Jetzt stand erst einmal der Spaß im Vordergrund.
Lucious sah, wie sich etwas in Gang setzte als die ersten Menschen schreiend aus ihren Häusern rannten. Er deutete mit einer seiner Hände, die in einer Gantelet steckte, auf etwas. Seine goldene Rüstung fing das Sonnenlicht ein.
„Dort!“
Er gab seinem Pferd die Sporen, hob einen Speer und warf ihn in Richtung einer der davonlaufenden Menschen. Neben ihm fingen seine Männer weitere Frauen und Männer wieder ein. Sie hackten auf sie ein und töteten sie. Am Leben ließen sie gelegentlich nur jene, von denen anzunehmen war, dass sie auf dem Sklavenmarkt mehr einbringen würden.
Lucious fand, dass es eine Kunst war, ein Dorf richtig niederzubrennen. Es war wichtig, nicht voreilig einzuschreiten und alles anzuzünden. So gingen nur Amateure vor. Bei einem eiligen Einschreiten würden die Menschen nur davonrennen. Legte man in der falschen Reihenfolge die Feuer, dann riskierte man, dass die Menschen ihre Wertsachen zurückließen. Ließ man ihnen zu viele Fluchtrouten, dann könnten sie weniger Menschen versklaven.
Die Vorbereitung war maßgeblich. Er hatte seine Männer in einer Kette aufstellen lassen, das war außerhalb des Dorfs gewesen und lange bevor er in seiner gut sichtbaren Rüstung hineingeritten war. Einigen der Bauern genügte der bloße Anblick und sie rannten davon. Das hatte Lucious genossen. Es war gut, gefürchtet zu werden. Es war Recht, dass er gefürchtet wurde.
Sie hatten nun die nächste Stufe erreicht und verbrannten ein paar der am wenigsten wertvollen Häuser. Sie schleuderten von oben Fackeln in die Hütten. Die Menschen konnten nicht davonlaufen, wenn man ihr Versteck im Erdgeschoss anzündete, und wenn sie nicht davonliefen, dann hatte das Ganze keinen Unterhaltungswert.
Später würden sie sich dem klassischen Plündern widmen, gefolgt von Folter derjenigen, von denen man annahm, dass sie entweder Rebellensympathien hegten oder Wertsachen unterschlugen. Und schließlich die Hinrichtungen. Lucious lächelte bei diesem Gedanken. Normalerweise statuierte er lediglich Exempel. Doch heute würde er... umfassender durchgreifen.
Er dachte an Stephania während er durch das Dorf ritt und sein Schwert zog, um es rechts und links von sich zum Einsatz zu bringen. Für gewöhnlich reagierte er auf Zurückweisung weniger gut. Wenn eine der jungen Mädchen aus dem Dorf es versucht hätte, dann hätte Lucious sie wahrscheinlich lebendig häuten lassen, als sie in die Sklavengräben zu schicken.
Doch bei Stephania war es anders. Es war nicht nur ihre Schönheit und Eleganz. Als er noch geglaubt hatte, dass sie nicht mehr als das zu bieten hatte, hätte er keinen Gedanken daran verschwendet, sie wie ein erhabenes Tier gefügig zu machen.
Jetzt, da er erkannt hatte, dass sie mehr als das verkörperte, hatten sich seine Gefühle für sie verändert, intensiviert. Sie war nicht nur das perfekte Schmuckwerk für den zukünftigen König; sie war jemand, die verstand, wie die Welt funktionierte, und sie war bereit, jede Intrige in Kauf zu nehmen, um das zu bekommen, was sie wollte.
Das war der wesentliche Grund, weshalb er sie hatte gehen lassen; er zog zu viel Befriedigung aus ihren Spielchen. Er hatte sie in eine Ecke getrieben, und sie war gewillt gewesen, ihren Untergang an den seinen zu knüpfen. Er fragte sich, was sie als nächstes vorhatte.
Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er sah, wie zwei seiner Männer eine Familie mit ihren Schwertern bedrohten: ein fetter Mann, eine ältere Frau und drei Kinder.
„Warum atmen sie noch unsere Luft?“ fragte Lucious.
„Eure Majestät“, bekniete ihn der Mann, „ich bitte Euch. Meine Familie war Eurem Vater stets treu ergeben. Wir haben mit der Rebellion nichts am Hut.“
„Du meinst also, dass ich mich geirrt habe?“ fragte Lucious.
„Wir sind treu ergeben, Eure Majestät. Erbarmen.“
Lucious legte seinen Kopf auf eine Seite. „In Ordnung, angesichts eurer Loyalität, werde ich großzügig sein. Ich werde einem eurer Kinder erlauben, zu leben. Ich werde sogar dir überlassen, welches. Eigentlich befehle ich es dir.“
„A-aber... wir können uns doch nicht zwischen unseren Kindern entscheiden“, sagte der Mann.
Lucious wandte sich an seine Männer. „Seht ihr? Selbst, wenn ich ihnen Befehle erteile, gehorchen sie nicht. Töte sie alle und verschwendet nicht noch einmal meine Zeit mit solchem Kram. Jeder und jede in diesem Dorf wird entweder getötet oder versklavt. Lasst euch das nicht zwei Mal sagen.“
Er ritt davon in Richtung der anderen Häuser, die in Flammen standen, während hinter ihm Geschrei einsetzte. Dieser Morgen war wirklich ganz wunderbar.
KAPITEL SIEBEN
„Arbeitet schneller, ihr lahmen Hunde!“ schrie der Wächter und Sartes winselte, als die Peitsche seinen Rücken traf. Wenn er gekonnt hätte, dann wäre er herumgewirbelt und hätte es mit dem Wächter aufgenommen, aber ohne Waffe kam das einem Selbstmord gleich.
Anstelle einer Waffe hatte er einen Eimer. An einen anderen Gefangenen gekettet, sollte er den Teer aufsammeln und in große Kübel packen. Diese wurden dann von den Gruben an einen Ort gebracht, wo der Teer für die Abdichtung von Booten, Dächern, Straßen und wasserdichten Mauern genutzt werden konnte. Es war schwere Arbeit und dabei noch an eine andere Person gekettet zu sein, machte es noch schwerer.
Der Junge, an den er gekettet war, war kaum größer als Sartes und sah bedeutend schmächtiger aus. Sartes kannte seinen Namen noch nicht, denn die Wachen bestraften jeden, der zu viel sprach. Sie dachten sicherlich, dass sie eine Revolte planten, dachte Sartes. Wenn er sich einige der Männer neben sich so ansah, konnte Sartes das auch verstehen.
Die Teergräben waren ein Ort, an den einige der schlimmsten Verbrecher Delos’ gesandt wurden, und das sprach für sich. Es gab Kämpfe ums Essen und Kämpfe um den Rang als stärksten Mann, auch wenn dieser Status schnell eingebüßt wurde. Wenn die Wachen sie beobachteten, dann hielten sie ihre Köpfe gesenkt. Diejenigen, die zu langsam waren, wurden geschlagen oder in den Teer geworfen.
Der an Sartes gekettete Junge schien nicht recht zu den anderen hier zu passen. Er war klapperdürr und sah aus, als würde er jeden Moment unter den Anstrengungen des Teerabbaus zusammenbrechen. Seine Haut war dreckig und von Brandmalen überzogen, die er sich bei Kontakt mit dem Teer zugezogen haben musste.
Eine Gaswolke schwebte über der Grube. Sartes konnte die Luft anhalten, doch sein Gefährte hatte weniger Glück. Er begann zu husten und Sartes spürte den Zug an der Kette als er zu stolpern begann. Er war im Begriff hinzufallen.
Sartes musste nicht zwei Mal darüber nachdenken. Er ließ seinen Eimer fallen, sprang nach vorne und hoffte, dass er schnell genug sein würde. Er spürte, wie sich seine Finger um den Arm des anderen Jungen legten. Sein Arm war so dünn, dass seine Hand ihn komplett umschloss und wie eine zweite Fessel war.
Der Junge stolperte auf den Teer zu und Sartes riss ihn zurück. Sartes konnte die Hitze spüren, die von dort ausging. Er sprang zurück, denn die Hitze versengte ihm beinahe die Haut. Er ließ den anderen Jungen nicht los, bis er wieder sicher auf solidem Boden war.
Der Junge hustete und röchelte, er schien zu versuchen, Worte zu formen.
„Es ist gut“, versicherte ihm Sartes. „Du bist sicher. Versuch, nicht zu sprechen.“
„Danke“, sagte er. „Hilf... mir... hoch. Die Wache – “
„Was ist hier los?“ bellte ein Wächter und ließ bei jedem Wort seiner Frage die Peitsche niedergehen, sodass Sartes aufschrie. „Warum faulpelzt ihr hier herum?“
„Es waren die Dämpfe, mein Herr“, sagte Sartes. „Sie haben ihn für einen Moment lang die Orientierung verlieren lassen.“
Das brachte ihm einen weiteren Peitschenhieb ein. Sartes wünschte sich nichts sehnlicher, als in diesem Augenblick eine Waffe zu haben. Etwas das er benutzen konnte, um zurückzuschlagen, aber es gab nur diesen Eimer und viel zu viele Wächter. Ceres hätte bestimmt einen Weg gefunden, sie alle damit lahm zu legen und dieser Gedanke zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht.
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