Sean Beaufort - Seewölfe - Piraten der Weltmeere 702

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Hasard holte tief Luft und brüllte: «Vorwärts, Arwenacks! Klar zum Entern! Werft sie ins Meer!» An vielen Stellen schwangen sich die Seewölfe an Bord der Galeere. Neben Hasard griff Don Juan in die Sprossen der Jakobsleiter. Von der Schebecke dröhnten die Abschüsse der Musketen. Carberry flankte über das Schanzkleid, und während er herumwirbelte, trat er einem Inder, der sich mit dem Säbel auf ihn stürzen wollte, gegen die Brust. Der Mann überschlug sich und flog zwischen die Bordgeschütze. Batuti und Big Old Shane kämpften sich Schulter an Schulter zum Achterdeck der Galeere durch. Sie schlugen mit Säbeln um sich und räumten das Achterdeck binnen weniger Sekunden leer. An Backbord sprangen zwei Inder entnervt und schreiend ins Dunkel. Ihre Körper klatschten ins Wasser…

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Impressum

© 1976/2021 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

eISBN: 978-3-96688-124-1

Internet: www.vpm.deund E-Mail: info@vpm.de

Sean Beaufort

Gegenschlag

Das entscheidende Duell auf der Sandbank

Khande Rao, der Leibwächter Shastris, hatte in der kurzen Zeit seiner Laufbahn vieles gesehen und erlebt. Ihm war nichts mehr fremd. Aber er dachte an die Zeit, in der es keinen Shastri mehr geben würde – und die Angst packte ihn wieder .

Drawida Shastri kannte keine Regeln, keine Gesetze und keine wahre Freundschaft. Vor dem eigenen Leben schien er ebensowenig Achtung zu haben wie vor dem aller anderen Menschen. Daß er immer noch lebte, unverletzt und mit einem Mut, der an Wahnsinn grenzte, war den Göttern zuzuschreiben .

Sie schienen ihn zu lieben. Oder sie waren selbst erstaunt, daß ein schwacher Sterblicher aus den schlimmsten Tiefen immer wieder lebend auftauchte und seine Untaten fortsetzte .

Eines Tages, das war seine Überzeugung geworden, würde er, Khande Rao, im Bannkreis von Shastri elend sterben …

Die Hauptpersonen des Romans:

Drawida Shastri– dem falschen Sultan schwant Unheil, als er mit der gestohlenen Prunkgaleere auf einer Sandbank aufläuft.

Daya Ran– kann von Glück sprechen, als er mit seinem Fischerkahn und seinen beiden Kameraden einem heimtückischen Anschlag entgeht.

Old Donegal O’Flynn– blickt wieder hinter die Kimm und entdeckt erst einen Riesenkraken und danach ein badendes Ungeheuer.

Edwin Carberry– verzichtet auf den Profoshammer und verteilt nur „die jüngere Schwester“ seines Hammers – eine Ohrfeige.

Philip Hasard Killigrew– hat im Säbelduell einen schweren Stand, aber dann siegt sein Stehvermögen.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

1.

Der neue Herrscher über die „Stern von Indien“, Drawida Shastri, hörte zufrieden das Klatschen der Peitschen auf den Rücken der Galeerensklaven und die ächzenden, stöhnenden Schreie der Angeketteten.

Der Mann, der den Takt schlug, fluchte laut, denn die langen Riemen wurden unregelmäßig bewegt, schlugen gegeneinander und tauchten nicht richtig ein. Die Galeere, deren beide Segel gesetzt waren, lag auf Südkurs.

Plötzlich killten die Segel. Laute Schreie hallten über das Deck. Bis die Segel wieder voll standen, dauerte es endlos lange.

Drawida Shastri saß auf dem prächtigen Sessel des Sultans, im Schatten des großen Baldachins, dessen Prunk langsam verging. Die leuchtenden Farben blichen aus, Salzwasserspritzer und Stockflecken wurden immer größer.

„Sie können nicht einmal segeln, diese Bastarde“, murmelte Shastri und fluchte.

Die prächtige Galeere hatte sich geleert. Die gefangenen Engländer, diese ungläubigen Fremden, die an allem Elend schuld waren, würden ihr Schicksal in der Schwefelmine beenden. Er, Drawida, hatte seine Rache voll ausgekostet. Er konnte sich darauf verlassen, daß keiner der Fremden, die ihn um einen unvorstellbar großen Schatz gebracht hatten, die Fronarbeit in der Mine überleben würde.

Noch immer hallte in seinen Ohren das berstende, krachende Geräusch nach, mit dem sich der metallbeschlagene Rammsporn der Galeere in das Ruder der Schebecke gebohrt und das Holz zerstört hatte.

„Und bald werde ich selbst ihnen zeigen, wie man richtig pullt, bei der Schwarzen Pockengöttin!“ stieß Shastri hervor.

Solange sie sich nicht an der östlichen Küste von Ceylon verstecken und von dort ihre Beutezüge ausführen konnten, blieb seine Unruhe, seine Furcht vor den bewaffneten Dhaus des Sultans von Golkonda. Vor kurzer Zeit hatten sie die Bucht bei Kavali verlassen und waren weit draußen auf dem Meer auf Südkurs gegangen.

Über eine mißliche Tatsache waren sich Shastri und seine wenigen wirklich treuen Vertrauten einig: Keiner der Männer, die jetzt die Galeere besetzt hielten und es sich in der prachtvollen Einrichtung gutgehen ließen, verstand allzuviel von der Seefahrt. Nur das Pullen war eine sichere Fortbewegungsart.

„Bei den acht kalten und heißen Höllen“, sagte der dürre Aschadhara, der mit zwei Pokalen Wein aus dem Niedergang herauftappte, „nicht mal unsere eigenen Männer können richtig pullen. Wir werden bis zum Versteck ein paar Jahre brauchen.“

„Wenn wir mit dieser Mannschaft überhaupt jemals hinkommen“, antwortete Shastri düster.

Der Schatz war verloren. Endgültig. Das Schiff, das die Portugiesen übernommen hatten, würde lange in der flachen Dschungelbucht liegen müssen, denn die Reparatur des Ruders war alles andere als einfach. Das wußte Shastri, und überdies hatte es der Capitán Luis de Xira gesagt.

Zwar stand der Wind günstig, aber die Galeere mußte die Gewässer vor Madras passieren. Und dort lauerten noch mehr Männer, die dem Sultan berichten und die „Stern von Indien“ jagen würden. Jedes einzelne kleine Fischerboot bedeutete eine Gefahr, denn Fischer hatten besonders wachsame Augen. Schon jetzt befand sich die „Stern“ weit von Land entfernt, auf einem Weg über die See, die Shastri und den wenigen Getreuen unbekannt war und gespenstisch erschien.

Shastri nahm einen langen Schluck vom kühlen, säuerlichen Wein und fragte: „Wie steht es? Hast du durchzählen lassen? Wie sieht es mit den Leckerbissen der Sultansküche aus?“

Aschadhara bewegte unruhig seine langen Finger um den edelsteinverzierten Stiel des Pokals und erwiderte zögernd: „Wir sind einundsechzig Männer. Fünfundzwanzig Sklaven sind an den Riemen. Sie waren angekettet, und wir haben sie nicht befreit. Also hast du noch fünfunddreißig Getreue, Drawida.“

„Und zehn Geschütze“, sagte Shastri. „Auf jeder Seite.“

Aschadhara lachte hoch und schrill: „Ich würde, o Herrscher der Galeere, nicht mit den Geschützen rechnen. Zwar gibt es Pulver und Kugeln, aber zuletzt haben die Fremden und die besten Soldaten des Mannes von Golkonda damit geschossen. Hier an Bord wirst du kaum einen Mann finden, mich eingeschlossen, der ein solches Rohr abfeuern kann.“

Er trank, ließ eine längere Pause eintreten und fügte dann wenig begeistert hinzu: „Na ja, abfeuern, das kann ich. Aber ob ich treffe oder das Rohr zerstöre, das weiß ich nicht.“

Sie blickten gleichzeitig nach Steuerbord, wo die fernen Ufer der Koromandelküste unerträglich langsam vorbeizogen.

„Und wie voll sind die Proviantlasten, Aschad?“ fragte Shastri.

„Wenn wir soviel Proviant und Frischwasser hätten wie Pulver und Kugeln, Drawida“, erwiderte der Dürre mit unheilverkündender Stimme, „dann würden wir bis ans Ende der Welt segeln können, wo immer das liegt.“

„Kommen wir mit den Vorräten an Madras vorbei, denn weiter südlich können wir an Land gehen?“ fragte der Mann mit den großen, brennenden Augen.

„Wenn wir es müssen“, entgegnete Aschadhara. „Ich habe schon Wein statt Wasser in unseren überaus herrlichen Pokalen, Herr.“

Shastri und Aschadhara blickten einander schweigend an und zuckten dann unbehaglich mit den Schultern.

„Zu allem Überfluß ändert sich auch das Wetter. Ich sehe Sturmwolken“, äußerte Drawida Shastri nach einer Weile des Schweigens.

„Sturm kann gut sein oder schlecht“, meinte Aschadhara. „Er füllt die Segel und treibt uns weit nach Süden. Oder die Sturmgötter, die im Monsun schwer zu beschwichtigen sind – wie jedermann weiß –, bringen Unheil über uns.“

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