Ich nahm einen weiteren Bissen und kaute wieder lange, ehe ich es schluckte. Ich schaffte die Hälfte des Omeletts, ehe ich spürte, dass jeder weitere Bissen mich wahrscheinlich wieder auf die Toilette schicken würde, also stoppte ich. Ein halbes Omelette war mehr als ich in Wochen an einem Stück geschafft hatte.
„Das war doch schon ganz gut für den Anfang. Ich möchte, dass du bei uns einziehst. So kann ich mich besser um dich kümmern.“
„Dad. Du weißt, dass deiner Frau das nicht gefallen wird.“
„Dann wird sie sich eben damit abfinden müssen, dass ich mich um meine schwangere Tochter kümmern will“, erwiderte mein Vater unbekümmert. „Entweder du ziehst zu mir, oder ich engagiere eine Pflegerin, hier bei dir einzuziehen.“
Ich wollte nicht zu meinem Vater ziehen, wo ich mich jeden Tag mit meiner Stiefmutter auseinander setzen müsste. Doch ich wollte auch niemanden hier in meinem Appartement haben. Pest oder Cholera? Musste ich mich wirklich entscheiden?
„Daaad. Ich werde besser auf mich aufpassen und mich an deine Anweisungen halten. Ich verspreche es“, versuchte ich meinen Vater zu erweichen, auch wenn ich nicht damit rechnete, Erfolg zu haben. Mein Vater konnte sehr stur sein, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.
„Tut mir leid, Principessa, entweder mein Penthouse oder die Pflegerin. Entscheide dich!“
Ich seufzte ergeben. Ich war zu müde um zu streiten.
„Fein. Besorg mir eine Pflegerin.“
„Wunderbar! Ich werde mich heute noch darum kümmern.“
Tony
Ich atmete erleichtertdurch, als ich endlich wieder auf amerikanischem Boden stand. Ich hatte gedacht, Sizilien würde mir gut tun, doch das Gegenteil war der Fall gewesen. Alles dort erinnerte mich an Sophias Entführung die in diesem Desaster geendet hatte, in dem ich mich nun befand. Ich hatte gewusst, dass es mir ohne Sophia schlecht gehen würde, doch es war noch viel schlimmer als ich mir vorgestellt hatte. In mir brodelte es. Ich konnte spüren, wie der Druck in meinem Inneren zunahm. Ich stand gefährlich nah davor zu explodieren und dann würde es Tote geben. Ich war eine tickende Zeitbombe. Ich hatte alles versucht, um Sophia zu vergessen und mich abzureagieren. Ich hatte mich geprügelt, Leute für die Familie gefoltert, Drogen genommen, alles gevögelt was mir in die Quere kam und doch konnte nichts meinen Zustand auch nur annähernd verbessern. Vielleicht würde es klappen wenn ich wieder zuhause war und für Nicolo arbeitete. Natürlich würde ich mir irgendwo ein Haus kaufen müssen, denn ich konnte nicht in die Hütte zurück. Jeder Raum darin erinnerte mich an mein Mädchen. Ich hatte sie in jedem Zimmer gefickt, auf nahezu jedem Möbelstück oder gegen die Wände, auf dem Boden – einfach überall. Nein, ich musste woanders wohnen.
Nicolo wartete mit ein paar Männern bei der Limo. Ich hatte ihn von Sizilien aus angerufen und über meine Ankunft unterrichtet. Er war erleichtert gewesen, dass ich zurückkam. Ich wusste, mein Freund machte sich Sorgen um mich. Er würde sicher versuchen, mich zu überreden, die Sache mit Sophia zu bereinigen. Ich würde ihm von vorn herein klar machen müssen, dass dies für mich außer Frage stand. Ich war entschlossen das Richtige zu tun, auch wenn es mich umbrachte. Sophia und das Baby waren besser dran ohne einen Psychopaten wie mich. Ich hatte bereits einen Trustfund für sie und das Kind eingerichtet. Auch würde Sophia alles erben was ich besaß, sollte mir etwas zustoßen. Ich wollte, dass die beiden abgesichert waren. Natürlich wusste ich, dass sie als Alfredos Tochter nicht am Hungertuch nagen musste, doch ich wollte auch selbst für sie sorgen. Das war das Mindeste was ich für meine kleine Familie tun konnte. Eine Familie, von der ich nie ein Teil, die aber immer in meinem Herzen sein würde. Ich hatte viel Zeit gehabt nachzudenken und ich liebte das Kind wie mein eigenes. Die Vorstellung von Sophia mit einem prallen Babybauch oder nach der Geburt beim Stillen des Babys weckte seltsame Sehnsüchte in mir. Ich wusste ohne jeden Zweifel dass sie eine wunderbare Mutter sein würde. Dem Kind würde es weder an Liebe, noch an Materiellem fehlen. Das beruhigte mich, gab mir einen Frieden, der nur durch meine Sehnsucht nach den Beiden gestört wurde. Ich war so vieles in meinem Kopf durchgegangen. Argumente für und gegen ein Leben mit Sophia, wie ihr Leben ohne mich aussehen würde oder meines ohne sie. Ich hatte so viele möglichen Szenarios in meinem Kopf abgespielt, dass ich wirklich alles von allen Seiten beleuchten konnte und das Ergebnis war, dass ich das Richtige tat. So sehr es wehtat, ich musste an meiner Entscheidung festhalten. Serge hatte mich gefragt, warum ich nicht einfach meinen Job an den Nagel hing. Er war der Meinung, dass sich damit alle Probleme erledigen würden. Doch so einfach war es leider nicht. Erstens wusste ich nicht, wie ich mich vielleicht zum Negativen verändern würde, wenn ich kein Ventil mehr für meine Aggressionen hatte. Ich könnte jähzornig und gewalttätig werden. Zweitens änderte es nichts daran was für ein Mensch ich war. Ich war psychisch nicht stabil, war nicht normal im Kopf. Und ich würde das Blut das an meinen Händen klebte niemals loswerden. Nein, meinen Job aufzugeben änderte rein gar nichts.
„Willkommen zuhause!“, riss mich Nicolos Stimme aus meinen Gedanken.
Er umarmte mich und klopfte mir freundschaftlich auf den Rücken, ehe er mich auf beide Wangen küsste. Es tat gut, meinen Freund wieder zu haben. Ich merkte erst jetzt, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Und er schien mich ebenfalls vermisst zu haben, auch wenn er natürlich seine Bianca hatte. Ich beneidete ihn um diese Beziehung. Bianca und ich hatten so unsere Probleme in der Vergangenheit gehabt, doch sie war ein gutes Mädchen und ich wusste, sie liebte Nicolo innig. Die beiden schmiedeten sogar schon Hochzeitspläne.
„Es ist gut dich zu sehen“, sagte ich ehrlich.
„Wir sind froh, dich zurück zu haben. Bianca hat ein Zimmer für dich vorbereitet, bis du dich für ein Haus entschieden hast. Sie hat einen ganzen Order mit in Frage kommenden Immobilen angelegt.“
„Danke, ich weiß eure Hilfe und Unterstützung zu schätzen.“
„Das ist doch selbstverständlich, Tony. Wir sind Familie. Familie hilft sich gegenseitig. – Und jetzt komm! Lass uns fahren. Zuhause wartet Fionas Cannelloni auf uns. Sie hat sich mächtig ins Zeug gelegt und all deine Leibspeisen gekocht und gebacken. Du siehst, ich bin nicht der einzige, der froh ist, dass du nach Hause gekommen bist.“
Ich konnte nichteinschlafen. Es half nichts, dass ich in einem von Nicolos Gästezimmern schlief anstatt in meiner Hütte. Selbst dieses Haus erinnerte mich an Sophia. Ich hatte es ganz vergessen, als ich entschieden hatte aus Sizilien zurück zu kehren und bei Nicolo und Bianca zu wohnen bis ich ein Haus gefunden hatte, doch Sophia und ich hatten tatsächlich auch in diesem Haus einmal Sex gehabt. Und was für welchen. Seufzend ließ ich meine Hand zu meinem harten Schwanz gleiten. Wenn ich mir keinen runter holte, würde ich wohl nie schlafen können, also gab ich mich der Erinnerung hin, während ich an meinem Schaft auf und ab strich.
„Was tust du hier? Warum versteckst du dich?“, fragte ich Sophia, als ich sie endlich gefunden hatte.
Nicolo und Bianca hatten Gäste und Sophia hatte sich entschuldigt, dass sie auf die Toilette gehen musste, doch als sie nach einer viertel Stunde noch immer nicht zurück war, hatte ich mich auf die Suche nach ihr gemacht. Es hatte mich zwanzig Minuten gekostet, ehe ich sie im Zigarrenzimmer in einem Sessel sitzend vorfand.
„Ich brauchte einfach ein paar Minuten“, erwiderte sie ohne mich anzusehen.
„Ein paar Minuten? Du bist seit über einer halben Stunde verschwunden“, sagte ich aufgeregt. „Ich habe mir Sorgen gemacht.“
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