Gunilla und Krister mußten sich beeilen, um auch noch was abzubekommen. Aber zum Glück hatte Mama sehr viele gestrichen.
Im Wohnzimmer saßen Mama, Papa, Birger und Betty. „Hört, wie lustig sie da drinnen sind", sagte Mama. „Oh, wie bin ich froh, daß Lillebror seinen Hund hat. Er wird natürlich Mühe machen, aber das hilft eben nichts."
„Ja, und nun wird er seine dummen Phantasien mit Karlsson vom Dach vergessen, davon bin ich überzeugt", sagte Papa. In Lillebrors Zimmer wurde gelacht und geschwatzt, und Mama sagte: „Wollen wir nicht hineingehen und sehen, was die Kinder treiben?"
„Ja, kommt, gehen wir mal hinein", sagte Betty.
Und sie gingen alle zusammen hinüber, Mama und Papa und Birger und Betty, um sich Lillebrors Geburtstagsgesellschaft anzusehen.
Es war Papa, der als erster die Tür öffnete. Aber es war Mama, die als erste aufschrie. Denn sie war es, die den kleinen dicken Mann zuerst erblickte, der neben Lillebror saß. Ein kleiner dicker Mann mit Sahnetorte bis weit über beide Ohren hinauf.
„Nein, jetzt werde ich ohnmächtig", sagte Mama.
Papa und Birger und Betty standen nur da und rissen die Augen auf.
„Siehst du, Mama, Karlsson ist doch noch gekommen", sagte Lillebror vergnügt.
Ach, was war das heute für ein schöner Geburtstag! Der kleine dicke Mann wischte die Sahnetorte, die er um den Mund geschmiert hatte, ein bißchen weg und winkte Papa und Mama und Birger und Betty mit einer kurzen dicken Hand zu, daß die Sahne nur so spritzte.
„Heißa hopsa", schrie er. „Ihr habt sicher noch nicht die Ehre gehabt? Mein Name ist Karlsson vom Dach — halt, halt, Gunilla, tu dir nicht so viel auf! Ich darf wohl auch ein bißchen Torte haben!"
Er packte Gunillas Hand, die den Tortenheber hielt, und zwang sie, ihn loszulassen.
„Hat man je so ein gefräßiges kleines Mädchen gesehen?" sagte er.
Dann nahm er sich selber ein großes Stück.
„Der beste Tortenesser der Welt, das ist Karlsson vom Dach",
sagte er und lachte strahlend wie eine Sonne.
„Kommt, wir gehen", flüsterte Mama.
„Ja, ich hindere euch nicht", sagte Karlsson.
„Versprich mir eins", sagte Papa zu Mama, als sie die Tür wieder hinter sich zugemacht hatten. „Versprecht mir alle eins, Birger und Betty, ihr ebenfalls! Sprecht zu niemand hierüber, zu gar keinen Menschen." „Weshalb denn nicht?" fragte Birger.
„Niemand würde es glauben", sagte Papa. „Und wenn sie es glaubten, würden wir für den Rest unseres Lebens keine ruhige Minute mehr haben."
Papa und Mama und Birger und Betty gaben sich die Hand darauf, daß sie keinem einzigen Menschen von diesem sonderbaren Spielkameraden erzählen wollten, den Lillebror sich zugelegt hatte.
Und sie hielten Wort. Nie hat jemand etwas über Karlsson von ihnen gehört. Deshalb kann Karlsson weiter in seinem kleinen Hause wohnen, von dem keiner etwas weiß, obwohl es auf einem ganz gewöhnlichen Dach auf einem ganz gewöhnlichen Haus in einer ganz gewöhnlichen Straße in Stockholm steht. Karlsson kann umhergehen und in aller Ruhe Streiche machen, und das tut er auch. Denn er ist der beste Streichemacher der Welt.
Als die Butterbrote und auch die Kuchen und die ganze Torte alle waren und Gunilla und Krister nach Hause gegangen waren und Bimbo schlief, da nahm Lillebror von Karlsson Abschied. Karlsson saß auf dem Fensterblech, im Begriff aufzubrechen. Die Gardinen wehten sacht hin und her, die Luft war lau — es war ja Sommer.
„Lieber, lieber Karlsson, es ist doch ganz sicher, daß du noch auf dem Dach wohnst, wenn ich von Großmutter zurückkomme?" fragte Lillebror.
„Ruhig, nur ruhig", sagte Karlsson. „Wenn mich meine Großmutter nur losläßt. Aber das ist nicht sicher. Denn sie findet, ich bin das beste Enkelkind der Welt." „Bist du das?" fragte Lillebror.
„Ja, wer in aller Welt sollte es denn sonst sein? Kannst du dir einen anderen denken?" fragte Karlsson.
Dann drehte er an dem Knopf, der ungefähr mitten vor seinem Nabel saß. Der Motor begann zu brummen.
„Wenn wir zurückkommen, essen wir viel Torte", schrie er.
„Denn von der heute konnte man nicht fett werden. Heißa hopsa, Lillebror!"
„Heißa hopsa, Karlsson", rief Lillebror.
Und dann war Karlsson weg.
Aber in dem Hundekorb neben Lillebrors Bett lag Bimbo und schlief. Lillebror beugte sich zu ihm hinunter. Er schnupperte an ihm. Er strich mit einer kleinen rauhen Hand sacht über seinen Kopf.
„Bimbo, morgen fahren wir zur Großmutter", sagte er. „Gute Nacht, Bimbo! Schlaf gut, Bimbo!"
Schwedische Münzen: 100 Öre = 1 Krone.