Als der Teufel wieder fortgezogen war, holte die Alte die Ameise aus der Rockfalte, und gab dem Glückskind die menschliche Gestalt zurück. „Da hast du die drei goldenen Haare,“ sprach sie, „was der Teufel zu deinen drei Fragen gesagt hat, wirst du wohl gehört haben.“ „Ja,“ antwortete er, „ich habe es gehört und wills wohl behalten.“ „So ist dir geholfen,“ sagte sie, „und nun kannst du deiner Wege ziehen.“ Er bedankte sich bei der Alten für die Hilfe in der Noth, verließ die Hölle, und war vergnügt dass ihm alles so wohl geglückt war. Als er zu dem Fährmann kam, sollte er ihm die versprochene Antwort geben. „Fahr mich erst hinüber,“ sprach das Glückskind, „so will ich dir sagen wie du erlöst wirst,“ und als er auf dem jenseitigen Ufer angelangt war, gab er ihm des Teufels Rath, „wenn wieder einer kommt, und will übergefahren sein, so gib ihm nur die Stange in die Hand.“ Er gieng weiter und kam zu der Stadt, worin der unfruchtbare Baum stand, und wo der Wächter auch Antwort haben wollte. Da sagte er ihm, wie er vom Teufel gehört hatte, „tödtet die Maus, die an seiner Wurzel nagt, so wird er wieder goldene Äpfel tragen.“ Da dankte ihm der Wächter und gab ihm zur Belohnung zwei mit Gold beladene Esel, die mußten ihm nachfolgen. Zuletzt kam er zu der Stadt, deren Brunnen versiegt war. Da sprach er zu dem Wächter, wie der Teufel gesprochen hatte, „es sitzt eine Kröte im Brunnen unter einem Stein, die müßt ihr aufsuchen und tödten, so wird er wieder reichlich Wein geben.“ Der Wächter dankte, und gab ihm ebenfalls zwei mit Gold beladene Esel.
Endlich langte das Glückskind daheim bei seiner Frau an, die sich herzlich freute als sie ihn wiedersah und hörte wie wohl ihm alles gelungen war. Dem König brachte er was er verlangt hatte, die drei goldenen Haare des Teufels, und als dieser die vier Esel mit dem Golde sah, ward er ganz vergnügt und sprach „nun sind alle Bedingungen erfüllt und du kannst meine Tochter behalten. Aber, lieber Schwiegersohn, sage mir doch woher ist das viele Gold? das sind ja gewaltige Schätze!“ „Ich bin über einen Fluß gefahren,“ antwortete er, „und da habe ich es mitgenommen, es liegt dort statt des Sandes am Ufer.“ „Kann ich mir auch davon holen?“ sprach der König und war ganz begierig. „So viel ihr nur wollt,“ antwortete er, „es ist ein Fährmann auf dem Fluß, von dem laßt euch überfahren, so könnt ihr drüben eure Säcke füllen.“ Der habsüchtige König machte sich in aller Eile auf den Weg, und als er zu dem Fluß kam, so winkte er dem Fährmann, der sollte ihn übersetzen. Der Fährmann kam und hieß ihn einsteigen, und als sie an das jenseitige Ufer kamen, gab er ihm die Ruderstange in die Hand, und sprang davon. Der König aber mußte von nun an fahren zur Strafe für seine Sünden.
„Fährt er wohl noch?“ „Was denn? es wird ihm niemand die Stange abgenommen haben.“
30. Läuschen und Flöhchen
Ein Läuschen und ein Flöhchen die lebten zusammen in einem Haushalte und brauten das Bier in einer Eierschale. Da fiel das Läuschen hinein und verbrannte sich. Darüber fieng das Flöhchen an laut zu schreien. Da sprach die kleine Stubenthüre „was schreist du, Flöhchen?“ „Weil Läuschen sich verbrannt hat.“
Da fieng das Thürchen an zu knarren. Da sprach ein Besenchen in der Ecke „was knarrst du, Thürchen?“ „Soll ich nicht knarren?
Läuschen hat sich verbrannt,
Flöhchen weint.“
Da fieng das Besenchen an entsetzlich zu kehren. Da kam ein Wägelchen vorbei und sprach „was kehrst du, Besenchen?“ „Soll ich nicht kehren?
Läuschen hat sich verbrannt,
Flöhchen weint,
Thürchen knarrt.“
Da sprach das Wägelchen „so will ich rennen,“ und fieng an entsetzlich zu rennen. Da sprach das Mistchen, an dem es vorbei rannte, „was rennst du, Wägelchen?“ „Soll ich nicht rennen?
Läuschen hat sich verbrannt,
Flöhchen weint,
Thürchen knarrt,
Besenchen kehrt.“
Da sprach das Mistchen „so will ich entsetzlich brennen,“ und fieng an in hellem Feuer zu brennen. Da stand ein Bäumchen neben dem Mistchen, das sprach „Mistchen, warum brennst du?“ „Soll ich nicht brennen?
Läuschen hat sich verbrannt,
Flöhchen weint,
Thürchen knarrt,
Besenchen kehrt,
Wägelchen rennt.“
Da sprach das Bäumchen „so will ich mich schütteln,“ und fieng an sich zu schütteln, dass all seine Blätter abfielen. Das sah ein Mädchen, das mit seinem Wasserkrügelchen heran kam und sprach „Bäumchen, was schüttelst du dich?“ „Soll ich mich nicht schütteln?
Läuschen hat sich verbrannt,
Flöhchen weint,
Thürchen knarrt,
Besenchen kehrt,
Wägelchen rennt,
Mistchen brennt.“
Da sprach das Mädchen „so will ich mein Wasserkrügelchen zerbrechen,“ und zerbrach das Wasserkrügelchen. Da sprach das Brünnlein, aus dem das Wasser quoll, „Mädchen, was zerbrichst du dein Wasserkrügelchen?“ „Soll ich mein Wasserkrügelchen nicht zerbrechen?
Läuschen hat sich verbrannt,
Flöhchen weint,
Thürchen knarrt,
Besenchen kehrt,
Wägelchen rennt,
Mistchen brennt,
Bäumchen schüttelt sich.“
„Ei,“ sagte das Brünnchen, „so will ich anfangen zu fließen,“ und fieng an entsetzlich zu fließen. Und in dem Wasser ist alles ertrunken, das Mädchen, das Bäumchen, das Mistchen, das Wägelchen, das Besenchen, das Thürchen, das Flöhchen, das Läuschen, alles miteinander.
31. Das Mädchen ohne Hände
Ein Müller war nach und nach in Armuth gerathen und hatte nichts mehr als seine Mühle und einen großen Apfelbaum dahinter. Einmal war er in den Wald gegangen Holz zu holen, da trat ein alter Mann zu ihm, den er noch niemals gesehen hatte, und sprach „was quälst du dich mit Holzhacken, ich will dich reich machen, wenn du mir versprichst was hinter deiner Mühle steht.“ „Was kann das anders sein als mein Apfelbaum?“ dachte der Müller, sagte „ja,“ und verschrieb es dem fremden Manne. Der aber lachte höhnisch und sagte „nach drei Jahren will ich kommen und abholen was mir gehört,“ und gieng fort. Als der Müller nach Haus kam, trat ihm seine Frau entgegen und sprach „sage mir, Müller, woher kommt der plötzliche Reichthum in unser Haus? auf einmal sind alle Kisten und Kasten voll, kein Mensch hats hereingebracht, und ich weiß nicht wie es zugegangen ist.“ Er antwortete, „das kommt von einem fremden Manne, der mir im Walde begegnet ist und mir große Schätze verheißen hat; ich habe ihm dagegen verschrieben was hinter der Mühle steht: den großen Apfelbaum können wir wohl dafür geben.“ „Ach, Mann,“ sagte die Frau erschrocken, „das ist der Teufel gewesen: den Apfelbaum hat er nicht gemeint, sondern unsere Tochter, die stand hinter der Mühle und kehrte den Hof.“
Die Müllerstochter war ein schönes und frommes Mädchen, und lebte die drei Jahre in Gottesfurcht und ohne Sünde. Als nun die Zeit herum war, und der Tag kam, wo sie der Böse holen wollte, da wusch sie sich rein und machte mit Kreide einen Kranz um sich. Der Teufel erschien ganz frühe, aber er konnte ihr nicht nahe kommen. Zornig sprach er zum Müller „thu ihr alles Wasser weg, damit sie sich nicht mehr waschen kann, denn sonst habe ich keine Gewalt über sie.“ Der Müller fürchtete sich und that es. Am andern Morgen kam der Teufel wieder, aber sie hatte auf ihre Hände geweint, und sie waren ganz rein. Da konnte er ihr wiederum nicht nahen und sprach wüthend zu dem Müller „hau ihr die Hände ab, sonst kann ich ihr nichts anhaben.“ Der Müller entsetzte sich und antwortete „wie könnt ich meinem eigenen Kinde die Hände abhauen!“ Da drohte ihm der Böse und sprach „wo du es nicht thust, so bist du mein, und ich hole dich selber.“ Dem Vater ward angst, und er versprach ihm zu gehorchen. Da gieng er zu dem Mädchen und sagte „mein Kind, wenn ich dir nicht beide Hände abhaue, so führt mich der Teufel fort, und in der Angst hab ich es ihm versprochen. Hilf mir doch in meiner Noth und verzeihe mir was ich böses an dir thue.“ Sie antwortete, „lieber Vater, macht mit mir was ihr wollt, ich bin euer Kind.“ Darauf legte sie beide Hände hin und ließ sie sich abhauen. Der Teufel kam zum drittenmal, aber sie hatte so lange und so viel auf die Stümpfe geweint, dass sie doch ganz rein waren. Da mußte er weichen und hatte alles Recht auf sie verloren.
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