Jörn Döhnert - Psychodysphagiologie

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Schluckstörungen (Dysphagien) haben nicht nur funktionelle Folgen für die Betroffenen (kein Essen, ggf. Mangelernährung), sondern betreffen auch die Psyche. Zusätzlich betreffen diese psychischen Folgen nicht «nur» die Betroffenen selber, sondern auch alle, die mit der Schluckstörung in Kontakt kommen (Angehörige, Pflegepersonal, medizinisches Fachpersonal …).
"Psychodysphagiologie" zeigt die Zusammenhänge zwischen Schluckstörungen und psychischen Folgen erstmals konkret auf und bietet Hilfestellungen für alle, die an dem «System Dysphagie» beteiligt sind. Hierzu werden neben Grundinformationen zu Schluckstörungen, ihrer Therapie und dem Trachealkanülenmanagement auch Zusammenhänge zur Psychotraumatologie hergestellt.
Das Buch ist fachlich fundiert und für alle beteiligten Gruppen verständlich geschrieben.

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Jörn Döhnert

Psychodysphagiologie

Was Schluckstörungen mit der Seele machen

Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen!

- Konfuzius -

Impressum

Copyright: © 2014 Jörn Döhnert

Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-7375-1393-7

Inhalt

Vorworte

Kapitel 1: Dysphagie

Was heißt eigentlich „Dysphagie“?

Was bedeutet „Dysphagie“?

Woher kommt eine Dysphagie?

Was ist bei einer Dysphagie zu tun?

Wie kann eine Dysphagie therapiert werden?

Wie sind die Heilungschancen bei einer Dysphagie?

Kapitel 2: Trachealkanülenmanagement

Was ist ein Tracheostoma?

Was ist eine Trachealkanüle?

Welche Gründe gibt es für Tracheostoma und Trachealkanüle?

Welche Formen der Trachealkanülen gibt es?

Wann ist welche Form der Trachealkanüle sinnvoll?

Wie werden Trachealkanülen gepflegt?

Ist Therapie mit einer Trachealkanüle möglich?

Wann kann eine Trachealkanüle wieder entfernt werden?

Die Trachealkanüle ist entfernt – und dann?

Kapitel 3: Psychotraumatologie

Was ist ein Psychotrauma?

Wie kommt es zu einem Psychotrauma?

Wie entsteht eine Traumatisierung?

Wie kann eine Traumatisierung behandelt werden?

Neurologische Erkrankungen als Psychotrauma

Dysphagie als Trauma

Trachealkanüle als Trauma

Zusammenfassung: Trauma in der Psychodysphagiologie

Kapitel 4: Das System Dysphagie

Systemtheorie

Das System Dysphagie

Zusammenfassende Bemerkungen

Kapitel 5: Die Psyche der Beteiligten

Die Psyche der Betroffenen

Die Psyche der Angehörigen

Die Psyche der Therapeuten

Die Psyche des Pflegepersonals

Die Psyche der Ärzte

Zusammenfassung: Die Psyche der Beteiligten

Kapitel 6: Methoden zur Hilfe für die Psyche

Methode 1: Psychoedukation

Methode 2: Psychotraumatologie

Methode 3: Psychohygiene

Zusammenfassung: Methodik der Psychodysphagiologie

Fazit: Wünsche für das System Dysphagie

Betroffene und Angehörige

Therapeuten

Pflegepersonal

Ärzte

Zusammenfassung

Glossar

Literatur

Über den Autor

Vorworte

In Anlehnung an einen großen Künstler möchte ich eröffnen mit den Worten:

Noch ‘n Buch!

Heinz Erhardt (1909-1979) war ein Künstler, dessen Werkzeug die Sprache war. Durch einen Schlaganfall hat er dieses Werkzeug am Ende seines Lebens verloren und damit noch mehrere Jahre gelebt – oder leben müssen? Wie groß muss die psychische Belastung für ihn und seine Familie gewesen sein?

Und wie groß muss die psychische Belastung für Menschen sein, die gar nicht mehr oder nicht mehr richtig essen können? Essen ist eine Tätigkeit, die wir alle ausführen, meist täglich, häufig sogar mehrmals täglich und manchmal sogar mit Genuss. Ist diese Fähigkeit gestört, gibt es ein reichhaltiges Therapieangebot, das sie so gut und schnell wie möglich wiederherstellen soll.

Und trotzdem funktioniert nicht immer alles so, wie sich die Beteiligten das vorstellen. Und schon gar nicht so schnell. Wie frustrierend! Wie beängstigend! Wie furchtbar!

Mit diesen Gefühlen werden alle Beteiligten relativ allein gelassen. Es gibt Therapien für sämtliche Funktionen, es gibt Gespräche, Selbsthilfegruppen und Teamsitzungen – doch die Psyche wird nicht direkt behandelt. Auch im Rahmen einer Schluckstörung treten Probleme auf, die nicht „nur“ durch die herkömmlich angewandten Therapieformen (Ergo-, Physio- und Sprachtherapie/Logopädie) gelöst werden können. Betroffene, Angehörige und das medizinische Personal brauchen im Leben und ihrer Arbeit psychologische Unterstützung, damit sie weitermachen können.

In der Psychodysphagiologie soll aufgezeigt werden, wie eine solche Hilfe aussehen könnte.

Hierzu werden therapeutische, primär sprachtherapeutisch/logopädische Themen (Dysphagie, Trachealkanülenmanagement) mit psychotherapeutischen Themen (Psychotraumatologie, psychotherapeutische Methoden) in Verbindung gebracht. Schnittmengen der Themen werden dargestellt, um einen Ansatz zur Optimierung des medizinischen Arbeitens zu erarbeiten. Dies soll aufgrund meiner eigenen beruflichen Herkunft vor allem auf therapeutischer, aber auch auf pflegerischer und ärztlicher Ebene geschehen. So wird ein Konzept zum Umgang mit Dysphagien erstellt, das die bereits existierenden – und größtenteils funktionierenden – Konzepte ergänzen und damit bereichern kann: Die Psychodysphagiologie!

Deshalb noch ‘n Buch!

Dieses Buch soll für alle sein. Betroffene, Angehörige, Personen aus medizinischen Berufen – alle sollen das Buch verstehen und es als Bereicherung erkennen können. Aus diesem Grund wurde vor allem auf die Lesbarkeit geachtet, was bedeutet, dass zum einen auf Fußnoten o. Ä. verzichtet, zum anderen geschlechtsunspezifisch die männliche Form gewählt wurde. Alle anderen Geschlechter sind stets auch gemeint – je nach Inhalt wird somit der eine oder die andere an der jeweiligen Stelle bevorzugt behandelt.

In diesem Sinne: Viel Freude und alles Gute!

Kapitel 1: Dysphagie

In diesem Kapitel werden zunächst grundlegende Aspekte der Dysphagie geklärt:

Was heißt eigentlich „Dysphagie“?

Was bedeutet „Dysphagie“?

Woher kommt eine Dysphagie?

Was ist bei einer Dysphagie zu tun?

Wie kann eine Dysphagie therapiert werden?

Wie stehen die Heilungschancen bei einer Dysphagie?

Diese Fragen sind in unterschiedlichem Maße zu beantworten – sowohl im Umfang als auch vom Inhalt her. Beginnen wir also mit einer Begriffsklärung.

Was heißt eigentlich „Dysphagie“?

Das Wort Dysphagie kommt aus dem Griechischen, wo die Vorsilbe „dys-, -“ immer etwas Negatives, Schlechtes bezeichnet, und das Verb „phagein, “ auf Deutsch „schlucken“ heißt. Übersetzt heißt Dysphagie also ungefähr „etwas Schlechtes beim Schlucken“. Da wir uns im medizinischen Kontext bewegen, geht es hierbei sicherlich nicht um die Qualität des Essens. Vielmehr geht es um die Qualität des Schluckens, womit vor allem die Fähigkeit zu schlucken gemeint ist. Ist bei einer Fähigkeit „etwas Schlechtes“ vorhanden, sprechen wir von einer Störung. So können wir als Übersetzung von Dysphagie also von „Störung beim Schlucken“ oder kurz Schluckstörung sprechen – was in der Regel auch gemacht wird.

Begrifflich geht es um die Teile Schlucken und Störung . Beide Begriffe bedürfen einer genaueren Klärung, damit wir wissen, worüber geredet wird. Dies wird im folgenden Kapitel erledigt.

Was bedeutet „Dysphagie“?

1. Das Schlucken

Jeder Mensch schluckt täglich mehrere Hundert bis Tausend Male. Die wenigsten Menschen müssen darüber nachdenken – es passiert einfach. Grund dafür ist die Tatsache, dass ein Großteil des Schluckens reflektorisch abläuft. Dies bedeutet, dass in unserem Körper ein bestimmter Reflex ausgelöst wird, der eine bestimmte Aktion zur Folge hat. In diesem Fall das Schlucken – wir sprechen vom Schluckreflex . Dieser bezeichnet aber nur einen Teil des komplexen Vorgangs, der in unserem Kontext unter Schlucken verstanden wird – aus diesem Grund wird auch meist nicht „nur“ von Schlucken , sondern vom Schluck akt gesprochen. Dies weist schon darauf hin, dass es sich um einen größeren, komplexeren Vorgang handelt – einen „Akt“, nicht nur eine „Szene“. Der Schluckakt ist in einzelne Szenen bzw. Phasen unterteilt, die wir nun im Einzelnen betrachten.

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