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ISBN 978-3-8442-6451-7
Briest
Luise von Briest
Effi
Geert von Innstetten
Alonzo Gieshübler
Marietta Trippelli
Major von Crampas
Roswitha
Geheimrat Wüllersdorf
Statisten
Hulda
Annie
Crampas tot am Boden.
LUISEOb wir nicht doch vielleicht schuld sind?
BRIESTUnsinn, Luise.
INNSTETTENWas man empfängt, das hat man auch verdient!
BRIESTWie meinst du das?
LUISEOb sie nicht doch vielleicht zu jung war?
BRIESTLuise, lass... das ist ein zu weites Feld.
WÜLLERSDORFMusste das sein? Wir sind doch über die Jahre weg, Sie, um die Pistole in die Hand zu nehmen, und ich...
HULDAEffi, komm!
WÜLLERSDORF...um dabei mitzumachen.
LUISEOb sie...
BRIESTLass!
WÜLLERSDORFEs liegt sechs Jahre zurück oder noch länger.
ROSWITHAWie kann man wegen solcher alten Geschichten...
TRIPELLIWenn man so wie ich viel rumgestoßen wurde, hält man alles für möglich. Sie geht ab.
WÜLLERSDORFSie reden, wie Sie's verstehen.
INNSTETTENEs ist gekommen, wie's hat kommen müssen.: Schuld, ist nicht an Ort und Stunde gebunden.
WÜLLERSDORFFühlen Sie sich so verletzt, beleidigt, empört, dass einer weg musste, er oder Sie?
GIESHÜBLERGehen Sie mir aus den Augen, ich will Sie nie wieder sehen! Er geht ab.
INNSTETTENIch liebe meine Frau, ja, ich liebe sie noch.
EFFIGeert, lass uns woanders leben!
WÜLLERSDORFWozu? Wozu ? Er geht ab.
LUISEOb Sie vielleicht zu jung...
BRIESTAls er noch keine zwanzig war, verkehrte er viel auf den Gütern. Am liebsten war er bei deinem Großvater Belling. Natürlich nicht des Großvaters wegen. Wenn die Mama davon erzählt, kann jeder leicht sehen, um wen es eigentlich ging. Und ich glaube, es war auch gegenseitig.
LUISEEr war ja noch viel zu jung. Und als dein Papa sich einfand, der schon Ritterschaftsrat war und Hohen-Cremmen hatte, da war kein langes Besinnen.
EFFIMama nahm dich, wurde Frau von Briest und das andere, was sonst noch kam – das andere bin ich.
BRIESTDas andere bist du, Effi – Gott sei Dank.
HULDAEffi, komm!
Effi schaukelt.
LUISEIch muss dir sagen, meine süße Effi... Ich muss dir nämlich sagen...
EFFIMama, was hast du?
LUISEIch muss dir sagen, Effi, dass Baron Innstetten eben um deine Hand angehalten hat.
EFFIIm Ernst? Er könnte ja beinah mein Vater sein...
LUISEEr ist älter als du, was alles in allem ein Glück ist. Du stehst mit zwanzig da, wo andere mit vierzig stehen! Du wirst deine Mama weit überholen.
Hohen-Cremmen. Sommer.
HULDAKomm!
BRIESTGeben Sie gut acht auf unsere Effi.
INNSTETTENVerlassen Sie sich drauf. Es soll ihr gut gehen bei mir in Kessin.
BRIESTKessin… Auch mir hat man vor vielen Jahren ein solches Amt angetragen. Ich habe jedoch abgelehnt... So nach meinem eigenen Willen schalten und walten zu können ist mir immer das liebste gewesen, jedenfalls lieber als so die Blicke beständig nach oben richten zu müssen. Hier leb ich so freiweg und freue mich über jedes grüne Blatt und den Wein, der...
LUISEBriest, lass!
BRIESTSo! Für meine Frau wird der Fortbestand von »Mama« wohl das Beste sein denn es gibt auch junge Mamas. Für meine Person, verzichte ich auf den Ehrentitel »Papa« und bevorzuge das einfache Briest, schon weil es so hübsch kurz ist. Was die Kinder angeht, nun, so sei Effi eben Effi und Geert Geert .
LUISEWarum lachst du?
EFFIGeert... So heißt hier doch kein Mensch.
LUISEEffi!
EFFIHabe ich etwas Falsches gesagt?
INNSTETTENDu musst zugeben: Geert ist besser als… Botho.
BRIESTGeert, wenn ich nicht irre, hat die Bedeutung von einem schlank aufgeschossenen Stamm. Und Effi sei dann also der Efeu, der sich darum zuranken habe.
LUISEBriest, sprich, was du willst, nur poetische Bilder, wenn ich bitten darf, lass beiseite. Das liegt jenseits deiner Möglichkeiten.
BRIESTEs ist möglich, dass du Recht hast, Luise. zu Innstetten Ich denke, wir absentieren uns einen Augenblick und rauchen ein Blatt, das nicht alle Tage wächst und nicht überall. Er geht mit Innstetten ab. Dabei: Cognac oder Allasch? Oder das eine tun und das andere nicht lassen.
Hohen-Cremmen. Anfang September.
LUISEIch hoffe, du hast nun alles, Effi. Wenn du aber noch kleine Wünsche hegst, so musst du sie jetzt aussprechen, womöglich in dieser Stunde noch. Papa hat den Raps vorteilhaft verkauft und ist ungewöhnlich guter Laune.
EFFIEr ist immer in guter Laune.
LUISEIn ungewöhnlich guter Laune. Und sie muss genutzt werden.
EFFIEigentlich habe ich alles, was man braucht.
LUISEAls wir noch in Berlin waren, deine Aussteuer einkaufen, war mir, als ob du nach dem einen oder anderen noch ein ganz besonderes Verlangen gehabt hättest.
EFFINichts, Mama.
LUISEWirklich nichts?
EFFINein, wirklich nichts... Wenn es aber doch am Ende was sein sollte...
LUISENun...
EFFI...so müsste es ein japanischer Bettschirm sein, schwarz und goldene Vögel darauf, alle mit einem langen Kranichschnabel... Und dann vielleicht noch eine Ampel für unser Schlafzimmer, mit rotem Schein.
Schweigen
EFFIMama, du siehst aus, als ob ich etwas besonders Unpassendes gesagt hätte.
LUISENein, Effi, nichts Unpassendes. Du bist eine phantastische kleine Person, malst dir mit Vorliebe Zukunftsbilder aus, und je farbenreicher sie sind, desto schöner und begehrlicher erscheinen sie dir. Ich sah das so recht, als wir mit deinem Vetter Dagobert in Berlin deine Aussteuer kauften. Und nun denkst du dir's ganz wundervoll, einen Bettschirm mit allerhand fabelhaftem Getier zu haben, alles im Halblicht einer roten Ampel. Es kommt dir vor wie ein Märchen, und du möchtest eine Prinzessin sein.
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