Impressum
© 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
ISBN: 978-3-95439-695-5
Internet: www.vpm.deund E-Mail: info@vpm.de
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Die Schlacht war noch nicht geschlagen – sie hatte gerade erst begonnen. Ein Verband von zehn französischen Kriegsgaleonen versperrte der „Hornet“ von Philip Hasard Killigrew und dem Schwarzen Segler von Thorfin Njal den Rückzug vom Pointe de Penmarch an der Küste der Bretagne zur offenen See.
Dröhnend entluden sich die Kanonen des Flaggschiffs. Der Kommandant des Verbandes hatte das Gefecht mit einer halben Breitseite begonnen. Ein Grollen wie von hundert Donnern begleitete das nun einsetzende Eisengewitter. Mündungsblitze zuckten, Pulverqualm breitete sich nach allen Seiten aus.
Der Weg in die Freiheit und heim nach England – eben noch offen – war abgeschnitten. Das Ende der „Hornet“ und von „Eiliger Drache über den Wassern“, wie das schwarze Schiff genannt wurde, schien unmittelbar bevorzustehen.
„Zur Hölle mit den Franzmännern!“ schrie Hasard und schwenkte auf dem Achterdeck seiner Galeone eine der drei Drehbassen herum. „Der Teufel soll sie holen!“ Er hielt die Lunte an den Zündkanal, die Glut sprang über und fraß sich durch das Zündkraut. Dann ruckte der Hinterlader in seiner drehbaren Gabellafette und spuckte seine Ladung zum Flaggschiff des Verbandes hinüber.
Die Kugel saß, sie rasierte dem Franzosen ein Stück des Schanzkleides auf dem Vordeck weg. Der Seewolf feuerte auch die beiden anderen Drehbassen ab – wieder mit Erfolg.
Aber dann begannen die Culverinen des Gegners erneut Tod und Verderben auszuspucken, und die ohnehin schon arg lädierte „Hornet“ erzitterte unter den Einschlägen der Siebzehnpfünder-Kugeln.
Hasard überließ das Nachladen der Drehbassen Old Donegal Daniel O’Flynn, der sich zu seiner Unterstützung auf dem Achterdeck befand. Er selbst hetzte an Pete Ballie, dem Rudergänger, und an Ben Brighton, seinem Ersten Offizier und Bootsmann, vorbei auf das Quarterdeck hinunter und von dort aus auf die Kuhl, wo die Männer der Crew schrien und fluchten.
Als er sah, welchen Schaden die Geschosse des Feindes auf seinem Schiff angerichtet hatten, stieß der Seewolf ebenfalls eine üble Verwünschung aus.
Lücken klafften in den Schanzkleidern auf beiden Seiten – auch von der anderen Seite her hatte der Verband sie jetzt angegriffen. Eine der zehn Culverinen, über die die „Hornet“ auf jeder Seite des Hauptdecks verfügte, hatte sich losgerissen. Ihre Brook war gebrochen, sie war quer über das Deck gerollt und hatte die Nagelbank des Großmastes zersplittert, ehe der Mast selbst ihren Lauf gebremst hatte.
Die Männer konnten noch von Glück reden, daß sie nicht selbst unter das schwere Geschütz geraten waren. Nur Matt Davies hockte in verkrümmter Haltung neben der Gräting und rieb sich mit der gesunden Hand das Bein, während er sich mit seinem Eisenhaken an dem Holzrost festkrallte.
Hasard sah das Blut, das aus der Wunde am Bein hervorrann, und er bemerkte auch sofort Matts gräßlich verzerrte Miene.
„Feuer!“ brüllte Edwin Carberry, der Profos.
Roger Brighton, Gary Andrews, Jack Finnegan, Blacky und die anderen Männer, die die Geschütze der Backbordseite bedienten, preßten die Enden der Luntenstöcke auf die Bodenstücke der Kanonen, es zischte und schwelte. Sie sprangen zur Seite, und die Geschütze entließen mit urweltlichem Dröhnen und Wummern ihre Kugeln, die von zukkenden Blitzen getrieben auf das Flaggschiff zurasten.
Der Seewolf warf einen Blick zum Schwarzen Segler hinüber – nur ganz flüchtig, doch er konnte erkennen, wie auch die Mündungen in den Stückpforten seines Verbündeten Feuer und Rauch verbreiteten. Er hoffte inständig, daß Thorfin Njal, der Wikinger, sich besser gegen die Übermacht zu behaupten wußte.
Immerhin hatte „Eiliger Drache“ im Verlauf der Abenteuer vor Mordelles und bei Concarneau weniger gelitten als die „Hornet“, die zuletzt im Sturm ihren Fockmast eingebüßt hatte und auch sonst durch die jüngsten Kämpfe arg ramponiert worden war. Sie war nur noch begrenzt manövrierfähig, denn die Schäden hatten in der Eile, mit der ein Ereignis dem anderen folgte, nicht behoben werden können.
Träge lag sie am Wind und schien dem Feind ausgeliefert zu sein. Hasard wandte sich wieder der Kuhl und seinen Männern zu, dem schwarzen Schiff konnte er keine Aufmerksamkeit mehr schenken.
„Sir – aufpassen!“ schrie plötzlich jemand dicht neben ihm.
Hasard wußte, daß es Jerry Reeves war, der Kapitän der „Fidelity“, obwohl er ihn nicht richtig sehen konnte.
Reeves, Baxter, Stoker, Mulligan und Hoback, die letzten Männer der gesunkenen „Fidelity“, befanden sich jetzt an Bord der „Hornet“ und packten nach Kräften mit zu, um den so unverhofft aufgetauchten Gegner zurückzuschlagen und die Galeone durch geeignete Manöver besser an den Wind zu bringen. Nur wenn die „Hornet“ Distanz zwischen sich und den Zehnerverband legte, hatte sie eine Chance, dem drohenden Ende doch noch zu entgehen.
Reeves griff nach Hasards Arm und riß ihn zu sich heran. Sie strauchelten beide und stürzten auf die Planken. Dann sah der Seewolf über Reeves’ rechte Schulter hinweg die Culverine, die sich jetzt wieder vom Großmast gelöst hatte und zurück zum Schanzkleid rollte. Um ein Haar wäre Hasard mit dem Fuß unter ihre Lafette geraten – wenn Jerry Reeves ihn nicht gewarnt hätte.
„Ed!“ schrie Hasard.
Carberry fuhr herum, erfaßte die Situation mit einem Blick und brüllte so laut, daß er selbst im Donner der französischen Geschütze zu vernehmen war: „Los, ihr Schlappschwänze, kümmert euch um die verdammte Kanone!“
Shane, Batuti, Jeff Bowie und alle anderen, die an der Steuerbordseite der Kuhl kauerten, waren vollauf damit beschäftigt, dem Gegner die nächste Ladung zu verpassen – doch Roger, Gary, Jack, Blacky und ihre Kameraden wirbelten auf der Stelle herum, ließen die Geschütze an Backbord für einen Augenblick im Stich und jagten der Culverine nach, die jetzt immer mehr Fahrt gewann.
Der Grund dafür war, daß die „Hornet“ ihren Neigungswinkel von der einen zur anderen Seite verlegt hatte. Ben Brighton hatte auf Hasards Befehl hin eine Halse fahren lassen, um der nächsten Breitseite des Feindes zu entgehen.
Rumpelnd bewegte sich der Siebzehnpfünder auf das Schanzkleid zu. Die Männer warfen sich auf das Eisenrohr, auf die Lafette und die Reste der Brook und zerrten daran. Hasard und Jerry Reeves waren wieder auf den Beinen, eilten ihnen zu Hilfe und stemmten sich auf die Gefahr hin, doch überrollt zu werden, gegen die Mündung der Kanone.
Mit vereinten Kräften vermochten sie sie zu halten und festzuzurren. Aus verschwitzten Gesichtern blickten sie sich über den Lauf der Culverine an, und Roger Brighton rief: „Das war knapp! Beinah wäre uns das verdammte Ding mitten durchs Schanzkleid gerast!“
„Danke“, sagte Hasard zu Reeves.
„Wofür? Das war doch selbstverständlich, Sir.“
„Laß den Sir weg, ich heiße Hasard!“ schrie der Seewolf, und dann steuerte er auch schon auf Matt Davies zu, der immer noch vor der Gräting lag und sich das Bein hielt.
„Aye, aye, Sir!“ brüllte Jerry Reeves Hasard nach. Er grinste wild, wandte sich um und stürzte zu Baxter, der bereits mit hastigen Bewegungen an der geborgenen Kanone hantierte und sie nachlud.
Hasard war bei Matt angelangt und schrie: „Kutscher! Wo, zum Teufel, steckst du?“
Eine Antwort erhielt er nicht, und der Kutscher tauchte auch nirgends auf. Schon fühlte sich Hasard von einem neuen Schreck durchzuckt. Sollte seinem ersten Koch und Feldscher etwas zugestoßen sein?
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