Niklaus Meienberg - Das eigene Leben

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Sie machten Furore, die Reportagen Meienbergs, erregten Aufsehen, wurden viel gelesen und diskutiert. Sie waren genau recherchiert, dramaturgisch sorgfältig gebaut und brillant geschrieben, ihr streitlustiges Engagement fuhr wie ein frischer Wind in den prätentiös-bildungsbürgerlichen Mief der Feuilletons, und viele von ihnen haben ihre Frische bis heute bewahrt.
Der Inhalt dieses E-Books entspricht dem Kapitel «Das eigene Leben» aus Band 1 der Reportagen. Es enthält:
Aufenthalt in St.Gallen (670 m ü.M.). Eine Reportage aus der Kindheit / Wach auf du schönes Vögelein / O du weisse Arche am Rande des Gebirges! (1133 m ü.M.) / 250 West 57th Street / Memoiren eines Chauffeurs / Die Enttäuschung des Fichierten über seine Fiche / Diese bestürzende, gewaltsame, abrupte Lust / Der souveräne Körper – ein veräusserliches Menschenrecht

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Er ist dann auch in der dritten Klasse sitzengeblieben. Der Lehrer war kein Tyrann, nur sehr ordentlich, er galt als Reform-Lehrer, hatte viele neue pädagogische Ideen, Tatzen haben wir selten bekommen. Bei ihm haben wir auch gelernt, dass man die Tätigkeit des Scheissens nicht Scheissen nennen darf, sondern: ein Geschäft machen, äs Gschäft, auch seichen durften wir nicht mehr, sondern nur noch brünzeln oder brünnele. Sehr jung haben wir gelernt in St.Fiden-St. Gallen, dass ein Geschäft etwas Selbstloses ist, man gibt das Liebste her, das man hat, und verspürt Erleichterung dabei. Oder war damit etwas Schmutziges, aber Naturnotwendiges gemeint? Jedenfalls war Geben und nicht Nehmen gemeint. Rolf Ehrenzeller, der Sohn des Tramkondukteurs, und Seppli Allenspach haben weiterhin geschissen bis weit in die dritte Klasse hinauf, vielleicht machen sie auch heute noch keine Geschäfte, sie hatten Schwierigkeiten mit der neuen Sprache, durften die altvertraute Tätigkeit plötzlich nicht mehr beim Namen nennen. Dem Lehrer Tagwerker bin ich viel später einmal im Trolleybus begegnet und habe ihm seine Krawatte öffentlich straffgezogen, die mir unordentlich gebunden schien. Da wurde er ganz blass in seinem zeitlosen Gesicht, das unverändert in die Welt hinaus glänzt.

Wenn man vom Vaterhaus weg in den Süden geht, kommt man über eine lange Stiege zur Speicherstrasse, die ins Appenzellische führt, hat einen weiten Ausblick über den Bodensee bis ans deutsche Ufer. Zuerst eine Anstrengung auf der langen Stiege, dann der schöne Weitblick. Der Vater nannte das einen lohnenden Spaziergang. Ich war etwa vier Jahre alt, da haben sich die St.Galler in lauen Kriegsnächten dort oben versammelt und nach Friedrichshafen geglotzt, wo ein Feuerwerk abgebrannt wurde bei den Dornier-Flugzeugwerken. Mir schien dort drüben ein besonders lohnender Erstaugust gefeiert zu werden, Geräusche wie von Raketen und Knallfröschen und ein Feuer wie das Bundesfeuer auf dem Freudenberg, manchmal bebte auch die Erde wie beim Vorbeifahren der Speicherbahn, und lustige Feuergarben und Leuchtkugeln standen am süddeutschen Himmel, und über unsern Köpfen war ein dumpfes Rollen, ein Tram fuhr den Himmel entlang. Am nächsten Sonntag predigte der Vikar Hugenmatter in der Kirche von St.Fiden, der sanfte Hugenmatter mit den Haselnussaugen und dem welligen Haar, nahm Bezug auf den Feuerschein, sagte, der hl. Landesvater Bruder Klaus habe die Heimat wieder einmal gnädig behütet, nach der Predigt singen wir das Lied: «O Zier der Heimat Bruder Klaus o Vorbild aller Eidgenossen.» Seit dieser Zeit hat der Vater eine Abneigung gegen die Schwaben gehabt, die er in zwei Aktivdiensten bekämpfte, zuletzt als Brückenwache in Gonten/ai. Der Gefreite Alois M. hat seine militärischen Effekten immer in einwandfreiem Zustand gehalten, die Schwaben sind dann auch wirklich nicht bis nach St. Gallen vorgedrungen, dieser Hitler, der dank dem Frauenstimmrecht an die Macht gekommen ist, wie der Vater immer mit einem triumphierenden Lächeln zur Mutter sagte, wenn die Rede aufs Frauenstimmrecht kam oder auf Hitler. Nachdem der Abwehrkampf nach aussen erfolgreich verlaufen war und die Deutschen 15 km vor St. Gallen gestoppt werden konnten, auf der Linie Buchs–St. Margrethen–Rorschach, hat es der Vater sehr empfunden, dass ich ihm lange nach Kriegsende eine Deutsche in die Familie einschleppte, die Byrgit aus Hamburg, die ich vor der Verlobung, die dann nicht zustande kam, einige Tage in St. Gallen akklimatisieren wollte. Aber obwohl Byrgit grosses Interesse für seine Uhren entwickelte, hat der Vater all die Tage kaum ein Wort mit ihr gewechselt. Ich habe damals nicht viel gehabt von der Byrgit und ihren Zitterbrüsten, ihren steifen Wärzchen und flaumig-schwäbischen Schenkeln, wir wurden getrennt untergebracht im ersten und im dritten Stock, der Vater wollte den Lustgarten nur auf Zifferblättern dulden. Es war ein bitterkalter Winter, und wir versuchten auf einen Heustock auszuweichen ins Appenzellische hinauf, verkrochen uns in einen Stall in der Nähe von Trogen, wo damals die Maul-und-Klauen-Seuche herrschte, und alle Ställe mit einem Sägemehlkreis umgeben waren, zum Zeichen, dass man nicht eindringen dürfe wegen Ansteckungsgefahr. Aber wir durchbrachen den Sägemehlkreis, bestiegen den Heustock, schälten uns aus den Kleidern, die Halme stachen ins Fleisch, wegen der Kälte ging es zuerst nicht richtig, als ich endlich in die Byrgit eindringen konnte, tönte ein Hundegebell vor dem Stall, knarrend ging die Tür auf, und ein Appenzeller-Bauer mit seinem Bläss rief: Was treibt ihr dort oben? Die Kleider zusammenraffend, sagte ich: Wir machen ein Picknick, es ist kalt draussen. Der Bauer eskortierte uns auf den Polizeiposten nach Trogen, wo die Personalien überprüft und wir auf die Symptome der Maul- und-Klauen-Seuche aufmerksam gemacht wurden, die wir vielleicht jetzt mit uns herumtrügen. Wer weiss, sagte der Kantonspolizist, denn sie sei auch auf Menschen übertragbar.

St. Gallen und sein Hinterland, Gallen- und Nierenstadt, eine Gegend, wo die Liebe reglementiert war und die Blasen reguliert wurden und die Eingeborenen den wöchentlich einmal stattfindenden Geschlechtsverkehr mörgele nannten. Dieser fand im allgemeinen am Sonntagmorgen früh statt. Die Woche über war die Liebe zugunsten der Geschäfte unterdrückt, die Stickereiblüte war mit werktäglichem mörgele nicht vereinbar. Die Liebe überall zurückgebunden, sogar im Freudenbergwald sah ich die St.Galler immer nur spazieren. Die Lust hatte sich in Ortsbezeichnungen hineingeflüchtet, und dort bleibt sie auch, Lustmühle, Nest, Freudenberg. Der Freudenberg hat seinen Namen von der Freude, welche die spazierenden St.Galler empfinden, wenn sie auf den gegenüberliegenden Rosenberg blicken, der herrschaftlich überbaut ist durch die Residenzen der reichen Mitbürger, die es durch ihre Tüchtigkeit zu einer Villa gebracht haben, während es die meisten St.Galler nur zu einem lohnenden Spaziergang bringen, etwa durch das Tal der Demut zum Wenigerweiher. Sie konnten auch aufblicken zur Handelshochschule, welche den Rosenberg krönend abschliesst, oder den Blick verweilen lassen in der Niederung bei der Strafanstalt St. Jakob, welche den Rosenberg unten säumt. Soweit ich mich zurückerinnern kann, hat man in St. Gallen das Gefängnis nie Gefängnis genannt, sondern immer: Strafanstalt. Nur die Grossmutter, die im ländlichen Thurgau aufgewachsen war und sich nicht gerade genierte, sprach in ihrer unkultivierten Art vom «Chäfig».

Spazieren, bewundern, aufschauen, Erholung für das Volk: spazierend am Sonntag den Reichtum der Reichen betrachten, welchen es werktags geschaffen hatte. Monumente bewundern, über den Klosterplatz, der ins Sonntagnachmittagslicht gebadet war, Sonnenschein am Boden sehen wir und trockenen Staub, nicht jeder kann eine Villa haben, hatten sie in der Schule gelernt, es muss auch Strassenputzer geben, wohin geht sonst der Staub und das Fettpapier, es gibt keine schmutzigen Berufe, und jeder Beruf hat seinen Stolz, lieber ein guter Strassenwischer als ein schlechter Doktor. Sie hatten es nie andersherum gehört: lieber ein guter Doktor als ein schlechter Strassenputzer. Bald aber wird, wie ein Hund, umgehn in der Hitze meine Stimme auf den Gassen. Hat einer gewohnt in der Nähe von St. Gallen, war Hauslehrer in Hauptwil im Landhaus eines sanktgallischen Industriellen, mit einem Strassenputzerlohn, nur zehn Kilometer nördlich im Thurgau, gehörte zur Dienerschaft, kam dem Industriellen billig zu stehen, ass am Katzentisch, hiess Hölderlin Friedrich. Rauscht so um der Türme Kronen/Sanfter Schwalben Geschrei. Wer die Primarschule überlebt hatte, nicht sitzengeblieben und nicht in die Förderklasse oder die siebte Klasse gekommen war, wurde, wenn er nicht ein katholischer St.Galler war, normalerweise im Schatten der Klostertürme versorgt, wo die Kath. Sekundarschule liegt, gleich neben der Sparkasse des Kath. Administrationsrates, Mädchen und Buben getrennt, nur in der Schulmesse und für den Lateinunterricht im gleichen Raum. Latein durfte nehmen, wer für einen höheren Bildungsgang vorgesehen war, und das waren zu meiner Zeit wie durch Zufall oft solche, deren Väter auch schon Latein gehabt hatten. Gut so, da konnte der Vater bei den Lateinaufgaben helfen. Latein war ja sehr streng, da konnte man nur die Besten brauchen, es war auch sehr viel Wille verlangt für die fremdartigen Vokabeln, ein gutes Elternhaus zur Unterstützung des Schülerwillens war notwendig. Der Lateinlehrer wurde Präfekt genannt, da waren wir gleich ins alte Rom versetzt. War ein bleicher Kobold, spitz und bleich, hatte es auf der Galle, hatte viel aus den stalinistischen Schauprozessen gelernt, hatte wieder dieses zeitlos pergamentene Lehrergesicht, hatte schon nach der Schlacht von Bibracte den Helvetiern die a-Konjugation eingebläut. Der unvergessliche Präfekt! Nicht dass er ungerecht gewesen wäre, er bewertete streng nach Leistungen, ganz wie Stalin. Beim Zurückgeben der Lateinklausuren hatte er eine Art, seine Teilnahme zu steigern, je weiter die Noten sanken. Je schlechter die Leistung eines Zöglings war, desto genussvoller wurde sie besprochen, gegeisselt, wie ein amputiertes Organ kunstvoll präpariert und herumgezeigt, mit wonnigem Schmatzen ins rechte Licht gestellt. Es waren ungemein scharfsinnige Rezensionen, die uns das zapplige Priesterlein dort bereitete, und bald war der anfängliche Bestand an Lateinschülern auf die Hälfte zusammengeschrumpft. Da ich den Unterschied zwischen Akkusativ und Ablativ immer als pervers empfand und die reinen i-Stämme sitis turris puppis vis febris Neapolis Tiberis kaum von den unreinen unterscheiden konnte und überhaupt am römischen Getue wenig Freude empfand, hatte ich bald Anrecht auf die längsten und kunstvollsten Ansprachen des Präfekten, stand fortwährend als oberster akkreditierter Lateintrottel im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Davon bekam ich eine dicke Haut und hätte mich wohl klaglos mit den Geisselungen abgefunden, suum cuique, jedem das Seine, da ich das Latein nicht kapierte, musste ich von niederer Intelligenz sein und hatte die Kasteiungen verdient. Und hätte auch den Lateinunterricht längst quittiert, wäre er nicht in dieser Schule die einzige Möglichkeit gewesen, Cécile E. aus der Nähe zu betrachten, nachdem für alle übrigen Fächer eine strikte Geschlechtertrennung herrschte; in welche Cécile ich mich sehr verliebte. Vielleicht war es nicht nur die Person, sondern auch ihre hervorragenden Leistungen auf dem Lateinsektor, welche die Liebe erzeugten, die unerreichbaren Sechser und Fünf-bis-sechser, zu welchen ich bewundernd aufschauen konnte, denn ihre Leistungen waren monumental. Es war eine ausweglos-tragische Situation. Ging ich weiter ins Latein, so wurde ich regelmässig im Angesicht der still verehrten Cécile E., welcher meine Liebe nicht bekannt war, gedemütigt. Gab ich das Latein auf, so wurde mir der Anblick des sanften Mädchens entzogen. Es war ja damals noch nicht so, dass man sich in der Freizeit treffen, umarmen und lieben durfte, das war in jener Zeit auch den freisinnigen ausgewachsenen St.Gallern kaum gestattet, viel weniger noch den konservativen Halbwüchsigen. Blieb nur die Möglichkeit des stillen Verschmachtens während des Unterrichts, und nach dem Latein konnte man ihr durch den St.Galler Herbstnebel nachschleichen, sah die geliebten Konturen von weitem und ihren Atem in der harten Luft gefrieren. Bald stellte sich heraus, dass sie am Rosenberg wohnte, droben bei den Dichtern, welche die Reichen konfisziert hatten: Lessingstrasse, Hölderlinstrasse, Goethestrasse. Und es kam auch an den Tag, dass ihr Vater Direktor war in derselben Bank, wo mein Vater Prokurist war. Der Abstand zwischen ihrem Vater und meinem war so gross wie die Kluft zwischen meinen Lateinkenntnissen und den ihrigen. Ach, die ferne unerreichbare Cécile dort am Rosenberg, wo Geld, Latein, deutsche Dichter und höhere Töchter den Abhang besetzt halten! Eine ungeheure Gier und Hemmungslosigkeit wären nötig gewesen, um diese Schranke zu überspringen, ein grosser ungezügelter Appetit.

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