Doch besser und richtiger ist es wohl, wenn ich behaupte, daß alles Übel vom bösen Beispiel herrührt, und daß die Schwäche unserer Natur lediglich darin liegt, daß wir dem bösen Beispiel zu folgen gezwungen sind. Überzeugt bin ich auch, daß das menschliche Geschlecht recht eigentlich dazu bestimmt ist, dies böse Beispiel zu geben.
Bist du geliebter Katerjüngling, der du dieses liesest, nicht einmal in deinem Leben in einen Zustand geraten, der, dir selbst unerklärlich, dir überall die bittersten Vorwürfe und vielleicht auch – einige tüchtige Bisse deiner Kumpane zuzog? Du warst träge, zänkisch, ungebärdig, gefräßig, fandest an nichts Gefallen, warst immer da, wo du nicht sein solltest, fielst allen zur Last, kurz, warst ein ganz unausstehlicher Bursche! – Tröste dich o Kater! Nicht aus deinem eigentlichen, tiefern Innern formte sich diese heillose Periode deines Lebens, nein, es war der Zoll, den du dem über uns waltenden Prinzip dadurch darbrachtest, daß auch du dem bösen Beispiel der Menschen, die diesen vorübergehenden Zustand eingeführt haben, folgtest. Tröste dich o Kater! denn auch mir ist es nicht besser ergangen!
Mitten in meinen Lukubrationen überfiel mich eine Unlust – eine Unlust gleichsam der Übersättigung von unverdaulichen Dingen, so daß ich ohne weiteres auf demselben Buch, worin ich gelesen, auf demselben Manuskript, woran ich geschrieben, mich zusammenkrümmte und einschlief. Immer mehr und mehr nahm diese Trägheit zu, so daß ich zuletzt nicht mehr schreiben, nicht mehr lesen, nicht mehr springen, nicht mehr laufen, nicht mehr mit meinen Freunden im Keller, auf dem Dache, mich unterhalten mochte. Statt dessen fühlte ich einen unwiderstehlichen Trieb, alles das zu tun, was dem Meister, was den Freunden nie angenehm sein, womit ich ihnen beschwerlich fallen mußte. Was den Meister anlangt, so begnügte er, lange Zeit hindurch, sich damit, mich fortzujagen, wenn ich zu meiner Lagerstätte immer Plätze erkor, wo er mich durchaus nicht leiden konnte, bis er endlich genötigt wurde, mich etwas zu prügeln. Immer wieder auf des Meisters Schreibtisch gesprungen, hatt' ich nämlich so lange hin und her geschwänzelt, bis die Spitze meines Schweifes in das große Tintenfaß geraten, mit der ich nun auf Boden und Kanapee die schönsten Malereien ausführte. Das brachte den Meister, der keinen Sinn für dieses Genre der Kunst zu haben schien, in Harnisch. Ich flüchtete auf den Hof; aber beinah noch schlimmer ging es mir dort. Ein großer Kater von Ehrfurcht gebietendem Ansehen, hatte längst sein Mißfallen über mein Betragen geäußert; jetzt, da ich ihm freilich tölpischerweise einen guten Bissen, den er zu verzehren eben im Begriff, vor dem Maule wegschnappen wollte, gab er mir ohne Umstände eine solche Menge Ohrfeigen von beiden Seiten, daß ich ganz betäubt wurde und mir beide Ohren bluteten. – Irre ich nicht, so war der würdige Herr mein Oheim, denn Minas Züge strahlten aus seinem Antlitz, und die Familienähnlichkeit des Barts unleugbar. – Kurz, ich gestehe, daß ich mich in dieser Zeit in Unarten erschöpfte, so daß der Meister sprach: ich weiß gar nicht, was dir ist, Murr! ich glaube am Ende, du bist jetzt in die Lümmeljahre getreten! Der Meister hatte recht, es war meine verhängnisvolle Lümmelzeit, die ich überstehen mußte, nach dem bösen Beispiel der Menschen, die, wie gesagt, diesen heillosen Zustand, als durch ihre tiefste Natur bedingt, eingeführt haben. Lümmeljahre nennen sie diese Periode, unerachtet mancher Zeit seines Lebens nicht herauskommt; unsereins kann nur von Lümmelwochen reden, und ich meinerseits kam nun auf einmal heraus, mittels eines starken Rucks, der mir ein Bein oder ein paar Rippen hätte kosten können. Eigentlich sprang ich heraus aus den Lümmelwochen auf vehemente Weise.
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