Jan Moewes - Stephen Crane, Die rote Tapferkeitsauszeichnung.
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Jan Moewes
Stephen Crane, Die rote Tapferkeitsauszeichnung.
Deutsch von Jan Moewes
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jan Moewes Stephen Crane, Die rote Tapferkeitsauszeichnung. Deutsch von Jan Moewes Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort des Übersetzers
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
XVI
XVII
XVIII
IXX
XX
XXI
XXII
XXIII
XXIV
Impressum neobooks
Vorwort des Übersetzers
Immer wenn ich ein Buch ins Deutsche übersetzt habe, mussten zwei Grundvoraussetzungen erfüllt sein: das Buch musste mich fasziniert haben und es durfte im Deutschen nicht erschienen sein. Dieses Buch ist eineAusnahme – es gibt schon drei Übersetzungen. Doch die zwei die ich kennenlernen durfte – die dritte war nicht aufzutreiben – haben den Namen Übersetzung nicht verdient. Es sind oberlehrerhafte Nacherzählungen, die nichts, wirklich gar nichts vom Charme und der Spannung des Originals herüberbringen.
Alle drei waren ohnehin nur in der DDR erschienen, eine hat durch den Diogenes-Verlag Zürich nach der Wiedervereinigung wenigstens den Weg auch in denwestdeutschen Buchhandel gefunden, allerdings so erfolglos, dass Diogenes den Vertrieb bald eingestellt hat. Daher ist keine der einmal erschienenen Ausgaben heute noch lieferbar – das kommt dem nicht erschienen irgendwie gleich.
Dabei ist Stephen Crane durchaus kein Unbekannter, fast alle seiner kürzeren Erzählungen sind zu haben, nur sein eigentliches Meisterwerk, das als erster moderner Roman der Literaturgeschichte gezählt wird, hat den Sprung nicht geschafft. Das liegt sicher auch daran, dass in der sich gerade wieder bewaffnenden BRD niemand Interesse an einem Antikriegsroman hatte. Als ich dann Jahrzehnte später meine Übersetzung fertig hatte, die sich an Rhythmus, Melodie und Ausdrucksweise des Autors orientiert, hatte der Buchhandel sowohl mit den neuen Medien als auch mit der großen Krise zu kämpfen, und zeigte keinerlei Interesse an einem Buch, das sicher kein Bestseller werden wird, sondern vor allem literarisch Interessierte ansprechen kann. Dabei ist es ein Klassiker der Weltliteratur und vor allem, damit sind wir wieder am Anfang, es hat mich von der ersten bis zur letzten Zeile gefesselt und begeistert.
Besonders erstaunlich ist dabei, und nicht nur für mich sondern für alle, die sich mit dem Roman beschäftigt haben, dass Crane, der den Wahnsinn des Krieges so krass und klar zu schildern weiß, nie gedient hat, nie gekämpft hat, allerdings einen Teil seiner Schulzeit in einer Art Kadettenschule war, wo er gewiss den einen oder anderen Soldaten und seine Geschichten kennen gelernt hat, und später war er als Kriegsberichterstatter unterwegs, zuerst wohl im Spanisch-Amerikanischen Krieg.
Tod, Schmerz, Angst und Zweifel beschäftigten ihn mehr als stilles Glück und Selbstvertrauen. Besonders einfach hat er es nie gehabt. Wer möchte schon das achte überlebende Kind einer Methodistenfamilie sein. „Mami, warum haben wir so viele Kreuze im Garten?“ So jemand kann unmöglich alt werden. Und vor 130 Jahren schon gar nicht. Als er zwei war, haben sich die Eltern erstmals sehr um ihn gesorgt, und die sorgten sich nicht wegen ein bisschen Schnupfen, die kannten sich ja aus. Er war wohl eher klein und zerbrechlich, aber zäh muss er gewesen sein, ehrgeizig und willensstark. Mit vier hatte er sich das Lesen beigebracht, und mit 16 diverse Artikel veröffentlicht. „The red badge of courage“ war 1895, da war er 23, sein zweiter Roman und hat ihm Weltruhm eingebracht. Er zählt auch heute noch zu den großen amerikanischen Büchern und wurde mehrfach verfilmt, u.a. von John Houston. Das ist es wohl, was man den modernen Roman nennt, dass beim Lesen ein Film abläuft. Seine drastischen Dialoge in Dialekt und Slang tragen das ihre dazu bei. Und dann ist der „Film“ auch noch gut geschnitten. Deswegen hat mir das Buch ja so sehr gefallen. Und weil es ein Poet geschrieben hat, dessen Bilder des Schreckens voller Schönheit sind. „Die Granaten sahen aus wie seltsame Blumen des Krieges, die gewaltsam aufblühten.“
Von Crane haben fast alle Schreiber des 20. Jahrhunderts gelernt. Aber allzuviel Großartiges hat er danach nicht mehr zustande bekommen, „The open boat“ ist sicher noch erwähnenswert, das auf einer selbst erlebten Geschichte basiert. Und dann ist er mit 28 in Badenweiler an Turbekulose gestorben. Doch ein oder zwei Romane und etliche kürzere Geschichten machen ihn zu recht unsterblich. Er hat wohl auch alles andere als ein langweiliges Leben gehabt, seine Biographie klingt manchmal so wie Bukowski sie sich gewünscht hätte. Es ist erstaunlich, was man in 28 Jahren alles machen kann. Vor allem, wenn man schon mit Vier anfängt. Andere fangen erst mit 30 an. Die haben dann mit 60 nicht mal die Hälfte erlebt. Crane´s Biographie ist spannend und kurios, kann man bei wiki.com sehr ausführlich nachlesen (wenn man Englisch oder google-Deutsch versteht).
Hier dagegen kommen wir nun zum Thema, und Cranes großer Roman beginnt.
I
Widerwillig erhob sich die Kälte von der Erde, und die aufsteigenden Nebel ließen eine über die Hügel verstreute Armee erscheinen, noch im Schlaf. Während sich die Landschaft von Graubraun in Grün veränderte, erwachte das Heer, ungeduldig den neuen Gerüchten entgegenbangend. Die Augen spähten zu den Wegen, die allmählich von wassergefüllten Trögen zu wahrhaftigen Kanälen anwuchsen. Zu Füßen der Armee strudelte ein Fluss, bernsteingelb im Schatten seiner Ufer; doch nachts, wenn der Strom trauerndes Schwarz trug, sah man seinen Lauf entlang die roten, leuchtenden Augen der feindlichen Lagerfeuer im Unterholz der fernen Hügel glühen.
Ein hochgewachsener Soldat entdeckte plötzlich seine guten Seiten und ging entschlossen los, um sein Hemd zu waschen. Bald schon kam er vom Bächlein zurückgelaufen und schwenkte den Fetzen Stoff wie ein Banner. Aufgebläht platzte er mit den Neuigkeiten heraus, die er von einem zuverlässigen Freund gehört hatte, der sie von einem aufrichtigen Kavalleristen gehört hatte, der sie von seinem glaubwürdigen Bruder gehört hatte, einem der diensthabenden Offiziere im Divisionsstab. Er tat so wichtig wie ein rot-gold betresster Herold.
„Mohgen werma losmachen, ganz sicha!“ verkündete er einer Gruppe auf dem Wege, „ wir gehn den Fluss lang, gehn rüba und fall´nse inn Rücken!“
Laut erläuterte er seinen aufmerksamen Zuhörern in allen Einzelheiten einen brillanten Angriffsplan. Als er geendet hatte, zerstreuten sich die blau gekleideten Männer in kleine diskutierende Grüppchen zwischen den Reihen geduckter brauner Hütten. Ein schwarzer Gespannführer, der gerade noch, angefeuert von bald vierzig jubelnden Kameraden, auf den Brotkisten getanzt hatte, war plötzlich wieder allein. Missmutig hockte er sich hin. Rauch kringelte sich langsam aus zahllosen abenteuerlichen Kaminen empor.
„Dat issne Lühje, jenau dat isses – ne verdampte Lühje!“ schrie ein anderer Soldat. Sein weiches Gesicht war rot angelaufen und seine Fäuste hatte er wütend in den Hosentaschen geballt. Er fühlte sich persönlich angegriffen. „Ich jlaube nich, dat die verdampte olle Truppe sich überhaupma wieda bewehcht. Wir sin hängen jebliem! Ich hatt schon achtmah fettich jepackt inne letzten zwei Wochen und nix iss passiert.“
Der lange Soldat fühlte sich aufgerufen, die Wahrhaftigkeit eines Gerüchts zu verteidigen, das er selbst aufgebracht hatte. Fast hätte er sich deswegen mit dem Schreihals geprügelt.
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