Artjom, Ana und Boris übernahmen die Kontrolle. Der Einsatz war vorbei.
Das Einsatzfahrzeug der hiesigen Polizei sowie ein Leichenwagen waren vorgefahren, während der Agent ein kurzes Resümee zog: drei Kriminelle waren tot, sowie alle zehn Zivilisten. Artjoms schnelle Reaktion war es zu verdanken, dass Gina „Mama“ Colfex nur betäubt wurde. Er hatte zuvor drei Schüsse scharfer Munition verschossen und gedankenschnell auf Betäubungsschuss umgeschaltet. Guter, alter Artjom.
Gideons Rücken schmerzte, aber das würden eine Flasche Wodka und ein paar Schmerztabletten schon hinbekommen. Er wankte leicht zu seinem Freund und ließ sich einen Bericht geben. „Wie stehen wir da?“
„Vierzehn Kilogramm Methamphetamin, alle Zivilisten tot und Mama lebend.“ Artjom deutete auf sein Headset. „Team zwei und Drei haben ein ganz schönes Blutbad angerichtet. Vier Mitglieder sind noch am Leben, unsere eigenen Verluste belaufen sich auf null.“
Der Agent nickte leicht und schaute auf den Kommissar, der mit einem Verband um seinen Kopf auf dem Rinnstein saß. „Und was ist mit unserem Jungspund?“ wollte er wissen.
Artjom Penkusch runzelte die Stirn. „Ist gegen einen Pfeiler gelaufen. Hat alles verpasst.“
Gideon nickte knapp und spürte, wie sich seine anfängliche Anspannung löste. „Gib mir deine Waffe“, sagte er knapp.
„Warum?“ Er reichte sie ihm.
„Runden wir den Abend noch etwas ab. Keine Sorge, ich schreibe den Bericht“, sagte er leise und überprüfte das Magazin. Die scharfe Munition tauschte er gegen ein volles Magazin aus. Die modernen Handfeuerwaffen der Polizei verfügten über ein zweites Magazin, das Betäubungsmagazin enthielt. Mit sicherer Hand sah er, dass nur eine Kugel fehlte.
Langsam schlenderte er auf den Jüngeren zu, der ihn aus verständnislosen Augen anstarrte.
„An was können Sie sich erinnern?“ fragte er den Kommissar und setzte zum ersten Mal ein gutgemeintes Lächeln auf.
„Meine…meine Waffe“, stotterte der kalkweiße Mann leise und starrte betroffen vor sich auf den Rinnstein. Er wischte sich wie ein kleines Kind die Tränen mit dem Handrücken aus den Augen. „Sie war nicht geladen.“
„Hier ist sie doch, Herr Kommissar“, erwiderte Gideon freundlich und reichte sie ihm. Er kniete sich neben ihm. „Sie haben den finalen Schuss abgegeben. Glückwunsch.“
Pure Unverständnis blickten ihn aus den großen Augen entgegen. „Was...?“
„Sie haben Gina „Mama“ Colfex betäubt. Ihr Vater kann stolz auf sie sein. Der Einsatz war ein voller Erfolg. Ich hoffe, Sie sind jetzt zufrieden“, bemerkte er knapp, stand auf und wartete nicht mehr ab, was der Kommissar zu sagen hatte. Das Politbüro würde seinen Bericht absegnen, dafür klang die Geschichte einfach zu gut. Die Familie Colfex würde schon morgen Abend in Nordsibirien landen und damit nicht mehr sein Problem sein. Khorgisien konnte dann aufatmen.
Blieb noch eine Sache.
Drei Polizisten umringten die einzige Gefangene, die mit Fußfesseln und Handschellen nirgendwo mehr hingehen würde. „Mama“s Blick wirkte benebelt, aber sie war definitiv wach. Aus einem Mundwinkel rann Speichel und eines ihrer Augen zierte ein Veilchen. Jemand hatte ihr vorsorglich einen Schlag verpasst. Gideon konnte es niemanden übelnehmen. Er setzte sich ihr gegenüber und grinste frech, während er sich eine Zigarette anzündete. „Mama, du wirst mich dafür hassen, aber du wirst bald für eine sehr lange Zeit nicht mehr unter uns weilen. Du machst eine Reise. Der Gulag wartet schon.“ Er paffte ihr eine Qualmwolke ins Gesicht. „Du und deine Familie könnt schon mal mit dem Packen anfangen. Wie alt ist dein Sohn? Trevor? Müsste jetzt vierzehn sein. Für ihn gibt es kein Date, kein Fernsehen und keine Disco mehr. Kein Fastfood, und kein Internet. Das hast du erreicht, Mama. Du hast deine eigene Familie verbannt“, er lächelte grausam. „nicht, dass sie es nicht verdient hätte.“
Er hatte vieles erwartet. Gezänk, Geschrei oder einfaches Flehen, wie es schon viele vor ihr im Angesicht der Justiz getan hatten. Tränenreiche Reden über Besserung, über Milde und Gnade – aber davon kam nichts über ihre Lippen.
Gina „Mama“ Colfex blickte ihn aufmerksam an. Ihre Augen wurden lebendig und zeugten von einer Kälte, die der Agent nicht so schnell vergessen würde. Mit krächzender Grabesstimme raunte sie bloß: „Der Gulag ist nicht das Schlimmste, Bulle. Wir werden sehen.“
Er stutzte kurz und lachte kehlig auf: „Du kapierst es nicht, Schlampe, oder? Die Haftanstalten dort sind die Hölle. Und ihr seid die Schafe, die wir zur Schlachtbank führen. Du und deine Familie werdet keine ruhige Minute mehr haben. Das sind Schwerverbrecher aus allen Winkeln Russlands. Killer, Psychopathen und vielleicht sogar Kannibalen. Du bist nur eine kleine Nummer dort. Nur eine unbedeutende Zahl.“
Sie grinste wild und entblößte makellose Zähne. „Dann muss ich wohl härter werden, was?“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und provozierte ihn mit maßloser Verachtung. In ihren Augen glomm der Wahnsinn. „Ich bin der Wolf, den ihr zu den Schafen führt, Bulle.“
Der Mann erwiderte ihr Lächeln, stand auf und blickte sie geradeaus an. Langsam und voller Absicht schnippte er die Asche auf ihren Kopf. „Was auch immer, Mama. Was immer du sagst.“
„Genosse Nikolaeff? Kann ich Sie mal sprechen? “
Er erstarrte und glaubte seine Ohren nicht zu trauen. Diese weinerliche Stimme. Hatte der Kommissar ihn gerade mit Nachnamen angesprochen?
Mama grinste nur und blickte ihm nach. Unbeirrbar. Tödlich. „ Nikolaeff “, wiederholte sie leise und suchte seinen Blick. „Ein guter Name. Ich werde ihn mir merken.“
Zu allem entschlossen.
Sie kennt meinen Namen.
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