Robert Silverberg - Schmerzhafte Wiedergeburt
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- Название:Schmerzhafte Wiedergeburt
- Автор:
- Издательство:Wilhelm Goldmann
- Жанр:
- Год:1976
- Город:München
- ISBN:3-442-23240-6
- Рейтинг книги:4 / 5. Голосов: 1
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Robert Silverberg
Schmerzhafte Wiedergeburt
Hinter den tröstlichen Mauern der Zentrale von Terra Import auf Kollidor beschäftigte sich Commander Leon Warshow nervös mit den Psychoberichten auf seinem spiegelglatten Schreibtisch. Commander Warshow dachte über Raumfahrer Matthew Falk nach, und über sich selbst. Commander Warshow war im Begriff, ganz berechenbar zu reagieren.
Personalleutnant Krisch hatte ihm die Geschichte von Falk vor einer Stunde mitgeteilt, und Warshow tat das, was man von ihm erwartete. Er wartete auf den Jungen, nachdem er ihn im Anschluß an eine hastige Besprechung mit Cullinan, dem düsteren Psycho-Offizier der ›Magyar‹, zu sich bestellt hatte.
Eine Ordonnanzstimme tönte aus dem Wechselsprechgerät: »Raumfahrer Falk ist hier, Sir.«
»Er soll ein paar Minuten warten«, sagte Warshow zu hastig. »Ich lasse ihn rufen.«
Eine taktische Verzögerung. Warshow fragte sich, warum er, ein Offizier, vor einem Gespräch mit einem Mannschaftsdienstgrad so verkrampft war, und blätterte die Unterlagen über Matt Falk durch.
›Vollwaise 2543… Akademie… zwei Jahre Kommerzdienst, Militärvertrag… Verletzung auf dem Weg nach Kollidor…‹
Beigefügt waren ausführliche medizinische Berichte über Falks Verletzung, und Dr. Sigstroms Bestätigung. Dazu eine sehr positive Disziplinarliste und ein guter Psycho-Umriß.
Warshow drückte auf die Taste.
»Schicken Sie Falk herein«, sagte er.
Der Photonenstrahl klickte, und die Tür ging auf. Matt Falk kam herein und starrte seinen Vorgesetzten mit steinernem Gesicht an; Warshow funkelte zurück und betrachtete den jungen Mann, als habe er ihn nie zuvor gesehen. Falk war gerade fünfundzwanzig, sehr hochgewachsen und hellblond, mit breiten, muskulösen Schultern und scharfen, blauen Augen. Die Narbe an der linken Gesichtshälfte war fast unsichtbar, aber nicht einmal chemotherapeutische Inkubation hatte die glatte Gleichmäßigkeit der Kieferpartie wiederherstellen können. Falks Gesicht wirkte sonderbar schief; die unverletzte rechte Kieferhälfte zog sich glatt und fest zum Kondylus, während die linke noch unbestimmbare, aber deutlich vorhandene Spuren des schrecklichen Schiffsunfalls verriet.
»Sie brauchen mich, Commander?«
»Wir verlassen Kollidor morgen, Matt«, sagte Warshow leise. »Leutnant Krisch sagte mir, daß Sie nicht ins Schiff zurückgekommen sind, um Ihre Sachen zu packen. Warum nicht?«
Das Kinn, das demoliert und wieder aufgebaut worden war, zitterte ein wenig.
»Sie wissen doch, Sir. Ich fliege nicht zur Erde zurück, Sir. Ich bleibe hier… bei Thetona.«
Eisige Stille. Dann sagte Warshow mit berechnender Grausamkeit: »Sie sind also wirklich scharf auf das Plattgesicht, wie?«
»Mag sein«, murmelte Falk. »Das Plattgesicht. Na und?« Seine leise Stimme klang trotzig und verbittert.
Warshows Anspannung nahm zu. Er versuchte, die Aufgabe vorsichtig zu lösen, ohne dem jungen Falk weitere psychopersönliche Schäden zuzufügen. Ein psychotisches Besatzungsmitglied auf einer fremden Welt zurückzulassen, war ausgeschlossen — aber Falk zwangsweise aus dem festen Geflecht von Beziehungen zu reißen, das ihn mit Kollidor verband, würde Narben nicht nur bei einem Besatzungsmitglied, sondern auch beim Kapitän hinterlassen.
Schwitzend sagte Warshow: »Sie sind von der Erde, Matt. Wollen Sie nicht —?«
»Nach Hause? Nein.«
Der Commander grinste schwach.
»Das klingt aber sehr endgültig, mein Junge.«
»Ist es auch«, sagte Falk steif. »Sie wissen, warum ich hierbleiben will. Und ich bleibe hier. Darf ich mich jetzt entschuldigen, Sir?«
Warshow trommelte auf die Tischplatte, zögerte kurz und nickte dann.
»Wegtreten, Mr. Falk.« Es hatte wenig Sinn, zu verlängern, was er jetzt als von Anfang an zweckloses Gespräch begriff. Er wartete ein paar Augenblicke, als Falk gegangen war, dann schaltete er die Sprechanlage ein. »Schicken Sie bitte Major Cullinan herein.«
Der Psycho-Experte erschien sofort.
»Also?«
»Der Junge will bleiben«, sagte Warshow. »Vollständige und einseitige Fixierung. Na los, durchbrechen Sie sie.«
Cullinan zuckte die Achseln.
»Wir müssen ihn vielleicht hierlassen, darauf läuft es hinaus. Haben Sie das Mädchen gesehen?«
»Kollidorerin. Ein fremdes Wesen. Häßlich wie die Sünde. Ich habe ihr Bild gesehen. Er hatte es über seiner Koje hängen, bis er auszog. Und wir können ihn nicht hierlassen, Major.«
Cullinan zog eine buschige Braue hoch.
»Wir können versuchen, Falk zurückzuholen, wenn Sie darauf bestehen — aber es wird nichts nützen. Es geht nicht, ohne ihn zu verkrüppeln.«
Warshow pfiff vor sich hin und mied den Blick Cullinans.
»Ich bestehe darauf«, sagte er schließlich. »Es gibt keine Alternative.« Er drückte auf die Taste. »Leutnant Krisch, bitte.«
Nach einer Pause sagte er: »Krisch, hier Warshow. Sagen Sie den Leuten, daß der Start um vier Tage verschoben ist. Molhaus soll die Umlaufbahn neu berechnen. Ja, vier Tage. Vier.« Warshow starrte auf die Akte Falk und zog die Brauen zusammen. Cullinan schüttelte traurig den Kopf und rieb sich die beginnende Glatze.
»Ein drastischer Schritt, Leon.«
»Ich weiß, aber ich lasse Falk nicht zurück.« Warshow stand auf, sah Cullinan unsicher an und fügte hinzu: »Wollen Sie mitkommen? Ich fahre nach Kollidor City.«
»Wozu?«
»Ich möchte mit dem Mädchen reden«, sagte Warshow.
Später, im wirren Netz zielloser Straßen der fremden Stadt, bedauerte Warshow, daß er Cullinan nicht befohlen hatte, ihn zu begleiten. Er zwängte sich durch Schwärme ruhiger, häßlicher, breitgesichtiger Kollidorer.
Was sollte er tun, wenn er schließlich die Wohnung von Falk und seinem Kollidorer Mädchen erreicht hatte? Warshow war nicht daran gewöhnt, zwischenmenschliche Situationen dieser Art am Boden zu bewältigen. Er wußte nicht, was er zu dem Mädchen sagen sollte. Mit Falk glaubte er zurechtkommen zu können.
›Die Beziehung zwischen Commander und Besatzungsmitglied ist wie die zwischen Eltern und Kind‹, stand im Handbuch. Warshow grinste unsicher. Er kam sich gar nicht väterlich vor.
Er ging weiter. Kollidor City breitete sich vor ihm aus wie ein verworrenes Wollknäuel, das in fünf Richtungen gleichzeitig auseinanderrollte; die Straßen schienen völlig willkürlich angelegt worden zu sein. Aber Warshow kannte die Stadt gut. Das war bereits seine dritte Dienstzeit im Sektor Kollidor; dreimal hatte er Fracht von der Erde mitgebracht, dreimal gewartet, während sein Schiff mit Exportgütern Kollidors beladen wurde.
Am Himmel brannte die ferne blau-weiße Sonne. Kollidor war der dreizehnte Planet in seinem System; er flog auf einer Bahn um den grellen Stern, die fast vier Milliarden Meilen von ihm entfernt war.
Warshows Nase rann ein wenig; das erinnerte ihn daran, daß die regelmäßige Anti-Heuschnupfen-Spritze fällig war. Er war, wie seine ganze Besatzung, bereits gründlich gegen die meisten Arten fremder Krankheiten geschützt, die ihnen bei dieser Reise begegnen mochten.
Aber wie schützt man jemanden wie Falk? fragte sich Warshow düster. Der Commander wußte keine Antwort darauf. Normalerweise schien es nicht erforderlich zu sein, Raumfahrer dagegen zu impfen, daß sie sich in Frauen von fremden Planeten verliebten, aber —
»Guten Tag, Commander Warshow«, sagte eine trockene Stimme plötzlich.
Warshow schaute sich überrascht und verärgert um. Der Mann, der hinter ihm stand, war groß, mager, mit harten, wulstigen Backenknochen, die grotesk aus pergamentartiger, kreideweißer Haut ragten. Warshow erkannte die genetische Struktur und den Mann. Es war Domnik Kross, ein Händler von der früheren Terra-Kolonie auf Rigel IX.
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