Impressum
© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-96688-077-0
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Fred McMason
Die Arwenacks werden hart bedrängt und gehen zum Konterangriff über
Juni 1599 – Westküste von Indien .
Seit zwei Tagen regnete es fast ununterbrochen .
Die Arwenacks hatten sich noch lange nicht an diesen warmen Monsunregen gewöhnt .
Das Rauschen klang entsetzlich eintönig .
Der Regen verwischte die Konturen und verzerrte sie ins Abstrakte .
Ein greller Blitz stach aus dem merkwürdigen Zwielicht, den der Regen mit einem kräftigen Guß zu löschen schien. Donner rollte über die Bucht in der Nähe von Surat, Donner, dessen Grollen ebenfalls von den Geräuschen prasselnden Regens erstickt wurde .
Verdammt! Zwei Treffer hatten sie bisher empfangen. Die Schebecke war dabei ordentlich geschüttelt worden. Und es sah ganz so aus, als würden sie noch mehr Treffer einstecken müssen .
Der Mann, den sie Seewolf nannten, fluchte leise und unterdrückt .
Sie saßen in einer tödlichen Falle …
Die Hauptpersonen des Romans:
César Garcia– ist zwar stolzer Kommandant der Kriegs-Galeone „Aguila“, aber dennoch ein Giftzwerg, der von seinem Haß auf den Seewolf fast zerfressen wird.
Francis Ruthland– hat sich als Kapitän der „Ghost“ zwar mit Capitán Garcia zur Jagd auf den Seewolf verbündet, aber viel Freude bringt ihm das Bündnis nicht ein.
Don Juan de Alcazar– steigt als Einzelkämpfer bei Nacht und Nebel auf die „Aguila“ und sorgt dort für erhebliche Aufregung.
Edwin Carberry– nimmt zusammen mit Jan Ranse zwei „Kundschafter“ hopp und versorgt sie mit „Profos-Hämmern“.
Philip Hasard Killigrew– braucht eine Menge Glück und Verstand, um sich aus einer Falle zurückziehen zu können.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Begonnen hatte es damit, daß sie zwei Schiffbrüchige auf einem Floß an Bord genommen hatten. Sie wollten in dieser Bucht abgesetzt werden, um sich zu ihren spanischen Landsleuten durchzuschlagen – hatten sie erklärt.
Hasard hatte eingewilligt. Schiffbrüchigen wurde grundsätzlich geholfen, auch wenn sie auf der Gegenseite standen wie diese beiden Spanier.
Sie hatten die Bucht angelaufen, und dann waren plötzlich die beiden Schiffe wie aus dem Nichts aufgetaucht. Versteckt hinter einem Mangrovenwald hatten sie gelauert.
Damit war der Überraschungsangriff perfekt gelungen, und die Arwenacks waren ahnungslos in die Falle gegangen.
Der Regen troff Hasard von den Haaren ins Hemd. Er sah die anderen wie durch einen dunstigen Schleier – Gestalten, die hin und her eilten und mitunter nicht zu erkennen waren, so hüllte sie dieser lauwarme Monsunregen ein.
Zum Glück war er so dicht, daß auch der Gegner Schwierigkeiten hatte, das Ziel zu erfassen. Zwei Gegner waren es: die spanische Kriegsgaleone „Aguila“ und die zweimastige Karavelle „Ghost“, unter dem Kommando von Francis Ruthland, jenem Bastard, dem die Arwenacks ihr Desaster in Surat zu verdanken hatten.
Was den Kapitän der „Aguila“ betraf, so hatte César Garcia eine ganz spezielle Rechnung mit dem Seewolf zu begleichen. Der Mann, der sich nicht scheute, profitbringend Sklaven zu verkaufen, hatte den Seewolf seit etlichen Monaten verfolgt, bis er die Spur in Indien aufgenommen hatte.
Sein grenzenloser Haß hatte ihn getrieben und stachelte ihn immer noch an. Wie es schien, hatten er und Ruthland sich verbündet, um El Lobo del Mar gemeinsam zur Strecke zu bringen.
Hasards Blick wanderte durch den Regen wieder zu dem Viermaster, nachdem er kurz die Karavelle gemustert hatte. Von der „Ghost“ mit ihren kleinen Geschützen war nicht viel zu befürchten, aber die „Aguila“ war ein Brocken!
Sie war eine Viermastgaleone mit je zwölf Culverinen, die unter Deck standen. Das waren vierundzwanzig Geschütze. Auf der Kuhl standen auf jeder Seite nochmals vier Geschütze, ganz abgesehen von den vielen Drehbassen vorn und achtern. Insgesamt waren es zweiunddreißig Langrohrgeschütze gegen zwölf Culverinen der Schebecke.
Demnach muß die kleine Krücke mitgerechnet werden, dachte der Seewolf. Die „Ghost“ war wie ein übler Skorpion und konnte gefährliche Stiche austeilen.
„Diese Bastarde verstehen ihr Handwerk“, knurrte Ben Brighton. „Das muß ihnen der Neid lassen.“
„Ja, sie verstehen es“, sagte Hasard mißmutig. „Dieser Giftzwerg hat auch keine Trottel an Bord, und er selbst ist ein erbarmungsloser Tyrann. Soll ja schon gegen Drake gekämpft haben.“
„Ja, so habe ich es auch gehört.“
Es wehte nur ein kaum spürbares Lüftchen in dieser Bucht, und so konnte der Spanier nicht näher an die Schebecke heran. Seine Culverinen waren nicht besser oder schlechter als die der Arwenacks. Er hatte nur wesentlich mehr davon – dreimal so viele Geschütze –, die er auch rigoros einsetzte.
Hasard erwog, den Rückzug anzutreten, denn hier lagen sie wie auf dem Präsentierteller. Schon der nächste Treffer konnte ihnen schweren Kummer bereiten.
Seine übliche Taktik ging hier nicht auf. Er konnte keinen Konterangriff fahren, eine Breitseite abfeuern und wieder blitzschnell verschwinden. Er konnte der Galeone auch keinen Treffer ins Ruderblatt beibringen. Aber zurückziehen konnten sie sich, wenigstens vorerst, bis der Wind wieder wehte. Sie hatten gegenüber der Galeone und der Zweimastkaravelle den Vorteil, daß sie die Schebecke stehend aus der Gefahrenzone rudern konnten.
Drüben, in dem Vorhang aus dichtem Regen, blitzte es erneut auf. Fünf rötliche Feuerzungen waren es, die aus dem riesigen Schatten stachen wie glühende Lanzen. Der größte Lärm wurde wiederum vom Regen verschluckt.
Hasard spürte den Abschuß der Stücke mehr, als daß er ihn hörte. Es war wie ein Fauchen von heißem Sand, der über eine ausgedörrte Wüstenlandschaft fegte. Das Prasseln des Regens verstärkte dieses Fauchen noch.
Am Fockmast schlug das Segel stärker, wie Hasard mit Besorgnis sah. Der Mast hatte gleich beim ersten Treffer etwas abgekriegt, und auch mit dem Ruder war etwas nicht in Ordnung, wie er an Pete Ballies verzweifelten Bewegungen sah.
Don Juan trat neben ihn. Sein Gesicht war hart und kantig. Vom Kinn tropfte Wasser in einem dünnen Rinnsal.
Als er etwas sagen wollte, schlug es auch schon ein, und sie zogen unwillkürlich die Köpfe ein. Juan glaubte, das Bersten und Splittern überlaut zu hören.
Es war nur eine gewaltige Wasserwand, die vor der Schebecke in die Höhe stieg. Fünf rauschende Fontänen, jetzt wie ein Riesenschleier zu einer einzigen vereint.
Ein Siebzehnpfünder pochte rumorend gegen den Rumpf, war aber wirkungslos. Das Wasser hatte ihn gebremst und ihm die Kraft genommen. Dennoch hörte es sich an, als schlüge ein gewaltiger Hammer an das Schiff.
Von der „Aguila“ klang dumpfes Gebrüll herüber. Auch auf der „Ghost“ schrien sich ein paar Kerle die Kehlen heiser. Das Gebrüll erstarb erst dann, als sie erkannten, daß sie nur das Wasser in der Bucht kräftig aufgewühlt hatten.
„Wir haben nur zwei Möglichkeiten“, sagte Don Juan de Alkazar verbissen, als es ruhiger wurde. „Sofortiger taktischer Rückzug oder …“
Seine weiteren Worte wurden von einem Belfern unterbrochen, das wie das Kläffen eines wütenden Köters klang.
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