmieren, versuchen Herr und Frau Biedermann, sich mit diesen gut zu stellen. Sie hoffen bis zuletzt, dass sie dadurch von den Brandstiftern verschont bleiben. Was sie dabei übersehen, ist das, was ihnen einer der Brandstifter, Herr Eisenring, selbst offenbart hat: »Scherz ist die drittbeste Tarnung. Die zweitbeste: Sentimentalität. … Aber die beste und sicherste Tarnung (finde ich) ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Komischerweise. Das glaubt niemand.« 1Das Lehrstück ohne Lehre endet, wie es enden musste: Nicht nur Biedermanns Haus fliegt in die Luft, sondern dank ihrer opportunistischen Gutmütigkeit und Einfalt auch alle Häuser rundherum.
Max Frisch zeigt in »Biedermann und die Brandstifter«, was die Ursache des Verderbens zwischen einzelnen Personen und der Gemeinschaft ist. Nämlich eine biedere Geisteshaltung, die verkennt, dass es nicht um die Entlarvung von Lüge und Manipulation geht, sondern um Mitläufertum und Opportunismus, die sich wehrlos gegenüber Verbrechern gibt, die sich überhaupt nicht tarnen, sondern die unverblümt sagen, was sie wirklich wollen. Die Ereignisse der letzten Jahre, sowohl in Österreich als auch in Deutschland, haben einem Konservatismus den Weg geebnet, der als politische Strömung lange in der Versenkung verschwunden war. Niemand hätte sich vorher freiwillig als »konservativ« bezeichnen lassen.
Konservativ galt als Synonym für veraltet und gänzlich unzeitgemäß. Erst die jüngste Zeit machte es schick, sich »neokonservativ« zu nennen.
Als in Österreich Sebastian Kurz 2017 mit seiner »neuen ÖVP« antrat, um das Konservative wieder salonfähig zu machen, gab ihm der Wahlerfolg recht und führte zur »türkis-blauen« Regierung mit der FPÖ. Aber auch in Deutschland rufen Personen mit auffallend konservativer Einstellung nach der »bürgerlichen Wende«. Alexander Dobrindt, der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, fordert sie in seinem programmatischen Papier für Deutschland ein. Seiner Meinung nach müsse 50 Jahre nach 1968 »endlich klar« sein, dass Deutschland »nie links war, sondern immer bürgerlich«. 2Die »linke Meinungsvorherrschaft« solle endlich gebrochen werden und damit die Kritik von gesellschaftlichen Ungleichheiten. Diese »neuen« Konservativen vertreten also ein Weltbild, in dem nicht nur die Frauen, aber vor allem wieder die Frauen verlieren werden. Denn eine dieser unüberbrückbaren Ungleichheiten, die diese Männer (und merkwürdigerweise auch Frauen) verkünden, ist die zwischen den Geschlechtern.
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