Das fand ich spannend. Für Piratengeschichten war ich immer zu haben. Ich war also auf einer echten Pirateninsel.
Wir fuhren über enge, sich windende, steile Bergstraßen. Endlich, nach eineinhalb Stunden Fahrt und gefühlten drei Stunden Inselvortrag von Antonio, war ich am Observatorium auf dem Gipfel des Roque de los Muchachos angekommen.
Man konnte von hier aus einen Teil des Vulkankraters überblicken. Ich sah mehrere runde, silbrig glänzende Observatorien, die einige hundert Meter voneinander entfernt standen, und verschieden große Häuser in deren unmittelbaren Umgebung. Der Kontrast zu der dunklen Erde erinnerte mich an Science-Fiction-Filme über den Mars. Hier oben befanden sich mehrere, verschiedene Teleskope, die eine Gesamtfläche von ungefähr zwei Quadratkilometern einnahmen. Man hatte diesen Standort aufgrund des fast immer wolkenlosen Himmels gewählt. Es gab kaum Luftverschmutzung und extrem wenig Beeinträchtigung durch Lichteinwirkung, die von großen Städten erzeugt wird.
Ich sah das GranTeCan zum ersten Mal in seiner vollen Größe. Es war riesig und beeindruckend hoch. Mit dem GranTeCan wollen Wissenschaftler einen Blick in bisher unerreichte Tiefen des Universums werfen. Die Daten, die sie zu sammeln beabsichtigen, könnten Aufschluss über den Urknall geben, der vor rund 14 Milliarden Jahren stattgefunden haben soll. Es wird auch Planetenjäger genannt, weil es damit möglich ist, Planeten außerhalb unseres Sonnensystems zu beobachten.
Die Aussicht war großartig. Über die gelbgrüne Vegetation hinweg, konnte man durch die dünne, klare Luft das Meer sehen. Die tiefstehende Sonne und der tiefblaue Himmel machten den Ausblick noch beeindruckender.
Ich vermutete, dass ich zu dem größten Haus musste, dass sich in der Nähe des Teleskops befand. Viele Türen und Laubengänge zeichneten das Gebäude aus. Sicher war es das Wohnhaus der vielen Angestellten und der Gäste dieser Einrichtung.
Es war fast wie ein Hotel eingerichtet. Eine kleine Lobby mit Rezeption fehlte auch nicht. Sandfarbene Bodenfliesen und große rechteckige Blumenkästen, bepflanzt mit kleinen Palmen, standen neben einigen Couchgruppen.
Die Senorita an der Rezeption war das Inbild einer südländischen Frau. Ich musste sie anstaunen. Sie hatte schwarz gelockte, lange Haare, dunkle Augen und rot geschminkte Lippen.
Mein Herz machte einen Aussetzer, zumindest fühlte es sich so an. Ich hasste es, wenn es das tat, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren. Beim Anblick hübscher Frauen bekam ich immer einen kleinen Herzanfall. Sie saß in einem dunkelblauen Kleid, mit weißen Ornamenten verziert, auf einem Hocker. So, dass ich ihre braun gebrannten Beine gut sehen konnte.
Mist, ich traute mich nicht, sie anzusprechen. Ich wusste auch nicht in welcher Sprache ich das tun sollte.
„Hola, Senor!“, rief sie mir durch die Lobby zu und winkte mich zu sich. Ich schluckte und musste wohl dadurch.
„Hallo“, antwortete ich verlegen.
„Oh, wir haben gestern telefoniert? Wegen einer Übernachtungsmöglichkeit?“, fragte sie mich mit ihrem netten Akzent. Ihre Stimme erkannte ich wieder.
„Ja, kann sein“, sagte ich verlegen und übergab ihr meinen Ausweis und meine Anmeldebestätigung. Ihre Augen klebten an meinen. „Ich bin Jan Schuster und hatte mich für die morgige Konferenz angemeldet.“
„Ja, ich weiß wieder. Ich bin Vicenta. Ich habe ihren Zimmerschlüssel hier“, antwortete sie lächelnd.
Ich nahm ihn entgegen und sie erklärte mir noch den Weg zu meinem Zimmer. Dann vertiefte sie sich wieder in ihr Buch. Auf meinem Weg Richtung Laubengang musste ich mich aber noch einmal zu ihr umdrehen, um sie anzuschauen. Genau in diesem Moment strich sie eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und klemmte sie hinters Ohr. Mir wurde ganz warm ums Herz. Ich lenkte mich ab, indem ich daran dachte, was ich über Temperaturen gelernt hatte.
Wärme – ist nichts anderes als die Schwingung der Atome. Ein Sonnenstrahl oder eine Lichtwelle trifft auf ein Luftatom, ‚schubst‘ es an und gibt so seine Energie weiter. Es versetzt damit das Luftatom in eine stärkere Schwingung. Dieses stark vibrierende Luftatom trifft wiederum auf ein Hautatom und bringt es somit ebenfalls in stärkere Vibration. Das empfinden wir als Wärme.
Wenn Atome, die von Sonnenstrahlen in Schwingung gebracht werden, auf andere Luftatome treffen, stoßen sie diese wiederum an. Somit heizt sich die Luft auf. Gleichzeitig verliert das erste Atom wieder an Schwung und ‚kühlt‘ allmählich ab. So gleichen sich die Atome aus und pendeln sich auf eine Temperatur ein. Da Luftatome einen größeren Abstand zueinander haben als Wasseratome, leiten sie ihre Schwingung nicht so schnell weiter. Das ist der Grund dafür, dass zum Beispiel wir Menschen an der Luft nicht so schnell auskühlen, wie im Wasser. Viele langsam schwingende Wasseratome bremsen die schnelleren Körperatome ab, bis sich alle Atome auf eine Frequenz eingependelt haben. Je näher oder dichter die Atome zueinander stehen, umso besser leiten sie die Energie ab, oder besser gesagt, sie übertragen die Stärke ihrer Schwingung besser auf ihre Nachbaratome.
Mein Zimmer war ein sehr spartanisch eingerichteter, kleiner Raum. Es machte eher den Eindruck einer unvermieteten möblierten Studentenbude, weniger den eines einladenden Hotelzimmers. Bett und Bad sollten mir aber für diese eine Nacht reichen. Ich zog mir die von der Reise staubige und verschwitzte Kleidung aus. Schnell duschte ich und zog mich frisch an. Ich wollte wieder aus dieser vermieften Kammer raus an die frische Luft, um mich umzusehen.
Vicenta saß noch immer am Empfang und las in ihrem Buch. Als sie mich hörte, sah sie auf und nickte mir lächelnd zu.
„Wollen sie zu der Empfangsparty? Ich kann ihnen zeigen wo sie stattfindet“, rief sie mir entgegen.
Das hörte sich gut an. Davon wusste ich gar nichts. Ich sollte doch nur morgen bei der Pressekonferenz mit Anwesenheit glänzen und mich unters Volk mischen. Eine kleine Party war eine willkommene Abwechslung.
„Kommen sie auch dorthin?“, fragte ich sie spontan.
„Nein, ich habe da nichts zu suchen. Es ist nur für Gäste, Wissenschaftler und Journalisten gedacht“, antwortete sie. Das bedauerte ich sehr. Ich wünschte ihr noch einen schönen Abend und verabschiedete mich. Dann machte ich mich auf den von ihr beschriebenen Weg zu den etwas weiter liegenden Häusern. Ich spazierte entspannt durch die frische, abgekühlte Abendluft, über einen Parkplatz, zwischen Autos entlang und genoss die weite Aussicht bis zum Meer.
Mein Weg schlängelte sich am Rand einer Hügelkette entlang bis zu einem Plateau, auf dem ein Hubschrauber parkte. Es war schon früher Abend. Hunger machte sich bemerkbar. Ich bestaunte den rot glänzenden Hubschrauber. Ich war kurz stehen geblieben, da mir der Kontrast zwischen dem roten Lack und dem schwarzen Boden besonders ins Auge fiel. ‚Cooles Teil‘ dachte ich und sah dahinter mein Ziel auf der anderen Seite des Plateaus. Es war ein flaches Bürogebäude, hell erleuchtet, mit einigen Menschen hinter den Fensterscheiben. Es dämmerte bereits als ich das Gebäude betrat.
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