Impressum
© 1976/2018 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-822-5
Internet: www.vpm.deund E-Mail: info@vpm.de
Fred McMason
Als die Falle zuschnappte, war es für die Black Queen zu spät
Ohne Jussufs Brieftauben hätte Havanna für die Bewohner der Schlangen-Insel und den Bund der Korsaren auf dem Mond gelegen. So jedoch konnte Arne von Manteuffel mit Jussufs „Lieblingen“ innerhalb von vierzehn Stunden den Freunden auf der Schlangen-Insel Nachrichten zuspielen, die von höchster Wichtigkeit waren; so zum Beispiel die Nachricht, daß sich die Black Queen und Caligula in Havanna aufhielten und einen Pakt mit dem Gouverneur abgeschlossen hätten – und ein solcher Pakt bedeutet Gefahr für die Schlangen-Insel. Aber noch etwas enthielt die Brieftauben-Nachricht, nämlich Hasards Plan, wie der Negerin und ihrer Horde von Halsabschneidern beizukommen wäre. Man brauchte nur einen Köder auszulegen …
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Die Hauptpersonen des Romans:
Edmond Bayeux– ein Kapitän aus der Normandie und Nachfahre der Nordmannen. Darum hat er noch mehr als nur Haare auf den Zähnen.
„Petit Bouchon“– des heißt „Stöpselchen“ und ist eine liebevolle Untertreibung, denn der Bootsmann steht seinem Kapitän in nichts nach, was den Körperwuchs betrifft.
Black Queen– die Negerin beißt auf den Köder an, als die „Caribian Queen“ vor Havanna aufkreuzt.
Caligula– ihm wird von „Stöpselchen“ mal eben so die Kinnlade verschoben, und damit beginnt für ihn der Anfang vom Ende.
Philip Hasard Killigrew– als er wieder das Kommando über die „Isabella“ übernommen hat, geht’s auf ins Gefecht.
Havanna – 9. August 1594.
„Das also ist Havanna, ein Teil der Neuen Welt. Wirklich sehr erstaunlich!“
Der Mann, der das sagte, war ein beachtlicher Brocken, ein Klotz von einem Kerl mit gewaltigem Kreuz und Pranken, denen man ansah, daß sie mühelos alles zerquetschen konnten, was sie einmal gepackt hielten.
Sein Gesicht war kantig, der Schädel massig. Graue Augen musterten aufmerksam alles, was um ihn herum vorging. Sein Gesicht wurde von einem blonden, ziemlich wilden Bart eingerahmt. Dieser Mann war Edmond Bayeux, Kapitän der französischen dreimastigen Handelsgaleone „Le Griffon“.
Kauffahrtei, Handelsschiffahrt? Nun ja, vorausgesetzt, man legte das auf eine gewisse Weise etwas großzügig aus. Nicht alle wurden von der friedlichen Kauffahrtei satt, und so nahm man auch gern die Gelegenheit wahr, ein bißchen zu plündern oder Piraterie zu treiben – in allen Ehren selbstverständlich.
Die Kerle, die das Deck der „Le Griffon“ bevölkerten, hätten der Bibel nach Enakiter sein können, Nachfahren des riesenwüchsigen Volkes in Kanaan, so breit und wuchtig waren sie. Ihrem Kapitän standen die meisten in der Statur um nichts nach.
Es waren Normannen, Nachfahren jener skandinavischen Haudegen und Kämpen, die sich später in der Normandie festsetzten, Kerle in deren Adern noch das Blut ihrer Vorfahren pulsierte, vorzügliche Seeleute, die bestens mit dem Waffenhandwerk vertraut waren. Sie hatten auch einen soliden Sinn für schlitzohrige Geschäftstätigkeit entwickelt, und so schnell nahm ihnen niemand die Butter vom Brot.
Bezeichnend war daher auch der Name des Schiffes, „Le Griffon“, was soviel wie „Greif“ bedeutet.
Verdeutlicht wurde das durch die Flagge, die im Wind wehte. Sie war aus prächtigem roten Tuch, auf das ein goldener geflügelter Löwe mit Adlerkopf und zupackenden Krallen kunstvoll gestickt war.
Mit dieser Flagge liefen die Normannen in Havanna ein. Sie war sozusagen ihre Hausflagge.
Auf dem Meer ging es mitunter etwas ruppiger zu. Wenn Handel und Wandel nicht ganz nach ihren Wünschen blühten oder gediehen, dann zeigte Edmond Bayeux auch schon mal eine andere Flagge, und die sah gar nicht mehr so einladend und freundlich aus.
Diese andere Flagge, jetzt wohlweislich in der Kapitänskammer verborgen, war aus schwarzem Tuch. Darauf befanden sich zwei gekreuzte Knochen. Wer diese Knochenflagge zu sehen kriegte, dem klapperten in der Regel selbst die Knochen, und nach der Begegnung mit den harten „Le Griffons“ sah der Kauffahrer meist sehr gerupft aus.
Jetzt versuchte Bayeux, den Eindruck eines friedlichen Handelsfahrers zu erwecken. Seine Blicke gingen freundlich nach allen Seiten, ihm entging nicht die geringste Kleinigkeit.
Er hatte von den Reichtümern der Neuen Welt gehört. Von diesem sagenhaften Riesenkuchen wollte er sich eine gehörige Portion herunterschneiden. Er wußte nur noch nicht genau, wie er das anstellen sollte. Daher wollte er erst einmal sorgfältig die Lage peilen. Zunächst galt es also, den biederen Kauffahrer zu spielen, der in Havanna Handelsgüter einkaufen wollte, die im fernen Frankreich knapp waren.
Das waren unter anderem begehrte Sachen wie Rohzucker, Gewürze, Edelhölzer, Kupfer und Tabak. Letzterer ganz besonders, denn das Rauchen und Tabakschnupfen war in Mode gekommen und begann sich immer mehr durchzusetzen.
Bayeux grinste vor sich hin. Neben ihm auf dem Achterdeck stand der Bootsmann, der sich in Gedanken schon die Hände rieb, denn die Reichtümer der Neuen Welt versprachen ein angenehmes Leben, vorausgesetzt, man konnte auf diese oder jene Weise von dem großen Kuchen genügend heruntersäbeln.
Den Bootsmann nannten sie an Bord „Petit Bouchon“, das war der Ausdruck für „Stöpselchen“, eine liebevolle Verdrehung der Tatsachen.
Das „Stöpselchen“ nämlich maß sieben Fuß, und hinter seinem Kreuz konnten sich bequem zwei Männer verstecken. Er stand seinem Kapitän in nichts nach, und man sagte von ihm, er hätte in der fernen Normandie einen wildgewordenen Stier mit den bloßen Fäusten erschlagen. Wer ihn sah, der glaubte das unbesehen, denn in dem Bootsmann steckten unglaubliche Kräfte.
Mit richtigem Namen hieß er Marc Alderney und stammte von der gleichnamigen Kanalinsel. Aber seinen richtigen Namen nannte meist keiner. „Petit“ oder „Petit Bouchon“, das hörte sich weitaus besser an, und der Hüne hatte nichts daran auszusetzen, sonst wären die Decks der „Le Griffon“ längst verwaist gewesen.
„Ein schöner Hafen“, sagte der Bootsmann, „viel Umschlag, viele Waren, viele Leute. Da gibt es sicher auch viel zu holen.“
Der Kapitän grinste immer noch. Seine nordischen Schrats standen an Deck und stierten sich die Augen aus. Die Atmosphäre war so ganz nach ihrem Geschmack – herrliches warmes Wetter, Kneipen in den Gassen und in den Kneipen ganz sicher auch ein paar nette Frauenzimmerchen. Na, man würde sehen. Und freundlich waren die Leute hier, das wunderte sogar den Kapitän.
„Die lassen uns ungehindert einlaufen“, sagte er erstaunt zu seinem Bootsmann. „Da gibt es nicht die geringsten Schwierigkeiten. Keiner will was von uns. Ist doch merkwürdig, oder?“
„Schließlich sind wir ein friedfertiger Handelsfahrer, Capitane. Wir haben an Deck nur vier Kanonen, und achtern und vorn eine Drehbasse. Wenn man so harmlos einläuft, muß das ja friedlich aussehen.“
„Haha, an Deck ist gut“, sagte Bayeux lachend. „Das ist wirklich gut. Na ja, das andere sieht man ja nicht. Muß man auch nicht“, fügte er mit grollendem Gelächter hinzu. Dann wurde er unvermittelt wieder ernst.
„Die vielen Gaffer im Hafen gefallen mir nicht. Ich kann diese Kerle nicht ausstehen, die jedes Schiff belauern und nur darauf warten, es beklauen zu können.“
Читать дальше