GABRIEL. Du Elender! Möge Gott dich hören und dich doppelt strafen, wenn du ihn lästerst …! Weg mit dir!
MÖRDER (auf dem Fenstersims). Ich heiße Giglio … Ich schulde dir mein Leben!
(Er springt los und verschwindet. Die Wache tritt ein und ergreift die beiden anderen, die zu fliehen versuchen.)
ASTOLPHE. Gut! Zu Diensten, die Herren Büttel! Sie kommen wie immer, wenn man Sie nicht mehr braucht! Schaffen Sie uns diese beiden Leichen weg; und Sie, Herr Wirt, lassen Sie die Tische aufrichten.
(Zu Gabriel, der sich eilig die Hände wäscht.)
Warum so eitel; es waren ehrenvolle Spuren, junger Held!
GABRIEL (sehr blass und kurz vor der Ohnmacht). Ich kann kein Blut sehen.
ASTOLPHE. Guter Gott! Im Gefecht hätte man das nicht gedacht! Lassen Sie mich diese kleine weiße Hand drücken, die kämpft wie die des Achilles!
GABRIEL (wischt sich die Hände mit einem reich bestickten Seidentaschentuch). Von Herzen gern, Herr Astolphe, kühnster aller Männer!
(Er drückt ihm die Hand.)
MARC (zu Gabriel). Gnädiger Herr, Sind Sie auch nicht verletzt?
ASTOLPHE. Gnädiger Herr? Tatsächlich, Sie gleichen ganz einem Prinzen. Tja, da Sie meinen Namen kennen, wissen Sie, dass ich aus gutem Hause bin und dass Sie mich unbescholten zu Ihren Freunden zählen dürfen.
(Sich an die Büttel wendend, die den Wirt befragt haben und vortreten, um ihn zu ergreifen.)
Nanu! Auf wen habt ihr es jetzt abgesehen, ihr Nachtvögel?
ANFÜHRER DER BÜTTEL. Herr Astolphe, Sie werden im Gefängnis warten, bis die Justiz diese Sache geklärt hat.
(Zu Gabriel.)
Mein Herr, bitte folgen mir auch Sie.
ASTOLPHE (lachend). Wie das: geklärt? Mir scheint, sie ist auch so schon sonnenklar. Über uns fallen Mörder her; sie waren fünf gegen drei, und da sie auf die Schwäche eines Greisen und eines Kindes rechneten … Aber das hier sind tapfere Gefährten … dieser junge Mann … Wirklich, Büttel, du solltest dich verbeugen. Und einstweilen, hier, für etwas zu trinken … Lass uns in Frieden …
(Er wühlt in seiner Tasche.)
Ach! Ich habe ganz vergessen, dass ich heute Abend meinen letzten Taler verloren habe … Aber morgen … wenn ich dich da in so einer Spelunke finde, zahle ich dich doppelt aus … hörst du? Dieser Herr ist ein Prinz … der Prinz von … der Neffe des Kardinals von …
(Dem Büttel ins Ohr:)
Der Bastard des letzten Papstes …
(Zu Gabriel.)
Stecken Sie ihnen drei Taler zu, und nennen Sie Ihren Namen.
GABRIEL (wirft ihnen seine Geldkatze zu). Fürst Gabriel de Bramante.
ASTOLPHE. Bramante! Mein Vetter! Bei Bacchus und dem Teufel! In unserer Familie gibt es keinen Bastard …
ANFÜHRER DER BÜTTEL (nimmt Gabriels Geldkatze und sieht fragend zum Wirt). Vorausgesetzt, Sie entschädigen den Wirt für die zerbrochenen Möbel und den vergossenen Wein … dann lässt sich das arrangieren … Wenn die Mörder vor Gericht stehen, werden die Herrschaften aussagen.
ASTOLPHE. Teufel noch mal! Es war schon Mühe genug, sie aufzuspießen … Ich will nichts mehr von ihnen hören.
(Leise zu Gabriel.)
Noch was für den Wirt, und wir sind fertig.
GABRIEL (eine zweite Geldkatze ziehend). Müssen wir also Polizei und Zeugen bestechen, als wären wir Verbrecher!
ASTOLPHE. Ja, das ist so üblich in dieser Gegend.
WIRT (lehnt Gabriels Geld ab). Nein, Euer Gnaden, ich mache mir keine Sorgen um den Schaden in meinem Haus. Ich weiß, Eure Hoheit werden mich großzügig entschädigen, und ich habe es nicht eilig. Doch Gerechtigkeit muss sein. Dieser Haudegen Astolphe soll verhaftet werden und im Gefängnis bleiben, bis er bezahlt hat, was er seit sechs Monaten bei mir anschreiben lässt. Auch reicht es mir, was für Gezänk und Lärm er hier jeden Abend mit seinen üblen Kumpanen anzettelt. Er hat mein Haus in Verruf gebracht … Immer geht der Streit von ihm aus, und ich bin sicher, dass er die Szene heute Abend provoziert hat …
EINER DER MÖRDER (geknebelt). Ja, ja; wir saßen da in aller Ruhe …
ASTOLPHE (mit Donnerstimme). Verkriech dich zurück unter die Erde, widerliches Ungeziefer!
(Zum Wirt.)
Ha! Das Haus des Herrn in Verruf gebracht!
(Er lacht lauthals.)
Der Spelunke des Herrn den Ruf befleckt! Eine Mördergrube … eine Räuberhöhle …
WIRT. Und was, Monsieur, wollten Sie dann in dieser Räuberhöhle?
ASTOLPHE. Das, was die Polizei nicht erledigt: die Welt von ein paar Mordbuben befreien.
ANFÜHRER DER BÜTTEL. Seigneur Astolphe, die Polizei tut sehr wohl ihre Arbeit.
ASTOLPHE. Wohl wahr, mein Herr – zum Beweis: Ohne unseren Mut und unsere Waffen wären wir hier eben gemeuchelt worden.
WIRT. Das ist noch aufzuklären. Und dafür haben wir die Justiz. Meine Herren, tun Sie Ihre Pflicht, oder ich erstatte Anzeige.
ANFÜHRER DER BÜTTEL (würdevoll). Die Polizei weiß, was sie zu tun hat. Herr Astolphe, mitkommen.
WIRT. Gegen diese edlen Herren habe ich nichts vorzubringen.
(Er zeigt auf Gabriel und Marc.)
GABRIEL (zu den Bütteln). Messieurs, ich folge Ihnen. Wenn es Ihre Pflicht ist, Seigneur Astolphe festzunehmen, so ist es meine Pflicht, mich ebenfalls in die Hände der Justiz zu begeben. Ich bin Komplize seiner Schandtat, wenn es eine Schandtat ist, sein Leben gegen Räuber zu verteidigen. Einer der Toten, die eben noch hier lagen, ist von meiner Hand gestorben.
ASTOLPHE. Tapferer Vetter!
WIRT. Sie, sein Vetter? Pfui! Wie unverschämt! Ein elender Schnorrer, der seine Schulden nicht zahlt!
GABRIEL. Still, mein Herr, die Schulden meines Vetters werden bezahlt. Morgen wird mein Verwalter hier vorstellig werden.
WIRT (mit einer Verbeugung). Sehr wohl, Euer Gnaden.
ASTOLPHE. Sie irren sich, Vetter, diese Schuld hier sollte mit Stockschlägen beglichen werden. Ich habe genügend andere, denen Sie den Vorrang hätten geben müssen.
GABRIEL. Sie werden alle beglichen werden.
ASTOLPHE. Mir scheint, ich träume … Sollte ich heute Morgen mein Gebet verrichtet haben? Oder hat meine fromme Mutter vielleicht eine Messe für mich lesen lassen?
ANFÜHRER DER BÜTTEL. In diesem Fall könnten die Dinge ins Lot kommen …
GABRIEL. Nein, mein Herr, die Justiz darf nicht das Nachsehen haben; führen Sie uns ins Gefängnis … Behalten Sie das Geld, und behandeln Sie uns gut.
ANFÜHRER DER BÜTTEL. Nach Ihnen, Euer Gnaden.
MARC (zu Gabriel). Meinen Sie das ernst? Ins Gefängnis, Sie, gnädiger Herr?
GABRIEL. Ja, ich möchte alles einmal gesehen haben.
MARC. Guter Gott! Was wird Seine Hoheit Ihr Großvater sagen?
GABRIEL. Er wird sagen, dass ich mich benehme wie ein Mann.
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