Andrason. Gebt mir ein Licht. Das greifliche Gespenst soll entgeistert werden.
Lato. Von schönen Händen.
Andrason. Die fänden sich allenfalls. Ein greiflich Gespenst, das ist etwas aus der neuen Poesie, die mir immer unbegreiflich gewesen ist.
Feria. Es ist arg.
Andrason. Wartet nur und merkt; es kommt noch besser:
Wenn wird ein greiflich Gespenst von schönen Händen entgeistert,
Und der leinene Sack sein Eingeweide gibt her –
Alle. O! oh! Ey! O! ah! ha! ha!
Andrason. Seht ein leinen Gespenst, und ein greiflicher Sack, und Eingeweide von schönen Händen! Nein, was zu viel ist bleibt zu viel! Was so ein Orakel nicht Alles sagen darf!
Mana. Wiederhohlt es uns!
Andrason. Nicht wahr, ihr hört gar zu gerne was erhaben klingt, wenn ihr's gleich nicht versteht?
Wenn wird ein greiflich Gespenst von schönen Händen entgeistert,
Und der leinene Sack sein Eingeweide gibt her –
Seyd ihr nun klüger, meine Lieben? Nun aber merkt auf:
Wird die geflickte Braut mit dem Verliebten vereinet:
Dann kommt Ruhe und Glück, Fragender, über dein Haus.
Sora. Nein das ist nicht möglich!
Andrason. O ja; die Götter haben sich dieß Mahl sehr ihrer poetischen Freyheit bedient.
Lato. Habt ihr es nicht aufgeschrieben?
Andrason. Freylich! Hier ist die Rolle, wie ich sie aus den Händen der Priester erhielt.
Lato. Laßt es uns lesen, vielleicht wird es uns klärer.
( Andrason bringt eine Rolle aus dem Gürtel und wickelt sie auf. Die Frauenzimmer drängen sich wechselsweise zu, lesen, lachen, und machen ihre Anmerkungen. Es kommt auf den guten Humor der Schauspielerinnen an, dieses munter und angenehm vorzustellen; deßwegen ihnen überlassen bleibt hier zu extemporiren Die Hauptabsicht dieser Wiederhohlung ist, daß das Publicum mit dem Orakelspruch recht bekannt werde.)
Feria. Das ist höchst sonderbar und unbegreiflich! Wie ist es dir weiter ergangen? Hast du nicht irgend eine Aufklärung gefunden?
Andrason. Nicht Aufklärung, aber Hoffnung. Verwundert über die unverschämte Dunkelheit der Antwort, aber nicht außer Fassung gebracht, trat ich aus der Höhle. Ich sah den ältesten Priester auf einem goldenen Sessel sitzen. Ich nahte mich ihm, und indem ich einige Edelsteine in seinen Schooß legte, rief ich aus: O welche Fülle der Weisheit kommt uns von den Göttern! Wie erleuchtet werden wir, die wir auf dunkeln Wegen irren, durch ihre Offenbarungen! Aber nicht rathen allein; helfen müssen die Unsterblichen. Der Jüngling, über den ich mich beklage, der mir das Leben verbittert, wird eh'stens hier erscheinen, voll Zutrauens und Gehorsams. Möge die Alles durchdringende Stimme der Götter ihn ergreifen, sein Herz fassen, und ihm gebiethen, nie wieder einen Fuß über meine Schwelle zu setzen! Mein Dank würde ohne Grenzen bleiben. – Der Alte nickte mit dem Kopfe, sein weißer Bart bewegte sich murmelnd; ich ging mit wechselnder Hoffnung und Sorgen zurück, und bin nun hier. –
Feria. Möge Alles zum Besten ausschlagen! – Du verzeihst, Bruder; ich muß vor der Tafel mit meinen Räthen, die schon lange warten, noch einige Geschäfte abthun; ich lasse dir die Kinder, unterhalte dich mit meinem muntern Geschlechte.
Andrason. Ich danke dir, Schwester. Wenn ich dich missen soll, weiß ich nichts Bessers als diese freundlichen Augen.
Feria. Bald seh' ich dich wieder. (Ab) .
SoraSagt uns nun, Herr, was ihr denkt.
Andrason. Von der geflickten Braut?
Sora. Ich meine, was ihr thun wollt.
Andrason. Thun! als ob das Orakel nichts gesagt hätte. Mit meinem Übel beladen wieder nach Hause gehn, und nach meiner Frau sehen, die ich in wunderbaren Zuständen anzutreffen fürchte.
Sora. Was macht sie denn indessen?
Andrason. Sie geht im Mondscheine spatzieren, schlummert an Wasserfällen, und hält weitläufige Unterredungen mit den Nachtigallen. Denn seitdem der Prinz weg ist, einen Zug durch seine Provinzen und hiernächst zum Orakel zu thun, ist's nicht anders, als ob ihre Seele in einen langen Faden gezogen wäre, der bis zu ihm hinüber reichte. Eins noch, an dem sie großes Vergnügen findet, ist, daß sie Monodramen aufführt.
Mana. Was sind das für Dinge?
Andrason. Wenn ihr Griechisch könntet, würdet ihr gleich wissen, daß das ein Schauspiel heißt, wo nur Eine Person spielt.
Lato. Mit wem spielt sie denn?
Andrason. Mit sich selbst, das versteht sich.
Lato. Pfuy, das muß ein langweilig Spiel seyn!
Andrason. Für den Zuschauer wohl. Denn eigentlich ist die Person nicht allein, sie spielt aber doch allein; denn es können noch mehr Personen dabey seyn, Liebhaber, Kammerjungfern, Najaden, Oreaden, Hamadryaden, Ehemänner, Hofmeister; aber eigentlich spielt sie für sich, es bleibt ein Monodrama. Es ist eben eine von den neuesten Erfindungen; es läßt sich nichts darüber sagen. Solche Dinge finden großen Beyfall.
Sora. Und das spielt sie ganz allein für sich?
Andrason. O ja! Oder, wenn etwa Dolch oder Gift zu bringen ist – denn es geht meistens etwas bunt her – wenn eine schreckliche Stimme aus dem Felsen oder durch's Schlüsselloch zu rufen hat, solche wichtige Rollen nimmt der Prinz über sich, wenn er da ist, oder in seiner Abwesenheit ihr Kammerdiener, ein sehr alberner Bursche; aber das ist eins.
Mela. Wir wollen auch einmahl so spielen.
Andrason. Laßt's doch gut seyn, und dankt Gott, daß es noch nicht bis zu euch gekommen ist! Wenn ihr spielen wollt, so spielt zu Zweyen wenigstens; das ist seit dem Paradiese her das Üblichste und das Gescheidteste gewesen. Nun noch eins, meine Besten, – daß wir die Zeit nicht mit fremden Dingen verplappern – meine Hoffnung wieder glücklich zu werden, ruht nicht allein bey den Göttern, sondern auch auf euch, ihr Mädchen.
Sora. Auf uns?
Andrason. Ja auf euch! und ich hoffe ihr werdet das Eure thun.
Mana. Wie soll das werden?
Andrason. Der Prinz, wenn er nach dem Orakel geht, wird hier vorbey kommen, euch seine Ehrerbiethung zu bezeigen, wie Fremde gewöhnlich thun, die diesen Weg nehmen. Meine Schwester wird artig seyn und ihm Quartier anbiethen; ihm anbiethen, daß sie seine Leute, sein Gepäcke beherbergen will, indeß er sich in's Gebirge nach dem Orakel tragen läßt, wo Jeder, er sey wer er wolle, allein, ohne Gefolge anlangen muß. Wenn er nun kommt, meine Besten, so sucht sein Herz zu rühren. – Ihr seyd liebenswürdig. Ich will die als eine Göttinn verehren, die ihn an sich zieht und mich von ihm befreyt.
Sora. Gut! Euch ist er unerträglich, und uns wollt ihr ihn zuschieben! Wenn er uns nun auch unerträglich ist?
Andrason. Seyd ruhig, Kinder! Das findet sich. Ihr Andern liebt meisten Theils an den Männern was Männer an sich unter einander nicht leiden können. Und gewiß er ist so übel nicht, und wäre, denk' ich, noch zu curiren.
Mela. Wie sollen wir es denn anfangen?
AndrasonBravo, liebes Kind! du zeigst doch guten Willen! Ich muß erst eure Anlagen ein wenig kennen lernen. Laßt sehn! Stellt euch vor, ich sey der Prinz; ich will ankommen, schmachtend und traurig thun – wie wollt ihr mich empfangen?
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