Eduard Mörike
Das Stuttgarter Hutzelmännlein
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Eduard Mörike, 1804 in Ludwigsburg geboren, 1875 in Stuttgart gestorben, ist zuerst mit einem Prosawerk, dem Roman „Maler Nolten“ in die Literatur eingetreten. Technisch stand er damals, vor 1832, vor allem im Bannkreis der Novellistik des alternden Goethe und der Romantik, während er sich durch den Inhalt seines Buches als selbständige Kraft bewies. Auch die kleinen Novellen, die er dann zum Teil in Zeitschriften veröffentlichte, bedeuteten noch nicht den Hauptschlag, der seinen Ruhm als Dichter hätte begründen können. Erst durch die Herausgabe seiner Gedichte übernahm er als Lyriker die Nachfolge Goethes. Da er aber durch und durch von Stimmungen abhängig war und eine gewaltsame Leistung von sich nicht fordern konnte, trat in der Höhe seines Lebens ein Stillstand der Produktion ein, der befürchten ließ, daß sein dichterisches Ingenium versiegt sei. Aber in angenehmer und geistig regsamer Umgebung zu Stuttgart fand er wieder Lust und Kraft zur Arbeit und er schrieb „Das Stuttgarter Hutzelmännlein“, das 1853 im Frühjahr bei dem Verleger des „Nolten“, Schweizerbart, erschien. Schon in die Zeit, wo er Pfarrer in Cleversulzbach war (1834-1843), fällt das Erwachen der Idee des Märchens, aber erst 1852 wurde es geschrieben, und im November dieses Jahres erprobte der Dichter die Wirkung der neuen Arbeit in den Vortragsabenden, die er für die Museumsgesellschaft in Stuttgart hielt. Mörike war zunächst um die Aufnahme bang, die das Werkchen erfahren würde; bald aber liefen von allen Seiten begeisterte Äußerungen der Freude bei ihm ein. Das Büchlein wurde viel verlangt und erfuhr bald eine neue Titelauflage, der weitere folgten.
Der Geist der Erzählung ist den mittelalterlichen Volksbüchern entnommen und so geschickt in allen Einzelheiten festgehalten, daß selbst ein so genauer Kenner der deutschen Literatur wie Uhland zunächst glaubte, eine Bearbeitung alten Sagenstoffs vor sich zu haben, während Mörike einzig aus den Quellen seiner Phantasie geschöpft hatte. In treuherziger, gemütlicher Art schildert er, was er zu sagen hat und opfert dem künstlerischen Behagen gern zuweilen die Rücksicht auf eine straffe Komposition. So ist die eingefügte reizende „Historie von der schönen Lau“ zwar eine selbständige Erzählung im Rahmen des Ganzen, aber in der liebenswürdigsten Art eingeführt und schließlich auch künstlerisch fein mit dem Gang der Handlung verknüpft. Dies Märchen entzückte vor allem einen mit Mörikes Geistesrichtung innig vertrauten deutschen Meister, den Münchner Maler Moriz von Schwind, so sehr, daß er voll Lust und Freude sieben Umrißzeichnungen dazu fertigte, die eine feinsinnige, selbständig wertvolle Huldigung für den Dichter bedeuten. Eine solche Begeisterung ist wohl begreiflich, denn der Dichter zeigt sich hier auf der höchsten Höhe seiner Kunst; er hat die beengende Abhängigkeit von Vorbildern geradeso abgestreift, wie er darauf verzichtet, einem schulmäßigen Programm Genüge zu tun. Vielmehr folgt er nur den Geboten einer selbstsichern, vollendeten Kraft, die sich selbst Gesetz ist. So ist das Büchlein, das hiermit den weitesten Kreisen zugänglich gemacht wird, ein Meisterwerk der Dichtung geworden und als solches geeignet, den fröhlichen und herzlichen Grundcharakter von Mörikes Dichtung ins hellste Licht zu setzen.
Edmund von Sallwürk.
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