„Hör mal, das soll jetzt keine billige Anmache sein oder so, aber wahrscheinlich trocknen wir schneller, wenn wir uns gegenseitig wärmen…“, meint Blake, während er zurück zu dem Stuhl geht. Fragend sieht er mich an und ich nicke eilig, bevor ich meine Kleider vom Boden aufhebe und sie zum Trocknen auf die Truhe lege. Blake hat seine Sachen bereits auf dem Stuhl ausgebreitet.
„Blöd, dass ich meinen Schlafsack am Tower zurückgelassen hab. Sieht wohl so aus, als ob wir auf dem Boden schlafen müssen. Immerhin haben wir einen Teppich, auf den wir uns legen können…“ Es scheint ihm nichts auszumachen, die Nacht mit mir auf dem Boden verbringen zu müssen. Klar, er ist es ja so gewohnt… Obwohl Blake gerade nur Boxershorts anstelle einer richtigen Hose, und dazu noch die hässliche Holzfäller-Jacke trägt, sieht er immer noch gut aus, sogar mit seinen verstrubbelten, nassen Haaren.
Aber er ist arm. Vergiss ihn!
Er setzt sich auf den Boden und breitet die Decke über seine Beine aus, dann blickt er mich an.
„Kommst du?“, fragt er, „Wir können beide eine Mütze Schlaf vertragen.“
Erneut nicke ich stumm und gehe zu ihm. Er schlägt die Decke zur Seite, und ich lasse mich neben ihn auf den Boden sinken. Ich sehe ihn an, und er erwidert meinen Blick. Es ist ganz still, und weder er noch ich sehen weg. Das scheint einer dieser Momente zu sein, in denen einfach alles passieren könnte. Doch etwas hält mich zurück. Ich lasse seinen Blick los und lege mich auf die Seite, mit dem Rücken zu ihm. Als ich höre, wie Blake sich ebenfalls auf den Teppich sinken lässt, rücke ich enger an ihn, und er legt zögernd seinen Arm um meine Taille. Augenblicklich wird mir wärmer. Ich genieße das leichte Gewicht seines Armes, der sich unter meinen Atemzügen beinahe unmerklich hebt und senkt. Obwohl mir immer noch kalt ist, und wir beide nach Fluss stinken, habe ich mich noch nie so geborgen gefühlt wie jetzt.
Ricky hat nie bei mir übernachtet, und ich nicht bei ihm. Meine Eltern wollten das nicht – und ich, ehrlich gesagt, auch nicht. Schon komisch, wenn ich jetzt auf die Zeit vor meinem Schulabschluss blicke, fühlt es sich beinahe wie ein anderes Leben an. Ein anderes Leben von einem anderen Mädchen, das mir plötzlich merkwürdig fremd erscheint. Aber wie soll mein Leben jetzt weitergehen? Falls es überhaupt weitergeht…
Ich schlucke hart. Das hier ist die härteste Prüfung, die das Leben mir jemals auferlegt hat, und ich bin froh, mich jetzt ein wenig ausruhen zu können, wenn auch nur für ein paar Stunden.
So liegen wir nun also hier, zwei fast Fremde, eng umschlungen, auf dem Teppich in einem fremden Boot, in das wir eingebrochen sind, nachdem wir mithilfe eines Schiffes durch die Themse geschwommen sind. Diese Geschichte ist fast schon zu unglaublich, um sie irgendjemandem zu erzählen. Und dennoch wünsche ich mir, dass ich möglichst bald das alles meinen Eltern erzählen kann, und mit ihnen wieder etwas mehr Zeit verbringe als ich es in letzter Zeit getan habe. Und ich wünsche mir, dass ich Blake wiedersehe. Das wird mir jetzt erst so richtig klar. Er ist obdachlos und ich kenne ihn kaum und dennoch mag ich ihn. Ich bin verrückt.
Das viele Nachdenken hat mich noch müder gemacht und ich spüre, wie ich langsam in den Schlaf sinke, während ich Blakes warmen Körper an meinem spüre. Ich wünschte nur, ich könnte für immer hier in seinen Armen schlafen, auf dem Teppich, auf dem Boden, in dem fremden Schiff…
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