August Bebel - Die Frau und der Sozialismus

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Das Manuskript der ersten Fassung erstellte Bebel während seiner Haft 1878. Im Februar 1879 wurde das Buch herausgegeben und schon am 24. März 1879 polizeilich verboten. In der zweiten Auflage, die Bebel während einer Haftstrafe von November 1882 bis März 1883 im Leipziger Bezirksgefängnis vorbereitet hatte, erschien im Oktober 1883 das Buchin Zürich. Der preußische Innenminister Robert Viktor von Puttkamer begründete die Verlängerung des Sozialistengesetzes unter anderem damit, dass der Inhalt der Schrift «durch und durch revolutionär» sei. Und Bismarck behauptete am 20. März 1884, dass Bebels Buch «zur Vergiftung des gemeinen Mannes» beitrage. Die Frauenrechtlerin Lida Gustava Heymann schrieb: «Was deutsche Sozialisten wie Marx, Engels, Bebel, Vollmar u. a. durch ihre Schriften und ihrer parlamentarischen Tätigkeit zur Befreiung der Frauen beitrugen, wurde von der radikalen Frauenbewegung stets mit Dank anerkannt. Es ist geschichtliche Tatsache und festes Fundament der Frauenbewegung geworden.»
Bis 1913 wurde das Werk in insgesamt fünfzehn Sprachen übersetzt. Unter dem Sozialistengesetz wurde das Buch mit einer Gesamtauflage von 20.000 Exemplaren vertrieben, 1893 waren es schon 70.000 und die letzte zu Lebzeiten Bebels erschienene Auflage war bei 140.000 angelangt. Damit war dieses Buch die am meisten verbreitete marxistische Schrift vor dem ersten Weltkrieg. Bei der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 durch die NSDAP wurde auch Bebels Werk «Die Frau und der Sozialismus» verbrannt und für zwölf Jahre geächtet.

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August Bebel

Die Frau und der Sozialismus

Die Frau und der Sozialismus

August Bebel

Impressum

Texte: © Copyright by August Bebel

Umschlag: © Copyright by Walter Brendel

Verlag: Das historische Buch, 2022

Mail: walterbrendel@mail.de

Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Vorreden

Die Frau und der Sozialismus

Erster Abschnitt: Die Frau in der Vergangenheit

Zweiter Abschnitt: Die Frau in der Gegenwart

Dritter Abschnitt: Staat und Gesellschaft

Vierter Abschnitt: Die Sozialisierung der Gesellschaft

Anhang

Vorreden

Zur fünfundzwanzigsten Auflage

Das »durch und durch unwissenschaftliche Bucherlebt hiermit den in der deutschen Literatur höchst seltenen Fall einer fünfundzwanzigsten Auflage, und ich hoffe, weitere werden folgen. Der außerordentlich günstigen Aufnahme, die es bei dem deutschen Lesepublikum fand, entsprechen die vielen Übersetzungen in die verschiedensten fremden Sprachen, die es seit seinem Erscheinen gefunden hat. Neben dem, daß es zweimal ins Englische übersetzt wurde (London und New York), wurde es ins Französische, Russische, Italienische, Schwedische, Dänische, Polnische, Vlämische, Griechische, Bulgarische, Rumänische, Ungarische und Tschechische übersetzt. Auf diesen Erfolg meines »durch und durch unwissenschaftlichen Buches« kann ich also stolz sein.

Zahlreiche Zuschriften, namentlich von Frauen aus den verschiedensten Gesellschaftskreisen, zeigten mir weiter, wie es insbesondere in der Frauenwelt gewirkt hat und die wärmste Aufnahme fand.

Hierbei muß ich meinen herzlichen Dank denjenigen aussprechen, die mich, sei es durch Einsendung von Material oder durch Berichtigung und Ergänzung angeführter Tatsachen, unterstützten und mich so in die Lage setzten, das Buch einwandfreier zu gestalten.

Der warmen Anhängerschaft auf der einen Seite steht aber eine heftige Gegnerschaft auf der anderen gegenüber. Während die einen das Buch als das nichtsnutzigste und gefährlichste Buch bezeichnen, das in neuerer Zeit erschienen sei (in diesem Sinne sprach sich eine in Berlin erscheinende antisemitische Zeitung aus), erklären andere – darunter zwei evangelische Geistliche – es für eines der sittlichsten und nützlichsten Bücher, die es gebe. Ich bin mit dem einen Urteil so zufrieden wie mit dem anderen. Ein Buch, das über öffentliche Dinge geschrieben ist, soll wie eine Rede, die über öffentliche Angelegenheiten gehalten wird, zur Parteinahme zwingen. Nur dann erreicht es seinen Zweck.

Unter den zahlreichen Entgegnungen und versuchten Widerlegungen, die das vorliegende Buch im Laufe der Jahre hervorgerufen hat sind zwei, die wegen des wissenschaftlichen Charakters ihrer Verfasser eine besondere Beachtung herausfordern. So das Buch von Dr. H. E. Ziegler, außerordentlicher Professor der Zoologie an der Universität Freiburg i. B., das betitelt ist: »Die Naturwissenschaft und die sozialdemokratische Theorie, ihr Verhältnis dargelegt auf Grund der Werke von Darwin und Bebel«, und die diesem folgende Abhandlung von Dr. Alfred Hegar, Professor der Gynäkologie an der Universität Freiburg i. B., die den Titel führt: »Der Geschlechtstrieb«.

Die beiden Bücher machen den Eindruck, als seien sie auf Verabredung ihrer Autoren zur »wissenschaftlichen Vernichtung« meines Buches geschrieben. Dafür spricht, daß beide Autoren an derselben Universität tätig sind, beide ihre Bücher in demselben Verlag erscheinen ließen und beide die Herausgabe damit begründen, daß die ungewöhnlich weite Verbreitung, die mein Buch mit seinen »falschen« und »unwissenschaftlichen Theorien« gefunden habe, sie zu einer Widerlegung desselben anspornte. Für die gegenseitige Abmachung spricht auch ferner die Arbeitsteilung, über die beide Autoren sich (so scheint es) verständigten. Indem Ziegler meine kulturgeschichtlichen und naturwissenschaftlichen Anschauungen zu widerlegen versucht, wirft Hegar sich wesentlich auf die physiologische und psychologische Charakterisierung der Frau, wie ich sie in meinem Buche gebe, um diese als falsch und irrig nachzuweisen. Beide gehen dann, ein jeder von seinem Standpunkt, zu dem Versuch einer Widerlegung meiner ökonomischen und sozialpolitischen Grundauffassungen über, ein Unterfangen, das zeigt, daß sie sich hier auf ein Gebiet begeben, auf dem sie beide nicht zu Hause sind und auf dem sie deshalb noch weniger Lorbeeren pflücken als auf dem Gebiet des Fachmanns, von dem aus ich am ehesten eine sachgemäße Widerlegung hätte erwarten können.

Beide Bücher haben auch das Gemeinsame, daß sie zum Teil Gebiete behandeln, die den von mir behandelten fernliegen und nichts mit denselben zu tun haben, oder, wie namentlich Hegar, sich in Erörterungen ergehen, denen zu widersprechen ich keinen Grund habe. Beide Schriften sind ferner Tendenzschriften, die um jeden Preis beweisen sollen, daß weder die Naturwissenschaft noch die Anthropologie irgend welches Material für die Notwendigkeit und die Nützlichkeit des Sozialismus ergeben. Beide Verfasser haben auch mehrfach, wie das in Polemiken nichts Seltenes ist, das aus meiner Schrift aus dem Zusammenhang herausgerissen, was ihnen paßte, und weggelassen, was ihnen unbequem war, so daß ich mitunter einige Mühe hatte, das von mir Gesagte wiederzuerkennen.

In der Besprechung der beiden Bücher gehe ich zunächst zu der zuerst erschienenen Abhandlung Zieglers über.

Ziegler hat schon im Titel seines Buches gesündigt. Wollte er eine Kritik der sozialdemokratischen Theorien mit Beziehung auf Darwin schreiben, so durfte er nicht mein Buch zum Gegenstand seiner Kritik machen, denn es wäre eine Anmaßung sondergleichen von mir, wollte ich mich als einen der sozialistischen Theoretiker betrachten; er mußte alsdann die Schriften von Marx und Engels – auf deren Schultern wir anderen stehen – dazu ausersehen. Das hat er klugerweise unterlassen. Er konnte aber auch nicht mein Buch als eine Art Parteidogmenschrift ansehen, da ich darin, und zwar in der Einleitung, ausdrücklich erklärt habe, wie weit ich glaube in meinem Buche auf die Zustimmung meiner Parteigenossen zählen zu können. Ziegler konnte das nicht übersehen. Indem er dennoch den gewählten Titel adoptierte, war es ihm wohl mehr um das Pikante als um das Richtige zu tun.

Ich muß nun zunächst an dieser Stelle eine schwere Beleidigung zurückweisen, die Ziegler gegen Engels schleudert, dem er nachsagt, er habe in seiner Schrift »Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates« die ganzen Theorien Morgans kritiklos übernommen. Engels hat zwar in der wissenschaftlichen Welt einen viel zu hochgeachteten Namen, als daß der Vorwurf Zieglers dort irgendwelchen Eindruck macht. Ein objektives Studium von Engels' Schrift beweist sogar dem Laien – und zu diesen gehört im vorliegenden Falle Ziegler nicht –, wie er die Anschauungen Morgans nur adoptierte, weil sie mit den Anschauungen und Studien, die er und Marx auf diesem Gebiet gemacht haben, übereinstimmten. Und indem Engels sie adoptierte, hat er sie aus Eigenem auch weiter begründet, so daß es den Gegnern unmöglich gemacht sein dürfte, sie mit Aussicht auf Erfolg bekämpfen zu können. Was Ziegler, hauptsächlich an der Hand von Westermarck und Starcke, gegen die Anschauungen Morgans, Engels' und all derer, die mit Morgan und Engels wesentlich auf dem gleichen Boden stehen, ausführt, ist schief und haltlos und zeugt von einer Oberflächlichkeit der Auffassung, die meinen Respekt vor den Männern der Wissenschaft vom Schlage Zieglers gerade nicht erhöht hat.

Ziegler fürchtet (Seite 15 seiner Schrift), man werde auch gegen ihn die Verleumdung erheben, die ich gegen einen großen Teil der heutigen Gelehrten erhoben haben soll, nämlich die Anklage, ihre wissenschaftliche Stellung zugunsten der herrschenden Klassen auszunutzen.

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