Die Herzklappen sorgen für einen geregelten Blutfluss
In beiden Herzhälften findet man jeweils zwei Klappen: eine Segelklappezwischen Atrium und Ventrikel sowie eine Taschenklappezwischen Ventrikel und wegführendem Blutgefäss. Sie dienen dem geregelten Blutfluss durch das Herz. (Siehe Kapitel «Was ist Herzschlag?»)
Alle vier Klappen entstehen aus der inneren Schicht des Herzes ( Endokard). Sie liegen auf einer Ebene, der Klappenebene (Abb. 3) . Die Klappenebene liegt dicht bei der Herzbasis etwa rechtwinklig zur Herzachse. Die Herzklappen sind an Ringen aus straffem, kollagenem Bindegewebe befestigt ( Anulus fibrosus). In ihrer Gesamtheit nennt man die Ringe «Herzskelett» .
Abb. 3Schnitt durch die Klappenebene (Ansicht von oben) [OpenStax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]
Segelklappen
Die Segelklappen trennen das Atrium vom Ventrikel. Die rechte Segelklappe heisst Trikuspidalklappeund die linke Mitralklappe(Synonym: Bikuspidalklappe). Die Trikuspidalklappe setzt sich aus drei Segel (Cuspis = Segel, Tri = drei) zusammen und die Mitralklappe (Mitra = Haube) beziehungsweise Bikuspidalklappe aus deren zwei (Bi = zwei).
Die Segelklappen hängen über Sehnenfäden an den Papillarmuskeln( Musculus papillaris) der Herzkammern. Die Papillarmuskeln verhindern, dass die Klappen beim Blutauswurf aus der Kammer durch den Druck in die Vorhöfe zurückschlagen. Die Papillarmuskeln öffnen somit die Klappen nicht , sondern halten sie geschlossen!
Fliesst Blut vom Atrium in den Ventrikel, öffnen sich die Klappen automatisch wie eine Notfalltür im Kino, wenn Leute dagegendrücken (Siehe auch Abb. 41) . Das heisst, die Klappen verbrauchen keine Energie. Ist das Blut im Ventrikel, schliessen die Segelklappen dank des Drucks, den die Kammermuskulatur aufbaut. (Siehe Kapitel «Was ist Herzschlag?»)
Taschenklappen
Die dreiteiligen Taschenklappen sind zwischen Ventrikel und abgehendem Blutgefäss eingebaut. Sie heissen wie das Gefäss: Das Blut fliesst von der rechten Kammer durch die Pulmonalklappein den Truncus pulmonalis(Anfangsteil der Lungenarterien). Links strömt das Blut von der Kammer durch die Aortenklappein die Aorta.
Jede Taschenklappe ist aus drei Taschen zusammengebaut. Auch die Taschenklappen öffnen sich passiv, wenn der Druck in der Kammer höher ist als im nachfolgenden Blutgefäss. Kehren sich die Druckverhältnisse um, schliessen sich die Klappen. (Siehe Kapitel «Was ist Herzschlag?»)
MEMO Namen der Herzklappen Trikuspidalklappe– Segelklappe zwischen rechtem Atrium und Ventrikel. Mitralklappe(Bikuspidalklappe) – Segelklappe zwischen linkem Atrium und Ventrikel. Pulmonalklappe– Taschenklappe zwischen rechtem Ventrikel und dem Truncus pulmonalis. Aortenklappe– Taschenklappe zwischen linkem Ventrikel und Aorta.
Die Herzwand – drei Schichten
Die Herzwand setzt sich aus drei Gewebeschichten zusammen.
Von innen nach aussen (Abb. 4) :
EndokardDas Endokard (endo = innen) ist die innere Auskleidung von Atrium und Ventrikel. Es besteht aus einem einschichtigen Epithel (Endothel), das sich in die Blutgefässe fortsetzt. Alle Herzklappen entstehen aus dem Endokard.
MyokardDas Myokard (myo = Muskel) ist eine Schicht aus spezialisierten Muskelzellen, die sich rhythmisch kontrahieren (zusammenziehen). Die Steuerung der Kontraktion übernimmt ein exklusives Reizleitungssystem, das in der Embryonalphase aus Muskelzellen entsteht. (Siehe Kapitel «Die Hierarchie der Reizleitung»)
Epikard und Perikard (= Herzbeutel)Der Herzbeutel setzt sich aus zwei Schichten zusammen. Die innere Schicht (Epikard) ist mit dem Myokard verwachsen; sie enthält viel Fettgewebe. Im Fett verlaufen Blutgefässe sowie Nervenleitungen.Die äussere Schicht (Perikard) ist mit dem Mediastinum und dem Zwerchfell verwachsen. Epikard (epi = darauf) und Perikard (Peri = darum herum) kleben dank eines Flüssigkeitsfilms aneinander – darum sind sie gegeneinander längs verschiebbar. Das Herz kann sich dank dieser Konstruktion unabhängig vom Ein- und Ausatmen bewegen.
Exkurs HerzbeutelDie Begriffe zum Thema «Herzbeutel» werden in der Fachliteratur uneinheitlich verwendet. Die einen rechnen das Epikard dem Herzen zu und bezeichnen nur das Perikard als Herzbeutel – die anderen fassen Epikard und Perikard zum Begriff «Herzbeutel» zusammen.
Abb. 4Die Herzwandschichten [Blausen.com staff. "Blausen gallery 2014". Wikiversity Journal of Medicine. DOI:10.15347/wjm/2014.010. ISSN 20018762; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]
Das Herz braucht viel frisches Blut
Zwei Arterien versorgen das Herz mit Blut: die A. coronaria dextra(rechte Koronararterie) und die A. coronaria sinistra(linke Koronararterie). Das Wort «Coronaria» kommt von Corona, was Kranz oder Krone bedeutet. Der Name beschreibt den Verlauf der beiden Arterien auf der Grenze zwischen Vorhof und Kammer.
Von der A. coronaria sinistra zweigt eine Arterie, der Ramus interventricularis anterior (RIVA), in Richtung Herzspitze ab (Ramus = Ast, interventricularis = zwischen den Kammern). Die A. coronaria sinistra läuft danach als Ramus circumflexus(circumflexus = umbiegen) auf die Rückseite des Herzes.
Die A. coronaria dextra mündet auf der Herzrückseite in den Ramus interventricularis posterior. Beide Koronararterien entspringen der Aorta knapp oberhalb der Aortenklappe. Die linke Koronararterie versorgt die linke Herzhälfte, die rechte Koronararterie die rechte Herzhälfte (Abb. 5) .
Koronararterien sind Endarterien, das heisst, sie enden «blind» im Gewebe. Sie besitzen keine Anastomosen(Querverbindungen). Wenn eine Koronararterie verstopft, leidet das Myokard unter Sauerstoffmangel. Als Folge entsteht eine Angina pectoris oder ein Herzinfarkt. (Siehe Kapitel «Koronare Herzkrankheiten – Folge der Atherosklerose»)
Abb. 5arterielle Versorgung des Herzes (Ansicht von ventral) [Patrick J. Lynch; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]
Das Myokard des linken Ventrikels wird ausschliesslich in der Erschlaffungsphase (Diastole) des Herzes mit Blut versorgt. Das bedeutet, je höher der Puls, desto kürzer die Diastole und desto dürftiger die Versorgung mit arteriellem Blut!
Der grösste Teil des venösen Blutes fliesst im Sinus coronarius(Sinus = Krümmung) direkt in den rechten Vorhof. Drei Venen speisen den Sinus coronarius (Abb. 6) :
1. V. cardiaca magna (magna = gross)
2. V. cardiaca media (media = mittel)
3. V. cardiaca parva (parva = klein)
Abb. 6venöser Abfluss des Herzes (Ansicht von dorsal) [OpenStax College; bearbeitet von Dr. med. André Lauber]
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