Impressum
© 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
ISBN: 978-3-95439-672-6
Internet: www.vpm.deund E-Mail: info@vpm.de
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Philip Hasard Killigrew, Big Old Shane und Dan O’Flynn stürmten aus dem Haupttor des Anwesens der Familie Burke und trachteten, sich in Sicherheit zu bringen, da geschah es.
Die Söldner, die kurz zuvor von Batuti und den Zwillingen abgelenkt worden waren und das nahe Ufer des Corrib River aufgesucht hatten, kehrten zurück, sahen die drei flüchtenden Männer und begannen lauthals zu schreien.
„Stehenbleiben!“
„Halt, oder wir schießen!“
Hasard und seine beiden Männer dachten nicht daran, diese Aufforderung zu befolgen, denn sie wußten inzwischen, wie die Burkes, der mächtigste und tonangebende Clan von Galway, mit Gefangenen umzuspringen pflegten.
Dan O’Flynn war wegen eines Mißverständnisses festgenommen worden – Kommandant Norman Stephens und dessen Truppe hatten ihn in den Kerker des Burkeschen Besitzes geworfen, einer festungsähnlichen Anlage. Dann war George Darren Burke höchstpersönlich im Verlies erschienen, das Oberhaupt des Clans, und hatte Dan auf unvergleichlich arrogante Weise mitgeteilt, daß man ihn wegen seiner „Verbrechen“ zum Tode verurteilt habe.
Im Morgengrauen hatte dieses Urteil vollstreckt werden sollen, doch Hasard und seine Männer waren Burke und Stephens zuvorgekommen und hatten Dan in einem tollkühnen Unternehmen befreit.
Hasard, Shane und Dan liefen, so schnell sie konnten, aber jetzt waren die Söldner bereits dicht heran und eröffneten das Feuer. Bedrohlich nah pfiffen ihnen die Musketenkugeln um die Köpfe.
Doch jetzt traten Matt Davies und Gary Andrews in Aktion, die sich als Nachhut unweit des Tores hinter einem Ziehbrunnen versteckt hielten. Sie hatten geahnt, daß die ganze Aktion noch ein übles Nachspiel haben würde, und konnten vorausberechnen, daß alles zum Scheitern verurteilt war, wenn sie nicht unverzüglich handelten. Gary schlug in aller Hast Feuerstahl und Feuerstein aneinander, Matt hielt ihm die Flaschenbombe mit der Lunte entgegen, die er unter seiner Verkleidung verborgen gehalten hatte.
Zischend fing die Zündschnur Feuer. Matt richtete sich zu seiner vollen Größe auf, holte mit seiner gesunden Hand weit aus und schleuderte die Höllenflasche den Söldnern entgegen. Dicht vor den Füßen der Heranstürmenden landete sie auf den Katzenköpfen des dem Anwesen vorgelagerten Platzes, zerbrach aber nicht. Ihr Glas war dick genug, dem Aufprall standzuhalten.
Die Lunte brannte durch den Korken bis zu der Ladung aus Pulver, Glas, Blei und Eisen, dann ertönte der Donner der Explosion, und ein Blitz erhellte die Nacht.
Die Söldner schrien gellend auf. Ein sengendes gelbes Licht dehnte sich von der Stelle aus, an der sie plötzlich in panischem Entsetzen auseinandersprangen, der Blitz zog die Schwärze aus dem Tor, den Gassen und Winkeln der nahen Häuser. Das gewaltige Krachen überschwemmte alles wie eine Welle, der Druck breitete sich nach allen Seiten aus und brachte Hasard, Shane und Dan, die ihre Kameraden jetzt erreichten, fast zum Stolpern.
„Nichts wie weg hier!“ stieß der Seewolf keuchend hervor. „Gleich haben wir auch wieder die Wachen vom Hof am Hals!“
Sie tauchten in der Finsternis einer Gasse unter und liefen auf dem Weg ins Hafenviertel zurück, den Sally, ihre Helferin, ihnen vorher beschrieben hatte.
Bei den Bootspiers trafen sie auf Batuti, die Zwillinge und Arwenack, die soeben vertäut hatten und aus der Jolle kletterten. Auch das Boot hatten sie dank Sallys Hilfe beschaffen können, doch Hasard hielt es für zu riskant, es weiterhin zu benutzen. Wohin sollten sie damit fliehen? Sie kannten sich in Galway nicht gut genug aus. Wenn sie den Fluß überquerten, liefen sie Gefahr, auf der anderen Seite schon von Burkes Männern erwartet zu werden. Und wenn sie sich stromaufwärts oder -abwärts wandten? Nun, Stephens ließ jetzt sicherlich in aller Eile Boote bemannen. Somit würde binnen kürzester Zeit ein gnadenloses Kesseltreiben einsetzen, das unweigerlich mit dem Tod der Seewölfe endete.
Vier Flaschenbomben waren in raschen Zeitabständen detoniert und hatten den Gegner gründlich verwirrt. Doch jetzt hatten Hasard und seine Begleiter nur noch zwei Höllenflaschen zur Verfügung.
Damit und mit ihren wenigen Waffen konnten sie sich nicht dauerhaft gegen die Übermacht der Söldner zur Wehr setzen. Nein, sie mußten sich erst einmal verstecken, so daß der Feind glaubte, der Erdboden habe sie verschluckt. Dan war gerettet, doch was sie weiterhin unternehmen sollten, mußte erst einmal beratschlagt werden.
In dem Gewirr von Gassen gelang es ihnen, den Verfolgern, die sich jetzt von Burkes Besitz aus in Bewegung setzten, zu entrinnen. Sie versteckten sich in einem verlassenen Kellergewölbe ganz in der Nähe des Hafens, nicht weit vom Long Walk, dem Spanish Arch und der Spanish Parade entfernt.
„Sind wir hier auch wirklich sicher?“ fragte Dan O’Flynn leise, als sie in die unergründlich wirkende Dunkelheit hinunterstiegen und sich vorantasteten.
Hasard erwiderte: „Sally hat uns diesen Platz empfohlen, wie sie uns auch andere Einzelheiten über die Stadt genau geschildert hat.“
„Sally? Sie ist doch Kathryn Stephens’ Freundin! Wenn das bloß keine Falle ist!“ stieß Dan bestürzt aus.
Shane legte ihm die Hand auf die Schulter. „Ganz ruhig bleiben, Mister O’Flynn, es besteht kein Anlaß zur Sorge. Wir würden ihr voll vertrauen. Ihr Mann arbeitet mit den irischen Rebellen zusammen. Obwohl ihre Ehe nicht eitel Freude zu sein scheint, hält sie doch zu ihm und hat einen Haß auf die Burkes.“
„Und wenn sie uns angelogen und verraten hätte, wäret ihr aus der Burg nicht mehr herausgekommen“, fügte Gary hinzu.
„Ja, das könnte allerdings stimmen“, sagte Dan, war aber immer noch nicht ganz überzeugt.
„Sally hat uns auch geholfen, die Flaschenbomben zu basteln“, erklärte der Seewolf. „Sie war uns in allem eine wertvolle Hilfe, auch als wir die beiden gefangenen Söldner über Burke aushorchten.“
„Was, ihr habt zwei Söldner überrumpelt?“ Dan war völlig überrascht. „Wie wäre es denn, wenn ihr mir das alles genau erzählen würdet?“
„Sofort“, raunte Hasard. „Aber jetzt laß uns erst mal sehen, wo wir uns häuslich niederlassen können.“
„Au, verdammt!“ sagte Matt Davies plötzlich. „Ich hab mir den Kopf an einem verfluchten Pfeiler gestoßen. Kann man hier denn kein Licht machen, zum Teufel noch mal?“
„Auf keinen Fall“, sagte der Seewolf warnend. „Es gibt ein paar winzige Fenster, die auf die Gasse hinausreichen, durch die könnten die Söldner auf das Licht aufmerksam werden.“
„Mist, elender!“ schimpfte Matt und rieb sich den schmerzenden Schädel.
„Dem Klang unserer Stimmen nach zu urteilen, scheinen wir uns jetzt in einem ziemlich großen Raum zu befinden“, sagte Hasard.
„Hier ist so was wie eine Bank“, brummte Shane. „Eine ziemlich lange sogar, sie ist in die Mauer eingelassen. Ich glaube, die hält. Moment, ich probiere sie mal aus.“
Er setzte sich. Kein verräterisches Knacken kündete davon, daß das Holz morsch war, die Bank hielt tatsächlich stand und bot ihnen allen genügend Platz. Sie rückten ziemlich dicht zusammen und lauschten eine Weile in die Finsternis.
Vorläufig näherte sich auch kein Schrittgetrappel. Die Wächter des Burkeschen Anwesens schienen noch um einiges von ihnen entfernt zu sein. Stille umgab das alte Gemäuer, in dem sich das Kellergewölbe befand.
Читать дальше