Carl Bloem - Motorcycle Memories

„Vermeiden sie es mit dem Motorrad zu fahren", hatte der Arzt mir eröffnet. "Das Auge braucht Ruhe."

Er sah mich mit seinen beiden gesunden Augen ruhig an.

„Machen Sie Witze? Ich muss weiter", entgegnete ich. "Das Geld zerrinnt mir zwischen den Fingern. Ich muss nach Süden. Ich muss arbeiten. Gibt es keine Alternative?", bat ich.

„Tragen sie eine Augenklappe", sagte der Arzt daraufhin. Der Gedanke gefiel mir.

„Wo bekomme ich so ein Ding her?", fragte ich.

„Ich schreib's auf", sagte der Arzt und drückte mir etwas Mull in die Hand. Mein linkes Auge schaute ihn fragend an.

„Ich verschreibe ihnen eine Tinktur. Tränken sie damit zweimal täglich etwas Mull und legen sie es auf das erkrankte Auge. Decken sie dann das Auge mit der Klappe ab. Sie erhalten alles vorne beim Empfang. Geben sie einfach diesen Zettel ab", sagte der Doktor und hielt mir ein grünes Papier hin.

Ich nahm den Zettel und schwärmte, "Alles klar, Käptn. Besten Dank!“

Aber er hatte sich bereits wieder dem Schreibtisch zugewandt und schien mich nicht zu hören. Vielleicht muss der Augenarzt mal zum Ohrenarzt, dachte ich, während ich gut gelaunt den Gang entlang steuerte, bis mir das Gesicht der Empfangsdame klar machte, dass sie nochmal an meinen Geldbeutel wollte.

Mann, heute ist echt Zahltag, dachte ich und mein Magen knurrte, als ob er bereits überlegt hätte, sich über meine Milz herzumachen. Verdammt und ein paar Stiefel brauche ich ja auch noch, fiel mir dann auch wieder ein. Nachdem ich mein Auge versorgt und die Klappe im Schaufenster einer Wäscherei gerichtet hatte, machte ich mich auf die Suche nach neuen Schuhen.

„Hey Mann, wo bekomme ich hier günstig ein paar Stiefel her", fragte ich einen langhaarigen Kerl, der gerade die Straße entlang schlich.

„Zwei Blocks nach Süden ist ein Gebrauchtwaren-Laden für Arbeitskleidung. Vielleicht hast du da Glück", sagte der Dude.

„Danke", trällerte ich und zuckelte los. Ich fand das Geschäft und machte mich im Halbdunkel des Verkaufsraumes auf die Suche nach meinen neuen Schuhen. In dem Laden roch es nach Benzin und Sägespänen. So ein Typ, der schwer nach Grizzly Adams aussah und eine hagere dunkelhaarige Frau schauten mich neugierig an.

„Was können wir für dich tun, junger Mann?" fragte der Bärtige.

„Naja, ich hatte heute nicht so richtig viel Glück und hoffe, dass ihr ein paar Stiefel für mich habt", sagte ich.

„Das sollte kein Problem sein", entgegnete der große Kerl.

„Schau mal in die Kiste dort drüben. Das sind alles ausgemusterte Schuhe vom Sägewerk. Was ist denn mit deinem Auge passiert?“

„Ja, das wäre jetzt mal ne längere Geschichte", sagte ich in der Hoffnung, dass dies meine Zuhörer entmutigen würde.

„Na, dann schiess mal los", sagte plötzlich die Frau, die bisher geschwiegen hatte und entgegen ihrem gestrengen Aussehen, hatte sie eine ganz sanfte Stimme und während ich kopfüber in der Kiste steckte und nach meinen Schuhen Ausschau hielt, erzählte ich den Beiden von den Geschehnissen des Tages und fand neben ein paar erstklassigen gebrauchten Sägewerk-Lederstiefeln auch noch zwei dankbare Zuhörer, die mich mit reichlich Kuchen versorgten und freudig winkend an der Tür verabschiedeten. Die Stiefel kosteten acht Dollar und passten wie angegossen. Ich war wieder startklar.

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