Agatha Christie - Ein gefährlicher Gegner

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Ein gefährlicher Gegner: краткое содержание, описание и аннотация

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Die Originalausgabe erschien unter dem Titel
THE SECRET ADVERSARY
© 1922 Agatha Christie Limited, a Chorion Company.
All rights reserved.
Ein gefährlicher Gegner © Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main,
Januar 2008
Copyright © 2008 Hachette Collections
für die vorliegende Ausgabe.

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Am 7. Mai 1915, um zwei Uhr nachmittags, erhielt die Lusitania kurz hintereinander zwei Torpedotreffer. Sie sank schnell, während in aller Eile die Boote zu Wasser gelassen wurden. Frauen und Kinder wurden zu den Booten geführt und warteten darauf, an die Reihe zu kommen. Einige von ihnen klammerten sich noch immer verzweifelt an ihre Männer und Väter; andere drückten ihre Kinder an die Brust. Ein Mädchen stand ganz allein, ein wenig abseits von den anderen. Sie war kaum älter als achtzehn und schien keine Angst zu haben.

«Verzeihung!»

Die Stimme eines Mannes dicht neben ihr ließ sie zusammenfahren. Sie wandte sich um. Der Mann, der sie angesprochen hatte, war ihr schon einige Male unter den Passagieren der ersten Klasse aufgefallen. Es hatte ihn etwas Geheimnisvolles umgeben, das sie irgendwie reizte. Er sprach mit keinem Menschen. Auch hatte er die Angewohnheit, hin und wieder nervös und argwöhnisch um sich zu blicken. Nun bemerkte sie, dass er sehr erregt war. Auf seiner Stirn standen Schweißtropfen.

«Bitte?» Ihre ernsten Augen begegneten fragend seinem Blick.

Er sah sie verzweifelt an. Er schien unentschlossen. Unvermittelt sagte er dann. «Sind Sie Amerikanerin?»

«Ja.»

«Patriotin?»

Das Blut schoss dem Mädchen ins Gesicht. «Woher nehmen Sie sich das Recht zu einer solchen Frage?»

«Seien Sie mir nicht böse. Wenn Sie wüssten, was auf dem Spiel steht. Ich muss einem Menschen etwas anvertrauen – und es muss eine Frau sein.»

«Warum?»

«Frauen und Kinder werden zuerst gerettet.» Er blickte um sich und senkte die Stimme. «Ich habe Dokumente bei mir, die ungeheuer wichtig sind. Sie können für die Kriegführung der Alliierten geradezu entscheidend sein. Haben Sie mich verstanden? Diese Papiere müssen gerettet werden! Dazu besteht bei Ihnen größere Aussicht als bei mir. Nehmen Sie sie?»

Das Mädchen streckte die Hand aus.

Der Mann zögerte. «Ich muss Sie warnen. Es könnte eine gewisse Gefahr damit verbunden sein – vielleicht ist man mir gefolgt. Ich glaube es nicht, aber das weiß man nie. Haben Sie den Mut, das auf sich zu nehmen?»

Das Mädchen nickte. «Ja. Was soll ich mit den Papieren anfangen?»

«Ich werde in der Spalte ‹Persönliches› in der Times eine Anzeige einsetzen lassen, die mit ‹Bordkamerad› beginnt. Falls Sie nach drei Tagen nichts finden, wissen Sie, dass ich auf dem Meeresgrund liege. Dann bringen Sie das Paket in die amerikanische Botschaft und übergeben es dem Botschafter persönlich. Ist das klar?»

«Vollkommen.»

«Gut. Dann passen Sie auf, ich werde mich jetzt von Ihnen verabschieden.» Er nahm ihre Hand in die seine. «Leben Sie wohl. Und alles Gute!», sagte er nun lauter.

Ihre Hand schloss sich um das kleine Paket in Öltuch, das er in der Hand gehalten hatte.

Die Lusitania neigte sich heftig nach Steuerbord. Das Mädchen gehorchte einem knappen Befehl und ging zur Reling, um in das Rettungsboot zu steigen.

1

«Tommy, alter Bursche!»

«Tuppence, alte Nuss!»

Der junge Mann und das Mädchen begrüßten einander herzlich und versperrten für einen Augenblick den Ausgang der Untergrundbahn in der Dover Street. Die Bezeichnung «alt» war einigermaßen irreführend. Ihre Jahre hätten, zusammengerechnet, kaum fünfundvierzig ausgemacht.

«Habe dich ja seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen», fuhr der junge Mann fort. «Wohin willst du denn? Komm, geh mit mir eine Kleinigkeit essen. Wenn wir hier noch lange im Weg herumstehen, machen wir uns nur unbeliebt.»

Das Mädchen war einverstanden und sie gingen die Dover Street hinunter auf Piccadilly zu.

«Wo gehen wir denn hin?», meinte Tommy.

Die Unruhe, die in seiner Stimme mitschwang, war Miss Prudence Cowley, im Freundeskreis aus unerfindlichen Gründen «Tuppence» genannt, nicht entgangen. Sofort hakte sie ein: «Tommy, du bist pleite!»

«Aber gar nicht», erklärte Tommy. «Ich schwimme im Geld.»

«Du warst schon immer ein schamloser Lügner», erwiderte Tuppence, «schon damals, als du Schwester Greenbank einredetest, der Arzt hätte dir Bier zur Stärkung verschrieben.»

Tommy lachte. «Die alte Katze war ganz aus dem Häuschen, als sie mir auf die Schliche kam, weißt du noch? – Das Lazarett; ist ja nun wohl auch, wie alles andere, demobilisiert, was?»

Tuppence seufzte auf. «Ja. Und du auch?»

Tommy nickte. «Vor zwei Monaten.»

«Und das Entlassungsgeld?»

«Verpulvert.»

«Ach, Tommy!»

«Nein, meine Liebe, nicht etwa in Saus und Braus. Das ganz gewöhnliche Leben ist heute teuer genug. Das kann ich dir versichern, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest…»

«Mein Lieber», unterbrach ihn Tuppence, «das brauchst du mir nicht zu erzählen, ich weiß Bescheid. Aber hier ist ein ganz nettes Lokal, gehen wir rein – und jeder bezahlt für sich! Keine Widerrede!»

Das Lokal war voll und sie mussten ziemlich lange nach einem Tisch suchen, wobei sie hier und dort Bruchstücke von Gesprächen aufschnappten.

«Und, weißt du, sie setzte sich einfach hin und weinte, als ich ihr sagte, sie könnte die Wohnung doch nicht haben.» – «Es war tatsächlich ein Gelegenheitskauf, meine Liebe! Genau das Gleiche, das Mabel Lewis aus Paris mitgebracht hat…»

«Komisches Zeug bekommt man hier zu hören», murmelte Tommy. «Ich kam heute auf der Straße an zwei Burschen vorbei, die redeten von einer Jane Finn. Hast du jemals so einen Namen gehört?»

In diesem Augenblick erhoben sich zwei ältere Damen, lasen ihre Päckchen auf, und Tuppence ließ sich geschickt auf einen der freien Stühle gleiten.

Tommy bestellte Tee und Kuchen und Tuppence Tee und Toast mit Butter.

«Den Tee in zwei Kannen», fügte sie streng hinzu.

Tommy setzte sich ihr gegenüber. Ohne Hut kam jetzt sein dichtes, sorgfältig zurückgebürstetes rotes Haar zur Geltung. Sein Gesicht war in sympathischer Weise hässlich – nicht besonders auffällig und doch unverkennbar das Gesicht eines Gentleman und Sportsmanns. Sein brauner Anzug war gut gearbeitet, schien sich jedoch gefährlich den Grenzen seiner Lebensdauer zu nähern.

Auch Tuppence konnte keineswegs als schön gelten, aber in den feinen Zügen ihres schmalen Gesichts lagen Charakter und Charme. Ein energisches Kinn und große, graue Augen, die unter geraden, schwarzen Brauen ein wenig verträumt in die Welt blickten. Auf ihrem schwarzen, kurzen Haar trug sie einen kleinen hellgrünen Hut und ihr äußerst kurzer und ziemlich abgetragener Rock ließ ein Paar ungewöhnlich schlanke Beine sehen. Ihre Erscheinung hatte einen gewissen kühnen Schick.

Endlich kam der Tee. Tuppence löste sich aus tiefem Nachdenken und schenkte ein.

«Also», begann Tommy, nachdem er von seinem Kuchen abgebissen hatte, «wollen wir mal auspacken. Vergiss nicht, ich habe dich seit damals im Lazarett nicht mehr gesehen. Das war 1916.»

«Na gut.» Tuppence kaute mit gutem Appetit an ihrem Toast. «Kurze Lebensbeschreibung von Miss Prudence Cowley, der fünften Tochter des Diakons Cowley in Little Missendell, Suffolk. Miss Cowley hatte die Freuden (und Leiden) ihres Familienlebens schon zu Anfang des Krieges verlassen und war nach London gekommen, wo sie in ein Offizierslazarett eintrat. Erster Monat: jeden Tag sechshundertundachtundvierzig Teller abwaschen. Zweiter Monat: befördert, besagte Teller abzutrocknen. Dritter Monat: befördert zum Kartoffelschälen. Vierter Monat: befördert, Brot und Butter zu schneiden. Fünfter Monat: befördert, ein Stockwerk höher mit Schrubber und Eimer die Aufgaben eines Putzmädchens zu übernehmen. Später befördert bei Tisch zu servieren. Neunter Monat: befördert, die Krankenzimmer auszufegen, wo ich Leutnant Thomas Beresford, einen Freund aus meiner Kindheit, traf, den ich seit fünf Jahren nicht mehr gesehen hatte. Dieses Wiedersehen war ergreifend. Am Ende des Jahres das Lazarett verlassen. Danach fuhr die hoch begabte Miss Cowley nacheinander einen Lieferwagen, einen Lastwagen und einen General. Es war ein ziemlich junger General.»

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