Antanas Škėma - Apokalyptische Variationen

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Antanas Škėma (1910–1961) arbeitete sein ganzes Leben daran, das von ihm Durchlebte in Literatur zu verwandeln. Sein einziger Roman, «Das weiße Leintuch», gibt Zeugnis von seinem New Yorker Exil. Daneben sind aus allen Phasen seines Lebens literarische Stücke überliefert: Erzählungen, Skizzen, Szenen und Verdichtungen. Es sind in Blickwinkel und literarischer Gestaltung einzigartige Schlüsselszenen der Weltgeschichte: die Kindheit während des Ersten Weltkriegs und des Bürgerkriegs in der russischen und ukrainischen Provinz, Schulzeit und Studium, frühe literarische Versuche im unabhängigen Zwischenkriegslitauen sowie unter sowjetischer und deutscher Besatzung, die dramatische Flucht vor den Sowjets, das Leben als displaced person in Thüringen und Bayern und als Neuankömmling in Chicago und New York. All das spiegelt sich in facettenreichen Prosastücken.
"Apokalyptische Variationen" umspielt die Verheerungen der Geschichte des 20. Jahrhunderts und den Riss, der die Existenzen durchzieht. Schreibend vergewissert sich Škėma seiner Biografie und versucht Sinn und Bedeutung in ihren Splittern aufzuspüren. Wir können lesend nachvollziehen, wie sich die Aussichtslosigkeit in seine Sprache einschreibt, wie diese immer mehr zerspringt, sich auflöst – und wie aus der sprachlichen Entgrenzung eine ganz neue Form entsteht. Claudia Sinnig greift in ihrer Übersetzung die Vielfalt von Škėmas Erzählstilen auf, schürft tief im Sprachmaterial, lotet Trauer und Dunkelheit aus und geht auch der Hoffnung und dem Vorwärtsstreben auf den Grund. Erlösung findet sich vielleicht nicht in Škėmas Leben, aber in seiner Literatur.

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Da begann der Mann auf allen vieren zu kriechen, langsam, ganz langsam, wie ein Raubtier vor dem Sprung. Der Koffer wurde größer. Ja, er konnte deutlich die blitzenden Teile aus Nickel sehen und den Schmutzfleck an der linken Seite. Aber warum waren neben dem Koffer Haare? Goldene Haare, ohne Gesicht. Es gab kein Gesicht. Ein dunkelrotes Oval. Und kleine Rinnsale von Blut fließen herab, sie winden sich in kleinen Strömchen durch die Wölbungen des Ohrs und fallen in großen Tropfen auf die Erde.

Der Mann stürzte zum Graben. Vom Graben zum Gesicht. Und wieder und wieder und wieder. Mit seinen Handflächen schöpfte er Wasser und wusch das geliebte Gesicht. Wusch es ab. Erstarrte. Nun musste er nicht mehr rennen. Präzise, mit erstaunlich mathematischer Präzision, waren die Kugeln durch den Propeller des Flugzeugs geflogen. In leuchtenden Bögen waren sie geflogen. Durch das rechte Auge hinein, durch den Hinterkopf hinaus. Und ein Auge war heil geblieben. Und blau. Und erstaunt. Und mädchenhaft. Viele schöne Dinge konnte man dort sehen, wenn das Mädchen an einem stillen Abend träumte.

Eine Zeitlang hockte der Mann erstarrt da. Dann heulte er. Wie ein eingesperrter Hund. Und dann weinte er, bis er keine Tränen mehr hatte, und heulte wieder, bis er keine Luft mehr bekam. Dann begannen in der Nähe Artilleriegeschosse einzuschlagen. Der Mann zog einen Zaunpfahl aus dem Boden und wühlte die nasse Erde auf. Er wühlte eine nicht besonders tiefe Grube. Das Werkzeug war ungeeignet und seine Kräfte gering. Er zwängte den Leichnam des Mädchens in die Grube. Und zum letzten Mal küsste er das blaue Auge. Dann scharrte er die Grube zu und ging auf der Landstraße davon. An den Pfahl, mit dem er seine Tochter begraben hatte, hängte er den ziemlich neuen gelben Lederkoffer. In dem Koffer waren ein bisschen Essen, ein kleiner Topf und ihre Wäsche. Verschiedenfarbig, aus Seide. So wie es sich für ein junges und hübsches Mädchen gehört.

Endlich ermüdete der Wind. Er quiekste wehmütig, streichelte das Haar, die schwarzen Blätter der umgestürzten Birke und verschwand. Wieder begann es zu regnen. Fein, unausweichlich, hartnäckig. Der Mensch stand auf, hängte den Koffer an den Pfahl und ging auf der Landstraße davon. Dort, hinter dem dunklen Horizont, ragte eine unsichtbare Mauer auf. Dort endete das letzte Fleckchen Heimat und breitete sich das grausame, unbekannte Deutschland aus. Die gebrochene Birke blieb zum Verrotten in ihrer eigenen Erde.

IN DEN BERGEN

Ein rutschiger Fahrdamm, der sich bergauf wand. Zu beiden Seiten geschützt von dunklen Fichtensäumen. Zwei Menschen gingen ihn langsam hinauf. Am Vortag hatte es geschneit, man konnte ausgleiten. Deshalb stützte der Mann mit seiner Hand öfter den Ellenbogen der Frau. Die Frau lief gleichgültig weiter, als würde sie seinen stillen Beistand nicht bemerken. Der Fahrdamm wand und wand sich. Dort oben, hoch über den Fichtenkronen, erwarteten sie die gestreiften Gebirgskämme. Felsen, Schnee und in Wellen ziehende Wolken warteten auf sie.

Rasch wurde es dunkel, deshalb konnte der Mann den Blick der kleinen Frau nicht sehen. Ihre winzigen Schritte und ihre kleinen Schühchen mit den schiefen Hinterkappen ließen den Mann schweigen. Wie verzaubert beobachtete er ihre schlanken Füße und zählte die Schritte. Sechshundertvierundzwanzig, oder vielleicht … achthundert. Die Zahlen gerieten ihm durcheinander …

Sie hatte ihn am Bahnhof empfangen und, nach eineinhalb Jahren Trennung, nur vier Worte zu ihm gesagt: »Bist du nicht müde?« Aus irgendeinem Grund hatte sie sich nicht an seine wartende Brust geschmiegt und war nicht eingetaucht in die Seen seiner blauen Augen. Vier Worte, sonst nichts. Und der rutschige Fahrdamm, die dunklen Fichtensäume, die schiefen kleinen Schuhe, das Durcheinander der Zahlen. Warum? Diese Frage würgte ihm die Kehle ab, sie stieg unwillkürlich in ihm hoch. Nach eineinhalb Jahren …

Wo war sie gewesen? Die Bedeutung dieser drei Wörter verstand der Mann ganz genau, sie hatten sich in sein Gehirn eingebrannt. Damals, dort, in Litauen – plötzlich war die Front da – war er im Gebell der Maschinengewehre als Erster durch diesen engen Graben gekrochen. Als Erster, um sie zu beschützen. Um als Erster der Gefahr ausgesetzt zu sein. Dann endete der Graben, und ganz in der Nähe ragten die Mauern eines Gehöfts auf, aber dorthin musste man etwa einhundert Meter rennen, und die Maschinengewehre bellten zudringlich. Sie hatte Angst und beschloss zurückzubleiben. Bis die MGs verstummen würden und er sich in diesem Gehöft umgeschaut hätte. Und der Mann war mit angehaltenem Atem diese einhundert Meter gerannt. Er erreichte den verfallenen Hof. Dort warteten Menschen, Fuhrwerke und Pferde auf Ruhe. Um zu fliehen, fort. Und wirklich, eine Stunde später schwiegen die Maschinengewehre, und er traf einen guten Bekannten und erbat zwei Plätze auf einem Fuhrwerk.

Dann kehrte er zu dem Graben zurück. Der Graben war leer. Sie war weg. Was nützte es, dass der Mann auf dem Feld herumirrte und schrie, bis er heiser wurde, und dass er später weinte. Und als er das Weinen vergessen hatte, kitzelte das Salz der Tränen seine Wangen, und dieses seltsame Gefühl weckte in ihm den Wunsch, leise zu heulen. Dennoch holte ihn der Wahnsinn wieder ein; gegen Abend bellten, wie auf Verabredung, die Maschinengewehre wieder los, und der Mann ging allein weiter, fort. Ins Ungewisse.

Und eineinhalb Jahre lang …

Oh, er kannte die in sein Gehirn eingebrannten Wörter: Wo ist sie?

Deshalb suchte, deshalb fand er sie. Und jetzt, da sie zu zweit höher und höher hinaufgingen, betrachtete er furchtsam die gestreiften Gebirgskämme und zählte die Schritte ihrer schlanken Füße. Sechshundertvierundzwanzig, oder vielleicht achthundert …

Plötzlich endeten die dunklen Fichtensäume, der Fahrdamm vollzog eine jähe Wendung, und das Gebirge stand direkt vor ihnen, auf der rechten Seite. Sie fürchteten sich nicht vor der Nacht, denn auf den Gipfeln leuchtete der Schnee, vielleicht auch der Widerschein der am Himmel aufgegangenen Sterne. Hier, auf der rechten Seite des Fahrdamms, lauschte der Abgrund ihren Schritten. Unten drängten sich die Lichter des Dorfs aneinander, und die unerträgliche Stille entrang dem Gaumen des Mannes fünf Wörter:

»Wie hast du dich gerettet?«

Die Frau wandte ihm ihr Gesicht nicht zu. Er hörte zum zweiten Mal ihre geliebte Stimme. Sie war ein bisschen heiser und sehr eintönig:

»Ich habe abgewartet, bis es ruhig war, und dann wurde ich von Soldaten entdeckt. Sie waren mit einem Lastwagen unterwegs, du weißt, auf dieser Landstraße. Sie haben mich mitgenommen.«

»Warum bist du nicht in das Gehöft gekommen?«

Die Frau wandte sich noch immer nicht zu ihm um. Den folgenden Satz sprach sie ganz heiser aus:

»Sie hatten keine Zeit. Sie hatten es eilig. Sie haben mich auf die andere Seite mitgenommen.«

Jetzt verschwanden die Sterne. Die Frau und der Mann spürten den lautlosen Schnee fallen. Eine Schneeflocke taute auf den langen Wimpern der Frau. Sie schüttelte ihren Kopf, und das erinnerte den Mann an ein Spiel, das die beiden gespielt hatten, als sie jung waren. Damals war er gern überraschend an sie herangetreten und hatte ihre Nackenbeuge geküsst. Hier, ein kleines Stück unter dem Hinterkopf. Und dann hatte sie genau so ihren Kopf geschüttelt. Und sie hatten beide gelacht, wie kleine Kinder. Und dann hatten sie sich richtig geküsst. Jetzt wurde die Frau von einer Schneeflocke geküsst, und seine Berührung an ihrem Ellenbogen spürte sie nicht einmal. Der Mann schüttelte selbst seinen Kopf, und sein Blick glitt nach rechts, aber das Gebirge war nicht mehr auf der rechten Seite.

Milliarden Schneeflocken hingen zwischen dem Gebirge und den beiden, die seinen grauen Schleier erklommen. Und hinter dem Schleier, schien es, war die Unendlichkeit. Und sie schien bedrohlich, diese Unendlichkeit, es war, als lauerte hinter dem undurchsichtigen Grau ein grausamer Herrscher – das Schweigen der Berge, das sie zerschmelzen konnte wie die Schneeflocke, die sich auf den Wimpern der Frau aufgelöst hatte. Dieser Gedanke machte dem Mann Angst, seine Nerven waren in diesen eineinhalb Jahren zermürbt, das Entscheidende war die ständige Frage – wo ist sie? Deshalb drückte er, nach Rettung suchend, ihren Arm zusammen. Etwas zu hart, ein wenig über dem Ellenbogen.

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