Астрид Линдгрен - Karlsson vom Dach
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Einband und Illustrationen von ILON WKLAND
Lillebror ist das sdrwediscbe Wort für Brüderchen.
Mehr von Karlsson und Lillebror erfahrt ihr in den Büchern: „Karlsson fliegt wieder" „Der beste Karlsson der Welt"
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Astrid Lindgren. Karlsson vom Dach
In Stockholm, in einer ganz gewöhnlichen Straße, in einem ganz gewöhnlichen Haus wohnt eine ganz gewöhnliche Familie, und die heißt Svanteson. Dazu gehören ein ganz gewöhnlicher Papa und eine ganz gewöhnliche Mama und drei ganz gewöhnliche Kinder, Birger, Betty und Lillebror. „Ich bin überhaupt kein gewöhnlicher Lillebror", sagt Lillebror.
1. Karlsson vom Dach
Aber das stimmt nicht. Er ist wirklich ein ganz gewöhnlicher Junge. Es gibt so viele Jungen, die sieben Jahre alt sind und blaue Augen haben und eine Stupsnase und ungewaschene Ohren und zerrissene Hosen. Lillebror ist also ein ganz und gar gewöhnlicher Junge, das steht fest. Birger ist fünfzehn Jahre alt und spielt Fußball und kommt in der Schule schlecht mit. Er ist also auch ein ganz gewöhnlicher Junge. Und Betty ist vierzehn und trägt ihr Haar in einem Pferdeschwanz, genau wie andere ganz gewöhnliche Mädchen.
Außergewöhnlich in diesem Haus ist nur einer, und das ist Karlsson vom Dach. Er wohnt oben auf dem Dach, der Karlsson, und schon das ist ja etwas recht Außergewöhnliches. Es mag in anderen Gegenden der Welt anders sein, aber in Stockholm kommt es fast nie vor, daß jemand in einem besonderen kleinen Haus wohnt, welches oben auf dem Dach steht. Das aber tut Karlsson. Er ist ein sehr kleiner und sehr rundlicher und sehr selbstbewußter Herr, und er kann fliegen. Mit Flugzeugen und Hubschraubern können alle Menschen fliegen, aber außer Karlsson gibt es niemand, der ganz allein fliegen kann. Karlsson dreht bloß an einem Knopf, der ungefähr mitten vor seinem Nabel sitzt, und wips springt ein winzig kleiner Motor an, den er auf dem Rücken hat. Während der Motor anläuft, steht Karlsson eine Weile still. Und dann, wenn der Motor auf genügend Touren gekommen ist, steigt Karlsson auf und schwebt so fein und würdevoll dahin wie ein Bürovorsteher — falls man sich einen Bürovorsteher mit Motor auf dem Rücken vorstellen kann.
Karlsson fühlt sich in seinem kleinen Haus oben auf dem Dach riesig wohl. Abends sitzt er auf der Treppe vorm Haus und raucht seine Pfeife und guckt die Sterne an. Natürlich kann man die Sterne vom Dach aus viel besser sehen als von irgendeiner anderen Stelle im Haus. Es ist also eigentlich sonderbar, daß nicht mehr Menschen auf einem Dach wohnen. Aber die Mieter im Haus wissen nichts davon, daß man auf einem Dach wohnen kann, sie wissen nicht einmal, daß Karlsson sein kleines Haus dort oben hat, weil es nämlich so gut hinter dem großen Schornstein versteckt ist. Die meisten Menschen bemerken solche kleinen Häuser wie das von Karlsson gar nicht, selbst wenn sie darüber fallen. Nur einmal sah ein Schornsteinfeger Karlssons kleines Haus, als er gerade den Schornstein fegen wollte, und er war wirklich sehr verblüfft.
Sonderbar, sagte er zu sich selbst, hier steht ein Haus. Man sollte es nicht glauben, aber hier steht tatsächlich ein Haus oben auf dem Dach. Wie mag das nur hierhergekommen sein? Aber dann machte er sich daran, den Schornstein zu fegen und vergaß das Haus ganz und gar und dachte nie mehr daran. Für Lillebror war es bestimmt eine Freude, mit Karlsson bekannt zu werden, denn wenn Karlsson angeflogen kam, wurde alles so abenteuerlich und aufregend. Für Karlsson war es vielleicht auch eine Freude, mit Lillebror bekannt zu werden, denn wie es auch sei, so gemütlich ist es doch wohl kaum, ganz allein in einem Haus zu wohnen, ohne daß jemand eine Ahnung davon hat. Es freut einen sicher, wenn jemand „Heißa hopsa, Karlsson" ruft, sobald man angeflogen kommt. So ging es zu, als Karlsson und Lillebror sich kennenlernten: Es war einer jener verdrehten Tage, wo es kein bißchen Spaß machte, Lillebror zu sein. Im allgemeinen war es ganz schön, Lillebror zu sein, denn er war der Liebling der ganzen Familie, den alle verhätschelten, so sehr sie konnten. Aber es gab viele Tage, da war alles verdreht. Da gab es Schelte von Mama, weil neue Löcher in die Hosen gekommen waren, und Betty sagte: „Putz dir die Nase, Bengel", und Papa machte Krach, weil man nicht rechtzeitig von der Schule heimkam.
„Was hast du dich auf der Straße herumzutreiben?" sagte Papa.
Auf der Straße herumtreiben — Papa wußte ja nicht, daß Lillebror einem Hund begegnet war. Einem wunderhübschen Hund, der Lillebror beschnuppert und mit dem Schwanz gewedelt und so ausgesehen hatte, als wollte er gern Lillebrors Hund werden.
Wäre es nach Lillebror gegangen, dann hätte er es sofort werden können. Aber nun war es so, daß Papa und Mama auf keinen Fall einen Hund im Hause haben wollten. Und außerdem kam da plötzlich eine Dame an, und die rief: „Fiffi, komm her", und da begriff Lillebror, daß dieser Hund niemals ihm gehören konnte.
„Sieht nicht so aus, als ob man je in seinem Leben einen eigenen Hund bekommen würde", sagte Lillibror an diesem Tag, als alles so verdreht war, bitter. „Du, Mama, du hast Papa, und Birger und Betty halten immer zusammen, aber ich, ich habe niemand."
„Liebster Lillebror, du hast doch uns alle miteinander", sagte Mama.
„Das hab' ich doch überhaupt nicht", sagte Lillebror noch bitterer, denn ihm kam es plötzlich so vor, als habe er niemand auf der ganzen Welt.
Eins aber hatte er nun doch. Er hatte ein eigenes Zimmer, und in das ging er hinüber.
Es war ein heller, schöner Frühlingsabend, und das Fenster stand offen. Die weißen Gardinen wehten sacht hin und her, als ob sie den kleinen blassen Sternen dort oben am Frühlingshimmel zuwinkten. Lillebror stellte sich ans Fenster und schaute hinaus. Er dachte an den hübschen Hund und malte sich aus, was der wohl jetzt machte. Vielleicht lag er in einem Hundekorb irgendwo in einer Küche, vielleicht saß ein Junge — nicht Lillebror, sondern ein anderer Junge — auf dem Fußboden neben ihm und streichelte seinen struppigen Kopf und sagte: „Fiffi, du bist ein feiner Hund." Lillebror seufzte tief. Da hörte er ein leises Brummen. Das Brummen wurde lauter, und ehe er sich's versah, kam ein kleiner dicker Mann langsam ans Fenster geflogen. Das war Karlsson vom Dach, aber das wußte Lillebror ja noch nicht. Karlsson warf nur einen langen Blick auf Lillebror, und dann segelte er weiter. Er drehte eine kleine Runde über dem Hausdach gegenüber, umflog einmal den Schornstein und steuerte dann wieder auf Lillebrors Fenster zu. Er hatte jetzt die Geschwindigkeit erhöht, und er zischte an Lillebror vorbei fast wie ein kleiner Düsenjäger. Mehrmals zischte er vorbei, und Lillebror stand nur stumm da und wartete und fühlte, wie es ihm im Magen kribbelte vor Aufregung, denn es kommt ja nicht alle Tage vor, daß kleine dicke Männer am Fenster vorbeifliegen. Schließlich verlangsamte Karlsson dicht vor dem Fenster die Fahrt.
„Heißa hopsa", sagte er. „Darf man sich hier ein wenig niederlassen?"
„Ja, bitte sehr", sagte Lillebror. „Ist es nicht schwer, so zu fliegen?"
„Für mich nicht", sagte Karlsson und warf sich in die Brust. „Für mich ist es überhaupt nicht schwer. Ich bin nämlich der beste Kunstflieger der Welt. Ich möchte aber nicht jedem ixbeliebigen Strohkopf raten, es nachzumachen."
Lillebror fühlte, daß er selber „jeder ixbeliebige Strohkopf" sei, und beschloß sofort, er wolle bestimmt nicht versuchen, Karlssons Flugkünste nachzumachen. „Wie heißt du?" fragte Karlsson.
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