Isabell Sommer - Treulos

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Mein Name ist Patschke. Genau genommen ist es der Name von uns Dreien. Ina Patschke – so steht es in meinem rosa, leicht angegrauten Führerschein aus der nahen Steinzeit des letzten Jahrtausends, den wahrscheinlich die meisten Leser unter Ihnen gar nicht mehr kennen. Der rosa Lappen ist heutzutage einem schicken Führerschein aus abwaschbarem widerstandsfähigem, ökologisch bestens recyclebarem Hartplastik im EC-Kartenformat gewichen. Ob Schokoladenpudding oder Bolognesesauce, kein Fleck der Welt kann das Antlitz des Dokumentes jemals zerstören. Irgendwie tröstlich! Sicherlich vermuten Sie jetzt, bei mir würde es sich um eine schwer atmende Hochschwangere Ende des 8. Monats handeln, deren praller Bauch sich wie eine überdimensionale Wassermelone über die Hüften spannt und ab und zu etwas verformt wirkt, weil muntere Zwillinge im Fruchtwasser Purzelbäume schlagen. Aber weit gefehlt!
Wenn ich den Aussagen meines Gynäkologen Glauben schenken darf, dann befinde ich mich definitiv nicht in anderen Umständen.
"Frau Patschke, Sie müssen sich Ihre Eizellen in etwa so vorstellen, wie eine Fliege, die auf dem Rücken liegt."
Aha! Laut surrend und absolut hilflos also! Der Gedanke an insektenartige Eizellen, die in meinem Unterleib munter brummen, missfällt mir abgrundtief. Vielleicht liegt auch hier der Schlüssel zu meinem zumindest phasenweise so gut wie gar nicht vorhandenen Sexualleben. Manchmal habe ich schon das Gefühl, um meinen Unterleib ranken sich prächtige Spinnweben. Der Gedanke ist auch sehr nahe liegend: Fliegen gehen Spinnen schließlich nur allzu oft ins Netz. Aber dazu kommen wir später.
Wir drei heißen also Patschke. Damit meine ich aber nicht meine Familie, ich habe zwei Kinder und einen eher unterdurchschnittlichen Ehemann, sondern vielmehr die zwei Stimmen in meiner Brust: Knubbi und Paula!
Knubbi ist der klassische Mann wie ihn jeder von uns kennt: Meistens übel gelaunt, gereizt, genervt, besserwisserisch und übertrieben sparsam.

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TREULOS

ISABELL SOMMER

Impressum

Š Isabell Sommer

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-7390-8

All rights reserved

Nachdruck, auch auszugsweise, Übersetzung und jede Art der Vervielfältigung oder Wiedergabe nur mit Quellenangabe und schriftlicher Genehmigung der Verfasser.

>> Wenn einem die Treue Spaß macht, dann ist es Liebe.<<

Julie Andrews

Mein Name ist Patschke. Genau genommen ist es der Name von uns Dreien. Ina Patschke - so steht es in meinem rosa, leicht angegrauten Führerschein aus der nahen Steinzeit des letzten Jahrtausends, den wahrscheinlich die meisten Leser unter Ihnen gar nicht mehr kennen. Der rosa Lappen ist heutzutage einem schicken Führerschein aus abwaschbarem widerstandsfähigem, ökologisch bestens recyclebarem Hartplastik im EC-Kartenformat gewichen. Ob Schokoladenpudding oder Bolognesesauce, kein Fleck der Welt kann das Antlitz des Dokumentes jemals zerstören. Irgendwie tröstlich! Sicherlich vermuten Sie jetzt, bei mir würde es sich um eine schwer atmende Hochschwangere Ende des 8. Monats handeln, deren praller Bauch sich wie eine überdimensionale Wassermelone über die Hüften spannt und ab und zu etwas verformt wirkt, weil muntere Zwillinge im Fruchtwasser Purzelbäume schlagen. Aber weit gefehlt!

Wenn ich den Aussagen meines Gynäkologen Glauben schenken darf, dann befinde ich mich definitiv nicht in anderen Umständen.

„Frau Patschke, Sie müssen sich Ihre Eizellen in etwa so vorstellen, wie eine Fliege, die auf dem Rücken liegt.“

Aha! Laut surrend und absolut hilflos also! Der Gedanke an insektenartige Eizellen, die in meinem Unterleib munter brummen, missfällt mir abgrundtief. Vielleicht liegt auch hier der Schlüssel zu meinem zumindest phasenweise so gut wie gar nicht vorhandenen Sexualleben. Manchmal habe ich schon das Gefühl, um meinen Unterleib ranken sich prächtige Spinnweben. Der Gedanke ist auch sehr nahe liegend: Fliegen gehen Spinnen schließlich nur allzu oft ins Netz. Aber dazu kommen wir später.

Wir drei heißen also Patschke. Damit meine ich aber nicht meine Familie, ich habe zwei Kinder und einen eher unterdurchschnittlichen Ehemann, sondern vielmehr die zwei Stimmen in meiner Brust: Knubbi und Paula!

Knubbi ist der klassische Mann wie ihn jeder von uns kennt: Meistens übel gelaunt, gereizt, genervt, besserwisserisch und übertrieben sparsam.

Paula hingegen ist die Lebenslustige von beiden. Sie ist mutig, gespannt auf das Leben und setzt sich jede Menge Ziele. Natürlich ist sie auch sehr anspruchsvoll. Sie fordert mich jeden Tag auf, alles aus mir herauszuholen und meinem Leben eine bessere Wendung zu geben.

Mein Pech ist nur, dass sich die beiden auf den Tod nicht ausstehen können. Sie sind grundsätzlich unterschiedlicher Meinung und diskutieren leidenschaftlich gerne über sämtliche Belange, die mein Leben betreffen. Für mich als quasi Unbeteiligte hat deren streitsüchtiges Verhalten oft zur Folge, dass ich nicht weiß, auf wen von beiden ich hören soll.

Das fängt schon bei ganz simplen Alltagssituationen an. Samstagvormittag gehe ich beispielsweise immer in den nahe gelegenen Supermarkt, um dort den Wocheneinkauf für die Familie zu erledigen. Nun ist dieser Supermarkt aber kein Laden im herkömmlichen Sinne, nein, es ist vielmehr ein Supercenter. Es gibt dort alles was das Herz begehrt. Mode, Kosmetik, Elektrogeräte, Spielwaren, Bücher, Schmuck und natürlich auch ganz stinknormale Lebensmittel.

Ich bummele also jeden Samstagvormittag gemütlich durch das Supercenter. Ohne nervende Kinder im Schlepptau, die einen Tobsuchtsanfall vom Allerfeinsten inszenieren, wenn man sie nach einer guten halben Stunde sanftmütig versucht vom Spielwarenregal wegzulocken. Sie werfen sich auf den glänzend polierten Boden und schreien, als gehe es um ihr Leben.

Es dauert in der Regel nicht lange, dann nähert sich schon die erste Kundin, die in mir eine potenzielle Kindesentführerin sieht, und erbost auf mich einschreit:

„Lassen Sie sofort das Kind los oder ich rufe die Polizei!“

Kaum ist es gelungen, die Frau davon zu überzeugen, dass man tatsächlich die leibliche Mutter dieses kreischenden Wutbündels ist, findet man sich plötzlich umringt von einer Menge Erziehungsprofis wieder, die viele unerbetene Ratschläge auf Lager haben.

„Bei uns früher hätte es so etwas nicht gegeben. Dem Fratz gehört doch nur einmal ordentlich der Hosenboden poliert!“

oder

„So kaufen Sie dem Jungen doch wenigstens eine Kleinigkeit!“

Ich beeile mich also, mit hochrotem Kopf das fleischgewordene Rumpelstilzchen unter meinen Arm zu klemmen und das Supercenter so schnell wie möglich zu verlassen. Natürlich brauchte auch ich eine ganze Weile, bis ich begriffen habe, dass die Reizüberflutung durch das ungeheure Spielwarenangebot und das unbändige Temperament (oder der Sturschädel) meiner Kinder nicht zusammenpassen. Zwischenzeitlich habe ich verstanden, dass ein Bummel durch das Supercenter durchaus sehr entspannt sein kann, vorausgesetzt man weiß Mann und Kinder im trauten Zuhause.

Dessen kann ich mir heute absolut sicher sein. Mein abgrundtief durchschnittlicher Normalmann hat sich eben noch grunzend wie ein Wildschwein in den Federn gewälzt, als ich mich leise aus dem Bett geschlichen habe. Selbst die lieben Kleinen haben heute das Fünf-Uhr-Klingeln der nahe gelegenen Kirchturmuhr verschlafen. Normalerweise stehen sie um diese Zeit vor meinem Bett und rütteln so lange an meinen Schultern bis ich mich freiwillig erhebe, um ihnen zu nachtschlafender Zeit ein Frühstück zu servieren. In diesen Momenten verfluche ich mein Mutter-Dasein und hadere mit meinen Eizellen – wäre es manchmal nicht praktischer, sie hätten sich schon vor neun Jahren dazu entschließen können, ihre Beweglichkeit den Fleischfliegen anzupassen?

Schnell versuche ich die Gedanken an meine täglich wiederkehrenden Mutterpflichten beiseite zu schieben. Nichts vermag es, mir meine Samstag vormittägliche Auszeit von Wutanfällen, Hausaufgaben und Kochtöpfen zu vermiesen. Zur Vorbereitung auf meine Shoppingtour schnappe ich mir schnell den Hochglanzprospekt des Markts und studiere die brandneuen Sonderangebote. Aber es ist nichts dabei, was mein Interesse auch nur ansatzweise erwecken könnte.

Keine reduzierte Antifaltencreme, keine Highheels zum Supersonderpreis!

Hackfleisch, Nudeln, Salat, Toilettenpapier,

Definitiv nichts, mit dem man ein Frauenherz an einem kinder-und männerfreien Vormittag beglücken könnte. Der Hochglanzprospekt landet also in hohem Bogen im Müll.

In diesem Moment überkommt mich ein Gefühl der unbandingen Schadenfreude.

Ja, ich werde heute das Haushaltsgeld, das mein Mann mir jeden Monat auf Heller und Cent genau passend auf den Küchentisch zählt, ohne zu vergessen die exakte Summe akkurat ins Haushaltsbuch einzutragen, mit vollen Händen verschleudern!

Warum auch sollte ich einen mittelschweren Bandscheibenvorfall riskieren, nur um die preiswertesten Artikel aus den untersten, bei meiner Größe leider sehr Rücken unfreundlichen Regalen zu fischen?

Knubbi verpasst mir einen Tritt mitten in den Rippenbogen. Er ist empört.

„Du kannst doch nicht einfach das hart verdiente Geld deines Mannes verprassen! Deine Eltern haben dich doch zur Sparsamkeit erzogen! Wie willst du über die Runden kommen, wenn du schon am ersten Samstag des Monats alles ausgibst?“

Paula reagiert auf diesen Kommentar nur mit spöttischem Gelächter.

„Der ist doch selbst schuld! Ina käme doch gar nicht auf die Idee, wenn er sie nicht immer an der kurzen Leine halten würde!“

„Aber

“

Die zwei Streithähne belasten meinen unbeschwerten Einkaufsbummel. Energisch versuche ich die beiden zum Schweigen zu bringen.

„Schluss jetzt!“

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