Impressum
© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-96688-017-6
Internet: www.vpm.deund E-Mail: info@vpm.de
Fred McMason
Der Nebel schluckt alle Geräusche – nur das Aufbrüllen der Kanonen nicht
April 1598 – norwegische Küste .
Die beiden Fischer Olaf und Knut Thorsten blickten irritiert von ihrer Arbeit auf und sahen sich um .
Nebelfetzen waberten über dem Wasser, bizarre Gebilde schoben sich über die Dünung, Gespensterköpfe tauchten auf, veränderten sich und verschwammen wieder zu unheimlichen anderen Gestalten, die nichts Menschliches an sich hatten .
Als Fischer waren sie an den Nebel gewöhnt. Er gehörte zu ihrer harten Arbeit wie Kabeljau und Hering, von denen sie bereits einen knappen Zentner gefangen hatten .
Aber diesmal war der Nebel anders – unheimlicher, denn er war an einer Stelle nicht grauweiß, sondern fast schwarz, obwohl es heller Vormittag war .
Da waren eigenartige Konturen in diesem dunklen Nebel, etwas langgestreckt Fließendes, das über die See kroch und sie ängstigte. Es war so ganz anders als sonst .
Nach einer Weile glaubten sie dumpfe Stimmen zu hören, dann ein heiseres Knarren und Ächzen, das Plätschern von Wasser .
Ein riesiger Körper kroch aus dem Nebel – ein Geisterschiff …
Die Hauptpersonen des Romans:
Thorfin Njal– der Wikinger wird von einer Karavelle zum Narren gehalten und erlebt eine unliebsame Überraschung.
Siri-Tong– die Rote Korsarin warnt den nordischen Portermann, aber der ist mal wieder auf beiden Ohren taub.
Cookie– das schmierige Köchlein auf „Eiliger Drache über den Wassern“ versucht seinen Kapitän zu beschummeln und hat die Folgen im Haar zu tragen.
Knut Thorsten– fischt mit seinem Bruder Olaf vor der norwegischen Küste, und sie begegnen einem Geisterschiff.
Philip Hasard Killigrew– der Seewolf erlebt auch eine Überraschung, als er einem Kerl, der nächtlich die Schebecke entert, die Faust unters Kinn hämmert.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Die beiden Fischer waren keine furchtsamen Naturen, aber sie waren abergläubisch wie die meisten Fischer und Seeleute. Daß die See ihre Geheimnisse barg, das wußten sie, aber mitunter wurde so ein Rätsel gelöst, wobei sich auch eine meist einfache Erklärung fand.
Diesmal schien es keine einfache Erklärung zu geben, denn das „Ding“ war zu unheimlich und zu fremd.
Dem vier Jahre jüngeren Olaf kroch eine Gänsehaut über den ganzen Körper, und er fühlte, wie sich seine Nackenhaare langsam aufzurichten begannen.
Knut, der ältere von beiden, schluckte hart und versuchte mit seinen Blicken den Nebel zu durchdringen. Sie sahen sich kurz und schweigend an und ließen sich dann vorsichtig auf der Ducht des kleinen Kahns nieder. Dabei tastete Knut nach einer Aalgabel.
Es kroch weiter aus dem Nebel auf sie zu, dieses schwarze, immer größer, immer verzerrter und unheimlicher werdende Gebilde, das monströse Ausmaße annahm.
Vor dem Ding wuchs eine helle Nebelwand in die Höhe, einer quellenden Rauchwolke vergleichbar. Dampf, der aus dem Meer brodelte wie aus einem gigantischen Kessel. Das alles verschmolz jetzt zu einem in den Himmel wachsenden Schatten, dessen Dimensionen man nicht mehr beurteilen oder abschätzen konnte.
Keiner der beiden rührte sich. Sie hockten nur da und starrten in die wallenden Vorhänge. Knuts Arm mit der Aalgabel war wie erstarrt.
Wieder waren die geisterhaften Stimmen zu hören, dann das entsetzliche Knarren und Ächzen, als wälze sich ein verwundetes Untier hilflos über das Meer.
„Nimm das Ding weg“, flüsterte Olaf mit zuckenden Lippen und deutete auf die Aalgabel. „Es ist besser, wir sind unbewaffnet. Dann tut es uns vielleicht nichts.“
„Es“ schob sich noch näher heran. Die verzerrten Geräusche waren deutlicher zu hören. Das Untier schien zu schmatzen und zu keuchen. Es zerteilte das Wasser mit mächtigen Armen. So wie die Nebel den schattenhaften Umriß vergrößerten oder verzerrten, schien es direkt auf sie zuzugleiten.
Knuts Arm mit der Aalgabel senkte sich langsam. Vielleicht war es wirklich besser, das unbekannte Etwas nicht mit einer Art Waffe zu provozieren. Die Aalgabel war außerdem ein lächerliches Ding, mit dem er nicht viel ausrichten konnte.
Der schwarze Nebel ragte jetzt wie ein Turm vor ihnen auf. Zwischen der unheimlichen Schwärze waberten weiße Riesenköpfe, die immer wieder ihre Form veränderten.
Ihre Blicke saugten sich angstvoll an dem Ding fest. Sie starrten so angestrengt in den Nebel, daß sich rote Kreise vor ihren Augen bildeten.
Dann war das Ding urplötzlich weg, verschwunden in einer quirligen Wolke aus Dampf, der alles mit sich nahm.
„Was war das?“ fragte Knut tonlos. „Ich glaube, es stieg von ganz tief unten aus dem Meer auf. Aber ich habe es nicht erkennen können.“
„Es war der Satan persönlich“, hauchte Olaf. „Unser Großvater hat gesagt, daß er alle zehn Jahre erscheint. Er reitet auf einem riesigen Schwefelfaß und verschlingt alles, was in seiner Nähe ist. Los, wir setzen die Fock und verschwinden schnell.“
Die Angst und das Grauen vor dem Unbekannten stand immer noch in ihren Gesichtern, als sie die Fock klarierten. Knut übernahm die Pinne, dann segelten sie in aller Eile weiter, so schien es jedenfalls. Der Wind wehte jedoch nur schwach, und nach einer Weile, die ihnen wie eine Ewigkeit erschien, wurde das Segel schlaff.
Sie hatten nicht die geringste Ahnung, wie weit sie von dem „Ding“ entfernt waren.
Mit angespannten Sinnen lauschten sie weiter angstvoll in den Nebel, der immer dichter wurde.
„Es – es taucht wieder auf“, flüsterte Knut. „Ich spüre es ganz deutlich. Es ist wieder in unserer Nähe. Wir können vor dem Teufel nicht fliehen.“
Ja, da war es wieder, das anfangs ferne Raunen und Ächzen, das jetzt fast unmerklich anschwoll. Alles schien sich zu wiederholen. Das Ding kreuzte erneut ihren Kurs, oder sie trieben darauf zu.
Zuerst wollten sie nach den Riemen greifen, um aus der Gefahrenzone zu pullen. Dann unterließen sie es, denn der Riemenschlag würde in dieser entsetzlichen Stille nur Aufsehen erregen. Sie blieben auf der Ducht sitzen und hofften, daß das Ding endlich vorbeiglitt, ohne daß sie jemand bemerkte.
Es kam jedoch alles ganz anders, als sie dachten.
Der Nebel verfinsterte sich wieder und wurde fast pechschwarz. Auch die riesige Wand war wieder da. Ein Poltern war zu hören, dann verzerrte Stimmen, die der Nebel zerfaserte.
Knut und Olaf Thorsten wurden immer kleiner. Die Fischer hockten wie verängstigte Kinder auf der Ducht und starrten leichenblaß in den fürchterlichen schwarzen Nebel. Seine Ausmaße wurden noch gewaltiger.
Vier schwarze Säulen schoben sich aus dem Nebel. An den Säulen hingen gewaltige Rahen, und an diesen Rahen bewegten sich schwach Tücher, von denen feuerspeiende Drachenköpfe stierten. Diese monströsen Drachenschädel spien gewaltige Flammenzungen nach allen Richtungen. Das alles war wie ein Spuk, aber dieser Spuk zog keinesfalls lautlos an ihnen vorbei. Da waren Stimmen, Flüstern, ein unheimliches Raunen, das sich mit Knirschen, Ächzen und Knarren vermischte. Außerdem war da noch das unheimliche Gurgeln und Schmatzen von Wasser.
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