Das Problem mit der Magie ist in diesem Kontext jedoch, dass eine Sinnfindung, eine Lebenserklärung, die Frage nach dem „Warum-Überhaupt-Existenz“, sehr weit weg von der Religion führt. Die Religionen der Welt bieten hier zum Teil sehr einfache Erklärungen, sie bieten die Möglichkeit Wünsche, die primär dem Ego entspringen, zu erfüllen und einen moralischen und ethischen Kompass zu erschaffen, wobei hier natürlich die einzelne Religion stets DEN EINEN und DEN RICHTIGEN Kompass besitzt - natürlich als einzige Religion! Doch da Religionen letztendlich auch auf philosophischen Pfeilern stehen, wie auch auf politischen Pfeilern, ist es nicht immer einfach, hier die Religiosität der Menschen zu erfassen. Es gibt natürlich unendlich viele Überschneidungen, sodass man hier wieder die verschiedenen Fäden sehen kann, die ein großes Ganzes bilden und letztlich auch weben. Daher ist es auch immer wieder wichtig, dass man einen gesunden Zweifel besitzt, eine Widerspenstigkeit, den Hang zur Rebellion und zur Auflehnung. Es ist hinderlich, wenn man eine Frömmigkeit besitzt, die viel eher einer Gottesfurcht gleicht, da das jeweilige göttliche Prinzip offensichtlich zu fürchten ist. Nun, wenn man sich darauf verständigen will, dass die Naturgewalten auch als Götter gesehen wurden, dass das Meer Menschen ohne weiteres töten kann, genauso wie auch die Berge, die Stürme, die Brände, oder eben auch andere archetypische Darstellungen, die man in der Natur finden kann, ist es natürlich berechtigt, dass man hier eine gewisse „Gottesfurcht“ ausbildet. Doch wenn man von diesen äußerlichen, rein physischen Bedenken befreit ist, da man ganz einfach ein sicheres Leben führt, ein physisch gehütetes Leben, wird es sehr spannend, wenn man anfängt geistig mit diesen göttlichen Prinzipien zu agieren. Ist es eigentlich wichtig, dass auch hier eine Gottesfurcht existiert? Viele Religionen werden diese Frage mit „JA!“ beantworten, wohingegen die Magie sehr oft mit einem „NEIN!“ oder mit einem „kommt auf den Gott, auf die Göttin, auf die Entität, auf die Energie an, ob man sich hier in Acht nehmen muss oder sogar fürchten muss“ antworten wird. Wenn man sich aus diesem Blickwinkel noch einmal die wortwörtliche Bedeutung des Begriffes „Religion“ anschauen will, ist es sicherlich vertretbar, wenn es hier um eine „gewissenhafte Aufmerksamkeit“ oder auch um eine „Berücksichtigung / Hinsicht / Sorgfalt“ geht - wer will schon ein omnipotentes Prinzip verärgern?!? Doch vielleicht geht es bei einer Religion viel eher darum, dass man eine Rückbesinnung macht, eine Rückbesinnung auf die eigene Herkunft, auf den eigenen Ursprung, auf die eigene Quelle, auf die eigene Sache, auf das eigene Ding, auf das eigene Vorhaben, auf die eigenen Lebensaufgaben und auch auf die eigene Existenzaufgabe!
Wenn dies so wäre, müsste der Glaube so schnell wie möglich über Bord geworfen werden, sodass der Glaube durch Erkenntnis, durch Gewissheit, durch Weisheit, aber auch durch Wissen ersetzt werden würde. In diesem Kontext würden auch die jeweiligen Bereiche einer menschlichen Ethik und einer menschlichen Moral überflüssig sein, da verstanden werden würde, dass Ethik und Moral von der jeweiligen Kultur definiert werden, und in Bezug auf die gesamte Menschheitsgeschichte nur für Sekunden existieren, um sich dann wieder zu verändern. So würden Ethik, Moral und Religion durch Wissen, Weisheit, Gewissheit, Erkenntnis, Evolutionsbewusstsein und Transzendenz erfüllt und ersetzt werden. Wenn dies der Fall wäre, bräuchte der einzelne Mensch keine fremde Orientierung mehr. Die Orientierung wird aus dem eigenen Inneren kommen, sodass in diesem Kontext die Religion überflüssig wäre. Dies würde auch die Frage erübrigen, WO der Mensch herkommt, WO der Mensch nach seinem Ableben hingeht, WAS mit dem physischen und dem psychischen Fragment des Menschen geschehen wird, und welche Lebensaufgaben vorherrschen, warum also dieses Leben gelebt werden soll. Selbst alle Schöpfungsmythen, wie die Erde entstanden ist, wie das Land entstanden ist, das Wasser, die Luft, das Feuer, der Geist, wie das Universum entstanden ist, die Existenz entstanden ist, all dies wäre irrelevant bzw. würde anerkannt und verstanden werden, da man sich selbst diese Antwort geben kann, und mit der Antwort auch vollkommen zufrieden und in Harmonie koexistieren kann. Eine Koexistenz bedeutet in diesem Zusammenhang natürlich auch immer, dass Polaritäten und Dualitäten entweder akzeptiert oder vollkommen verstanden werden, sodass es nicht mehr um die Frage gehen würde, „was ist gut, was ist böse, was ist erlaubt und was ist verboten?“, da man auch hier die Antworten in seinem Inneren besitzt, sodass sich überhaupt diese Fragen nicht stellen. Selbst die Ziele im Leben wären bekannt, sodass man seinen eigenen Weg und Werdegang, im existenziellen, im kosmischen, im magischen und im individuellen Sinne voll und ganz beschreiben kann!
Natürlich kann der Umstand einer Religion eine gewisse Sicherheit erzeugen, eine Sicherheit, die der einzelne Mensch wahrlich zum Überleben braucht. Es geht hierbei um Orientierung, es geht um eine Befriedigung von Bedürfnissen, die so konzipiert sind, dass Beistand, Stabilität, Unterstützung und Dauerhaftigkeit geboten werden, sodass hier auf der einen Seite ein Fundament erschaffen wird, auf der anderen Seite aber auch ein sicherer Platz, ein Refugium, eine Herberge, sodass man sich hier vollkommen zurückziehen kann. Natürlich bietet dies Sicherheit, gerade dann, wenn man in einer Lebenskrise steckt, die man auch mit einer Lebensangst vergleichen kann. Gerade bei existentiellen Ängsten bietet eine Religion Sicherheit.
Gleichzeitig stellt eine Religion aber auch immer eine Gruppenenergie zur Verfügung, sodass in diesem Kontext auch Schutz und Trost generiert werden können, wodurch der einzelne, der möglicherweise in seinen eigenen Augen schwach ist, absolut gestärkt wird, da die Gruppe immer stärker ist als der einzelne Mensch. Wenn man dies auf die Magie münzen will, dann würde dies bedeuten, dass eine magische Arbeit, die in einer Gruppe ausgeführt wird immer besser, effektiver, faktischer und zielorientierter wäre, als ein Ritual, welches von einem einzelnen Menschen ausgeführt wird. Doch stimmt das? Nun, die Praxis spricht hier eine ganz andere Sprache. Natürlich sind Gruppenrituale sehr effektiv, doch es kommt hier auf eine wahrlich homogene Gruppe an, sodass alle den gleichen Stand besitzen, den gleichen Stand in Bezug auf die energetischen Fähigkeiten, auf Selbstreflexion, auf Wissen, auf Weisheit und auch auf eine kosmisch-gnostische Gewissheit. Sollte dies nicht der Fall sein, ist es sehr wahrscheinlich, dass ein solches Gruppenritual, das mit einer inhomogenen Belegschaft ausgestattet ist, eher zum Scheitern verurteilt ist, als ein Soloritual, welches fokussiert ausgeführt wird. Bei einem Gruppenritual muss man immer reflektieren, dass das schwächste Glied der Kette letztlich das Zünglein an der Waage ist. Im religiösen Sinne ist dies nicht so, denn hier wird versucht, dass die schwachen Menschen, die die Religion als Unterstützung, als Krücke, als Beistand oder auch als Hilfestellung begreifen, forciert werden, sodass diese tiefer in die Religion eindringen können und vor allem eindringen wollen. So erhält eine Religion schnell den Status einer „essenziellen Bezugsperson“ (wobei hier einzelne religiöse Vertreter diese Bezugsperson wortwörtlich darstellen können), sodass in diesem Kontext andere Bezugspersonen, die der Mensch in seinem sozialen Umfeld besitzt, wie Eltern, Freunde, Lehrer etc., abgelöst werden. Dies kann für einzelne Menschen förderlich sein, doch in Bezug auf die Selbstevolution, auf die selbst Vergöttlichung, auf die Selbstbestimmtheit, ist dies kontraproduktiv. Gerade in Bezug auf die Selbstreflexion, und auf die Reflexion des Daseins, bieten Religionen meist nur undurchsichtige Schablonen an, sodass hier mehr Fragen auftauchen, anstatt das Fragen klar und deutlich beantwortet werden. Wer kennt nicht den Werbeslogan „Gottes Wege sind unergründlich“ oder eben das Credo der „göttlichen Unfehlbarkeit“? Natürlich hat jeder Mensch Erwartungen, Wünsche, Zuversichten, Hoffnungen, Sehnsüchte und Intentionen. Eine Religion kann diese essenziellen Wegpunkte zur Selbstevolution schmälern, verbergen, ersticken, aber auch forcieren. Wenn man sich hier jetzt jedoch die verschiedenen religiösen Praktiken, bzw. Religionen, anschaut, dann ist der Machtfaktor von gewissen Menschen immer ein sehr wichtiges Kriterium. Es geht um Ansehen, es geht um Respekt, es geht um Verehrung.
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